Leitsatz (amtlich)

- Ein vierjähriges Fernstudium in der ehemaligen DDR ist mit einem vierjährigen Direktstudium in der ehemaligen DDR vergleichbar (a. A. 9/2 Sa 109/94 Thüringer LAG).

- Nach Sinn und Zweck des Art. 37 I, 1 EV muß die dem akademischen Abschluß zugrundeliegende Ausbildung als solche zumindest in den neuen Bundesländern anerkannt werden.

 

Normenkette

Vergütungsgruppe III BAT-O 2. BesÜV Anlage 1 Besoldungsgruppe A 12, Art. 371, 1 EV

 

Verfahrensgang

ArbG Eisenach (Urteil vom 02.03.1995; Aktenzeichen 3 Ca 1308/94)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach vom 02.03.1995 – 3 Ca 1308/94 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 01.11.1992 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zuzüglich 4 % Zinsen auf die rückständigen Netto-Differenzbeträge ab 22.08.1994 zu zahlen.

2) Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT-O.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der dort gestellten Anträge wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils vom 02.03.1995 (Bl. 60 bis 61 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Eisenach hat die Klage mit Urteil vom 02.03.1995 abgewiesen und die Auffassung vertreten, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III BAT-O. Die Klägerin erfülle nicht die entsprechenden Tätigkeitsmerkmale. Das von der Klägerin absolvierte Fernstudium an der H. U. B. sei gegenüber einem Direktstudium nicht gleichwertig. Es meint, daß an ein vierjähriges Fernstudium nicht dieselben Anforderungen gestellt werden wie an ein vierjähriges Direktstudium und vertritt die Auffassung, ein Fernstudium, wie es die Klägerin durchlaufen habe, sei wie ein Teilstudium zu werten.

Gegen dieses, der Klägerin am 11.04.1995 zugestellte, Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.05.1995, der am selben Tag beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt.

Die Klägerin greift das Urteil des Arbeitsgerichts mit rechtlichen Erwägungen an und vertritt die Auffassung, sie erfülle die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 12 der Anlage 1 zur 2. Besoldungsübergangsverordnung. Sie macht geltend, in der DDR abgelegte Diplome und Hochschulexamen seien als gleichwertig zu betrachten, unabhängig davon, ob dem Abschluß ein Direktstudium oder Fernstudium vorangegangen sei. Die vorgenommene Unterscheidung sei auch im Hinblick auf Art. 37 des Einigungsvertrages nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 01.11.1992 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zzgl. 4 % Zinsen auf die rückständigen Netto-Differenzbeträge ab 22.08.1994 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung unter Aufrechterhaltung des Urteils des Arbeitsgerichts Eisenach vom 02.03.1995, Az.: 3 Ca 1308/94 zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt seine erstinstanzlichen Rechtsauffassungen und das erstinstanzliche Urteil. Er wiederholt seine Ansicht, die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 12 der Anlage 1 zur 2. Besoldungsübergangsverordnung. Der Beklagte bestreitet, daß ein vierjähriges Fernstudium dieselben Anforderungen stelle wie ein vierjähriges Direktstudium und macht geltend, ein Fernstudium, wie es die Klägerin durchlaufen habe, sei wie ein Teilstudium zu werten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und auf die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

II.

In der Sache ist die Berufung begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach war daher abzuändern und die Verpflichtung des Beklagten festzustellen, die Klägerin ab 01.11.1992 nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zu bezahlen.

1.

Die Klage ist als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig. Für den Bereich des öffentlichen Dienstes kann dabei für das erforderliche Feststellungsinteresse davon ausgegangen werden, daß sich der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber an eine rechtskräftige Feststellung halten und eine Leistungsklage damit entbehrlich wird, so daß das Rechtsschutzziel mit einer Feststellungsklage erreicht werden kann (vgl. Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, E Rz 111 m. w. N.). Im übrigen umfaßt der Feststellungsantrag der Klägerin deren Status auch für die Vergangenheit, der bei künftigen Beschäftigungsverhältnissen von Bedeutung sein kann, z. B. bei der Anrechnung von Beschäftigungszeiten in der begehrten Vergütungsgruppe; deshalb ist das Rechtsschutzinteresse für d...

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