Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Vermögenseinsatz. Verwertbarkeit einer Kapitallebensversicherung. keine Härte. Wertverlust von unter 20 %. lediglich subjektiv zur Bestattungsvorsorge gedacht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kann nach § 90 Abs 3 S 1 SGB 12 einer vorrangigen Verwertung von Vermögen entgegenstehen, dass sie mit einem unzumutbaren Wertverlust verbunden ist, richtet sich die Zumutbarkeitsschwelle nicht nach der besonderen Vermögensprivilegierung, welche für die Arbeitslosenhilfe vorgesehen war. Jedenfalls ein Wertverlust von bis zu 20 % begründet grundsätzlich keine unzumutbare Härte (Anschluss an BSG vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R).

2. Soll ansonsten nach § 90 Abs 1 SGB 12 vorrangig einzusetzendes Vermögen der Bestattungsvorsorge dienen, bleibt es von einer vorrangigen Vermögensverwertung allenfalls verschont, wenn es objektiv ausschließlich für die Bestattung verwendet werden kann. Allein eine subjektive Zweckbestimmung genügt insoweit nicht.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 3. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu 20 Prozent zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Berufung noch über die Ablehnung der Übernahme ungedeckter Kosten für eine Kurzzeit- und Verhinderungspflege des Klägers vom 1. Juli 2009 bis 28. Juli 2009 sowie die Rücknahme von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung) für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Oktober 2010.

Der am 14. Dezember 1951 geborene Kläger ist wegen einer schweren Behinderung mit einem Grad der Behinderung von 100 nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX dauerhaft voll erwerbsgemindert. Er bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung jedenfalls seit dem 1. Juli 2002. Der Zahlbetrag der Rente betrug ab 1. Juli 2009 214,61 Euro monatlich. Sein Bruder, seinerseits verstorben am 1. März 2008, nahm den Kläger in den gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau auf, nachdem die gemeinsamen Eltern verstorben waren. Mit im Haushalt lebt die Familie des gemeinsamen Sohnes des Bruders des Klägers (Bruder) und seiner Ehefrau - Sohn, Ehefrau, drei Kinder -. Das Haus steht im Eigentum der Familie, so dass nur Betriebs- und Heizkosten anfallen, die für den Kläger anteilig weniger als 50 Euro monatlich betragen.

Die Ehefrau des Bruders des Klägers (Betreuerin) ist laut Betreuerausweis vom 26. Juli 2005 zum Betreuer des Klägers auf dem Gebiet der Vermögenssorge, Gesundheitssorge und Vertretung gegenüber Rentenversicherungen, privaten Versicherungen und öffentliche Einrichtungen ohne Einwilligungsvorbehalt bestellt. Davor war der Bruder der Betreuer des Klägers. Die Betreuerin erhält für den Kläger Kindergeld in Höhe von 164 Euro monatlich für das Kalenderjahr 2009 und 184 Euro monatlich für das Kalenderjahr 2010.

Der Bruder schloss zu Gunsten des Klägers ab dem 1. Juni 1995 eine Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall (Versicherung) mit einem privaten Versicherungsunternehmen (Versicherer) ab. Der Versicherungsbeitrag betrug zu Beginn monatlich 50 DM und zuletzt ab 1. Juli 2009 monatlich 61,55 Euro. Bestritten wurde der Beitrag aus dem für die Betreuung des Klägers gezahlten Pflegegeld.

Der Bruder hatte den Versicherungsschein über die Versicherung bereits zum ersten Antrag auf Grundsicherungsleistungen im Jahr 2003 bei dem Beklagten eingereicht.

Am 1. April 2009 beantragte die Betreuerin für den Kläger die Übernahme der ungedeckten Kosten für eine Kurzzeit- und Verhinderungspflege in einer stationären Einrichtung vom 15. Juni 2009 bis 28. Juli 2009. Ausweislich des Vertrages mit dem Leistungserbringer betrugen die Kosten für den Zeitraum vom 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2009 420,32 Euro und für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 28. Juli 2009 749,28 Euro. Aufgrund der Betreuungsleistungen der sozialen Pflegeversicherung verblieb es bei einem ungedeckten Bedarf in Höhe von 469,60 Euro allein für Juli 2009.

Anhand der von der Betreuerin am 18. August 2009 vorgelegten Kontoauszüge des Klägers, erkannte der Beklagte, dass zu Lasten des Klägers eine Beitragswertstellung für die Versicherung in Höhe von 61,55 Euro am 3. Juni 2009 erfolgte.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2009 (Bewilligungsbescheid), adressiert an den verstorbenen Bruder, bewilligte der Beklagte dem Kläger auf den Folgeantrag vom 25. September 2009 die Grundsicherung für den Zeitraum vom 1. November 2009 bis 31. Oktober 2010 in Höhe von 162,84 Euro monatlich weiter. Wegen der Bedürftigkeitsberechnung im Einzelnen wird auf den Berechnungsbogen des Beklagten verwiesen.

Auf telefonische Nachfrage bestätigte die Betreuerin zunächst fernmündlich am 20. Oktober 2009 der Sachbearbeitung des Beklagten die Versicherung. Weiter führte sie schriftlich am 30. Oktober 2009 aus, der Bruder habe die Versicherung abgeschlossen, um die Kosten einer ang...

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