Verfahrensgang

SG Gotha (Beschluss vom 16.07.1997; Aktenzeichen S 17 RJ 1902/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird derBeschluss des Sozialgerichts Gotha vom16. Juli 1997 dergestalt abgeändert, dass ab 1. Dezember 1999 monatliche Raten in Höhe von 30,00 DM zu zahlen sind.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzungen für eine Änderung über die zu leistenden Zahlungen für Prozesskostenhilfe (PKH) vorliegen.

Nach den Angaben in der „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” vom 22. November 1996 und den Unterlagen im Hauptsacheverfahren (Az.: S 11 RJ 1902/96) vor dem Sozialgericht Gotha bezogen der 1942 geborene Kläger wöchentlich Arbeitslosengeld in Höhe von 380,40 DM und monatlich 200,00 DM Kindergeld, seine Ehefrau monatlich 1.258,50 DM Krankengeld; die monatlichen Miet- und Heizkosten betrugen 1.011,64 DM. Mit Beschluss vom 16. Juli 1997 bewilligte das Sozialgericht dem Kläger für das Verfahren PKH ohne Ratenzahlung und ordnete Rechtsanwalt … bei.

Am 2. Juni 1997 erklärte sich die beklagte Landesversicherungsanstalt Thüringen bereit, dem Kläger ab 1. Dezember 1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Kosten wurden nicht erstattet.

Im Februar 1998 beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die nunmehr gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers. Auf eine gerichtliche Aufforderung ging am 8. Juli 1998 beim Sozialgericht eine undatierte „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” des Klägers ein, in der keine eigenen Einnahmen aufgelistet sind; die Ehefrau habe seit Januar 1998 ein monatliches Einkommen von 250,00 DM. Nach einem Vermerk des Klägers auf der Erklärung ergaben sich seit 1996 keine Veränderungen. Beigefügt war eine Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 1998 (Rentenhöhe ab 1. Juli 1998: 1.983,50 DM).

Mit Verfügung vom 9. Juli 1998 teilte die zuständige Kammervorsitzende dem Bezirksrevisor beim Thüringer Landessozialgericht (richtig: Präsidenten des Thüringer Landessozialgerichts) mit, eine Überprüfung der Verhältnisse des Klägers habe ergeben, dass diesem derzeit PKH ohne Ratenzahlung zustehe.

Dagegen hat der Beschwerdeführer im August 1998 „Erinnerung” eingelegt und zunächst beantragt, die PKH wegen Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht des Klägers aufzuheben. Später hat er beantragt, monatliche Raten in Höhe von 450,00 DM nach der Tabelle zu § 115 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) festzusetzen.

Der Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 16. Juli 1997 abzuändern und Prozesskostenhilfe in monatlichen Raten von 450,00 DM festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, eine ratenweise Beteiligung an den Prozesskosten komme angesichts seiner Einkommensverhältnisse nicht in Betracht.

Das Sozialgericht hat der eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 8. Juni 1999) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die fehlerhaft als „Erinnerung” bezeichnete Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig.

Nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO findet gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Nach Satz 2 kann die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Nach Satz 3 ist die Beschwerde nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übergeben wird (Satz 4).

§ 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO bezieht sich unmittelbar nur auf die erstmalige PKH-Bewilligung. Hier geht es dagegen um einen Antrag des Beschwerdeführers, die ursprünglich ratenfreie PKH-Bewilligung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO abzuändern. Nach herrschender Meinung (vgl. OLG Nürnberg in Rechtspfleger 1995, S. 465, 466; OLG München in Rechtspfleger 1994, S. 218, 219; Wax in Münchner Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band I, 1992, § 127 Rdnr. 43; Philippi in Rechtspfleger 1995, S. 466 m.w.N.), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 8. Juli 1999 – Az.: L 6 B 32/99 RJ), betrifft § 127 Abs. 3 ZPO aber alle PKH-Verfahren und ist bei gerichtlichen Entscheidungen in Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO analog anzuwenden. § 127 ZPO enthält eine planwidrige Gesetzeslücke.

Die Beschwerde war auch das richtige Rechtsmittel, denn „Gericht” im Sinne des § 120 Abs. 4 ZPO war die zuständige Vorsitzende der 11. Kammer des Sozialgerichts Gotha. Die fehlerhafte Bezeichnung „Erinnerung” ist unerheblich, denn tatsächlich begehrt der Beschwerdeführer eine Abänderung...

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