Verfahrensgang

SG Gotha (Beschluss vom 21.04.1999; Aktenzeichen S 6 RJ 1642/95)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird derBeschluss des Sozialgerichts Gotha vom21. April 1999 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Sozialgericht seine Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen der Prozesskostenhilfe (PKH) auf Antrag des Beschwerdeführers ändern musste.

Nach ihren Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom September 1995 im Hauptsacheverfahren (Az.: S 6 RJ 1642/95) vor dem Sozialgericht bezogen die 1944 geborene Klägerin und ihr Ehemann damals Arbeitslosengeld (Klägerin: 746,20 DM; Ehemann 1.430,00 DM), Kindergeld und Wohngeld. Sie gewährten ihren 1969 und 1971 geborenen Kindern jeweils monatlich 100,00 DM Unterhalt und führten Heizkosten für ihr eigenes Einfamilienhaus sowie weitere Abzüge und Zahlungsverpflichtungen an. Mit Beschluss vom 6. März 1996 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin für das Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und ordnete Rechtsanwalt … bei. Mit Beschluss vom 27. November 1997 änderte es den Beschluss ab und ordnete Rechtsanwalt … bei.

Aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs vom 16. April 1998 gewährt die beklagte Landesversicherungsanstalt Thüringen der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. März 1998.

Am 1. Juli 1998 beantragte der Beschwerdeführer eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin einzuleiten und die ratenfreie PKH-Gewährung in eine PKH-Gewährung mit Raten umzuwandeln, weil sich in deren wirtschaftlichen Verhältnissen aufgrund der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine wesentliche Veränderung ergeben habe.

Mit Beschluss vom 21. April 1999 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt und ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, weil sich aus § 120 Abs. 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kein Antragsrecht des Beschwerdeführers ableiten lasse. Wenn der Antrag nicht unzulässig sei, sei er jedenfalls unbegründet, denn die Kammer sehe anhand der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin vom September 1995 keine Hinweise für eine Besserung der Einkommensverhältnisse in einem Umfang, dass Prozesskostenhilfe nur noch in Raten zu bewilligen sei. Die Vermutungen des Beschwerdeführers seien spekulativ. Wegen ihrer Unterhaltsfreibeträge und der zum Teil erheblichen Aufwendungen für den Unterhalt des Einfamilienhauses und der Darlehensverpflichtungen könne sie eine erheblich höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Vergleich zum Arbeitslosengeld beziehen, ohne das deshalb Ratenzahlung anzuordnen wäre.

Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und ausgeführt, angesichts des Neubezugs der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit liege eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor und das Gericht habe von Amts wegen diese zu überprüfen. Ein Ermessensspielraum bestehe diesbezüglich nicht.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 21. April 1999 aufzuheben, die Beschlüsse vom 6. März 1996 und 27. November 1997 abzuändern und die Prozesskostenhilfe in monatlichen Raten zu gewähren.

Die Beschwerdegegnerin hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig.

Nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO findet gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Nach Satz 2 kann die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Nach Satz 3 ist sie nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung die Beschwerde unstatthaft; wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in den die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übergeben wird (Satz 4).

§ 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO bezieht sich allerdings unmittelbar nur auf die erstmalige Bewilligung einer Prozesskostenhilfe (PKH). Hier begehrt der Beschwerdeführer, die ratenfreie PKH-Bewilligung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO abzuändern.

Nach herrschender Meinung (vgl. OLG Nürnberg in Rechtspfleger 1995, S. 465, 466; OLG München in Rechtspfleger 1994, S. 218, 219; Wax in Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band I, 1992, § 127 Rdnr. 43, Philippi in Rechtspfleger 1995, S. 466 mit weiteren Nachweisen) betrifft § 127 Abs. 3 ZPO alle PKH-Verfahren und ist damit bei gerichtlichen Entscheidungen im Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO analog anzuwenden. § 127 ZPO enthält insoweit eine planwidrige Gesetzeslücke.

Der Gegenansicht (vgl. OLG Frankfurt in...

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