Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindungsanspruch nach Tarifvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 6.7.1992 besteht ein Abfindungsanspruch nicht im Fall eines kollektiven Widerspruchs gegen einen „Betriebsübergang” und nachfolgender Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeit. Dann ist die Kündigung i.S.v. § 4 Abs. 5a des Tarifvertrags zur sozialen Absicherung aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund, nämlich der Ablehnung eines anderen angebotenen Arbeitsplatzes erfolgt.

 

Normenkette

TVG § 1; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Urteil vom 25.09.2003; Aktenzeichen 6 (5) Ca 1285/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.04.2005; Aktenzeichen 6 AZR 361/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 25.09.2003 (6 (5) Ca 1285/03) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt mit ihrer Klage den beklagten Landkreis auf Zahlung einer Abfindung gemäß Tarifvertrag zur sozialen Absicherung in Anspruch.

Dem Rechtsstreit zugrunde liegt die Privatisierung des Reinigungsdienstes des beklagten Landkreises. Nach einem zustimmenden Beschluss des Kreistages vom 23.01.2002 entschied der beklagte Landkreis, die Reinigungsaufgaben mit Wirkung ab 01.08.2002 der Firma „N. GmbH” zu übertragen. Betroffen hiervon waren 116 Reinigungskräfte. Der beklagte Landkreis ging – wie offenbar auch die N. GmbH – davon aus, dass es sich um einen Betriebsübergang handele, der sich mit der Übernahme der Reinigung durch die Fa. N. am 01.08.2002 realisieren werde. Der Beklagte hatte vor dem 01.08.2002 einen Nachteilsausgleich für die von der Privatisierung betroffenen Reinigungskräfte beschlossen, nach welchem den künftig bei der N. GmbH beschäftigten Reinigungskräften für die Dauer von 12 Monaten Vergütung nach den Regelungen des BMT-G-O einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Vermögenswirksame Leistungen und eine Abfindungszusage für einzelne Fälle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Auftragnehmerin innerhalb einer Zeitspanne von 15 Monaten zugesagt wurde. Im Übrigen hätten ab dem 01.08.2002 die tariflichen Arbeitsbedingungen für das private Gebäudereinigerhandwerk gegolten. Die Klägerin widersprach wie nahezu alle anderen Reinigungskräfte dem Betriebsübergang. Nicht mehr als sechs der 116 Reinigungskräfte traten in den Dienst des privaten Reinigungsunternehmens.

Der Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 02.09.2002 wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeit das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.03.2003.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe der volle Abfindungsanspruch aus § 4 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung vom 06.07.1992 (Sozialtarifvertrag) zu, weil ihr in Ermangelung eines Betriebsüberganges kein „anderer Arbeitsplatz” angeboten worden sei. Zudem seien ihr die erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen bei dem privaten Reinigungsunternehmen nicht zumutbar gewesen.

Hinsichtlich der im ersten Rechtszug im Übrigen vorgebrachten Tatsachenbehauptungen der Parteien, der von ihnen gestellten Anträge sowie der vom Arbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung vom 25.09.2003 sowie auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Schriftstücke und auf den Inhalt der Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 01.10.2003 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ebenfalls Bezug genommen wird, hat die Klägerin am 29.10.2003 Berufung eingelegt und diese Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.12.2003 am 17.12.2003 begründet.

Hinsichtlich des Vorbringens und hinsichtlich der Anträge der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung, die übrigen zu den Akten gereichten Schriftsätze und auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 29.04.2004 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige und frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung ist unbegründet.

Das erkennende Gericht bezieht sich gem. § 69 Abs. 2 ArbGG vollinhaltlich auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des äußerst sorgfältig begründeten angefochtenen Urteils vom 20.06.2003. Das Vorbringen der Parteien gibt lediglich Anlass zu wenigen ergänzenden Bemerkungen.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von demjenigen, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.1998 (6 AZR 367/96 – NZA 98, 1239 ff) zugrunde lag. Das BAG hatte sich mit den Folgen eines Betriebsüberganges zu befassen, der vorliegend zu verneinen ist, wie das Arbeitsgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils (IV 2 b, S. 10 f, Bl. 109 f d. A.) zutreffend ausführt. Ein Betriebsübergang i. S. von § 613 a BGB von dem beklagten Landkreis auf das Reinigungsunternehmen „N. GmbH” liegt schon deswegen nicht vor, weil so gut wie alle Reinigungskräfte, die von der Auslagerung des Reinigungsdienstes...

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