Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit des Beginns der Auszahlung des Kinderpflegekrankengeldes durch Satzungsrecht der Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld nach § 45 Abs. 1 SGB 5 kann durch Satzungsrecht der jeweiligen Krankenkasse erst u. a. vom 22. Tag der ärztlich bescheinigten Notwendigkeit der Betreuung des versicherten Kindes an festgelegt werden.

2. Die Satzungsregelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die in § 44 Abs. 2 SGB 5 enthaltene Ermächtigung gilt auch für den Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld.

3. Die Ermächtigungsnorm lässt die satzungsrechtliche Einschränkung deshalb zu, weil freiwillig Versicherte zu den Personengruppen gehören, die typischerweise bei Eintritt einer Arbeitsverhinderung nicht sofort auf die Gewährung von Sozialleistungen angewiesen sind, sondern aus eigenen Mitteln den Wegfall des Arbeitseinkommens jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum überbrücken können.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.07.2018; Aktenzeichen B 3 KR 17/18 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 20. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist auch im Berufungsverfahren streitig, ob der Kläger Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Kinderpflegekrankengeld für den Zeitraum vom 23. bis 24. März 2010 hat.

Der Kläger war als selbständig Tätiger bei der Beklagten bis 31. Mai 2010 freiwillig krankenversichert mit einem Anspruch auf Zahlung von Krankengeld ab der 7. Woche (43. Tag der Arbeitsunfähigkeit) entsprechend seiner Wahlerklärung vom 2. November 2009.

Unter dem 12. April 2010 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Zahlung von Kinderpflegekrankengeld und legte eine ärztliche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes, ausgestellt von den Dipl.-Med. M. und F. K. am 23. März 2010, vor, wonach sein Sohn vom 23. bis 24. März 2010 wegen der Diagnose J20.9G (Akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet) der Beaufsichtigung, Betreuung, Pflege wegen Krankheit bedurfte.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 6. Mai 2010 ab und wies seinen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 mit der Begründung zurück, seit 1. August 2009 existiere ein gesetzlicher Krankengeldanspruch für Selbständige nur, wenn dieser gewählt worden sei. Der Kläger habe Krankengeld erst ab der 7. Kalenderwoche der Arbeitsunfähigkeit gewählt. Der Anspruch auf Krankengeld für die Erkrankung des Kindes folge dem eigenen gewählten Krankengeldanspruch und bestehe damit auch erst ab der 7. Kalenderwoche.

Hiergegen hat der Kläger am 30. September 2010 vor dem Sozialgericht Gotha (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte habe bei Abschluss des Mitgliedsvertrages ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Erkrankung eines Kindes bis zum 12. Lebensjahr Krankengeld gezahlt werde. Er berufe sich auf ein schutzwürdiges Vertrauen, dass die Beklagte bei ihrer gegebenen Zusage bleibe. Darüber hinaus sei auch in der Vergangenheit Kinderpflegekrankengeld gezahlt worden. Eine Satzungsänderung habe es zwischenzeitlich nicht gegeben.

Mit Urteil vom 20. Juni 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger zwar neben seinem eigenen Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit auch grundsätzlich ein Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld nach § 45 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zustehe. Dies finde jedoch eine Einschränkung dahingehend, als entsprechend seiner Wahlerklärung der Kinderpflegekrankengeldanspruch seinem eigenen Krankengeldanspruch folge, mithin erst ab dem. 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit vorliege. Darüber hinaus sei auch nicht belegt, dass der Kläger als selbständig tätiger Rechtsanwalt am 23. und 24. März 2010 durch das Fernbleiben von der selbständigen Erwerbstätigkeit Einkommenseinbußen erlitten habe. Ein Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld nach § 45 SGB V ergebe sich schließlich nicht aus einer schriftlichen Zusicherung i.S.d. § 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Eine entsprechende schriftliche Zusage, dem Kläger bei Erkrankung seines Sohnes Kinderpflegekrankengeld zu zahlen, liege nicht vor. Die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, denn die Frage, ob dem freiwillig Krankenversicherten Kinderpflegekrankengeld nur entsprechend seiner eigenen Wahlerklärung ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit zustehe, sei höchstrichterlich nicht geklärt.

Der Kläger hat gegen das seinen Bevollmächtigten am 27. Juli 2012 zugestellte Urteil am 2. August 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf sein erstinstanzliches Vorbringen und äußert darüber hinaus die Auffassung, dass nicht ersichtlich sei, inwieweit die Wahlerklärung für das eigene Krankengeld ausschlaggebend für die Zahlung von Kinderpflegekrankengeld sein soll. Auch Arbeitneh...

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