Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Rahmengebühr. Bedeutsamkeit von Verfahren in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Leitsatz (amtlich)

Verfahren in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind nur dann existenziell und damit überdurchschnittlich bedeutsam, wenn die Leistungen entweder nicht oder im Verhältnis zur geltend gemachten Leistungshöhe nur in sehr reduzierter Form gewährt werden (vgl LSG Neubrandenburg vom 29.7.2008 - L 6 B 141/07).

 

Tatbestand

6SF15694SF26108GerichtsbescheidZwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha streitig (Az.: S 30 AS 429/05). Dort hatten sich die von der Beschwerdeführer vertretenen Kläger, eine aus drei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft, am 18. Februar 2005 gegen eine Einkommensanrechnung bei den Regelsätzen (15,07 Euro, 15,08 Euro, 20,43 Euro) gewandt und um Darstellung der Kosten für Unterkunft und Heizung gebeten. Das Sozialgericht bewilligte dem Kläger Jörn S. mit Beschluss vom 29. August 2005 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab 9. März 2005 und ordnete die Beschwerdeführerin bei. Diese teilte in einen weiteren Schriftsatz vom 24. August 2005 mit, ab 1. Juli 2005 werde eine monatliche Leistung von 702,07 Euro statt bisher 667,01 Euro begehrt. In der Sitzung vom 9. Januar 2007 wurde die Klage zurückgenommen.

Mit am 10. Januar 2007 beim Sozialgericht eingegangenem Antrag begehrte die Beschwerdeführerin die Festsetzung folgender Gebühren:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

250,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

200,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

Zwischensumme

470,00 Euro

USt

89,30 Euro

559,30 Euro

abzüglich Vorschuss

313,20 Euro

246,10 Euro

In ihrer Verfügung vom 17. Januar 2007 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattende Gebühr auf 291,55 Euro fest und führte aus, Umfang, Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger könnten nur als unterdurchschnittlich bewertet werden. Die Einkommensverhältnisse seien leicht unterdurchschnittlich. Insofern sei jeweils die Hälfte der Mittelgebühren der Nrn. 3102 und 3106 VV RVG angemessen.

Mit der Erinnerung hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, tatsächlich habe es sich um eine durchschnittliche Tätigkeit gehandelt, die mit den Mittelgebühren zu vergüten sei. Für die Kläger habe der monatliche Fehlbetrag in jedem Fall eine erhebliche Bedeutung gehabt, da er jeden Euro zum Lebensunterhalt benötige. Zu beachten sei die Verfahrensdauer von fast zwei Jahren. Dies habe bedeutet, dass sie sich in regelmäßigen Abständen immer neu in die Sache einarbeiten musste, insbesondere in Vorbereitung auf die erst anderthalb Jahre nach dem letzten Schriftsatz durchgeführte mündliche Verhandlung.

In seinem Beschluss vom 3. Dezember 2008 hat das Sozialgericht die Vergütung der Beschwerdeführerin auf 291,55 Euro festgesetzt und sich im Ergebnis der Ansicht der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle angeschlossen.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 18. Dezember 2008 Beschwerde eingelegt und ihre Begründung aus dem Erinnerungsverfahren bekräftigt.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 3. Dezember 2008 aufzuheben und die ihr zu zahlende Vergütung auf 559,30 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und den Inhalt des Beschlusses der Vorinstanz.

Mit Beschluss vom 2. April 2009 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen.

 

Entscheidungsgründe

Zuständig für die Entscheidung ist grundsätzlich der Senatsvorsitzende; ihm wurde mit Senatsbeschluss die Zuständigkeit für die Beschwerden nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) übertragen. Dieser hat das Verfahren durch Beschluss vom 2. April 2009 gemäß § 33 Abs. 8 S. 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG ist statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 26. Januar 2009 - Az.: L 6 B 256/08 SF. 16. Januar 2009 - Az.: L 6 B 255/08 SF, 26. November 2008 - Az.: L 6 B 130/08 SF, 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF; ebenso LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. Juli 2008 - Az.: L 6 B 141/07; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17. Juli 2007 - Az.: L 1 B 127/08 SK, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 28. Mai 2008 - Az.: L 20 B 7/08 AS, 29. Januar 2008 - Az.: L 1 B 35/07 AS und 9. August 2007 - Az.: L 20 B 91/07 AS; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rdnr. 13f).

Sie ist auch zulässig, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro und sie ist innerhalb der Zwei-Wochen-Frist der §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt w...

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