Leitsatz

  1. Die Terrorversicherung deckt Schäden am Gebäude, die durch Terroranschläge verursacht werden. Damit handelt es sich um eine Sachversicherung im Sinne des § 2 Nr. 13 BetrKV und der Anlage 3 zu § 27 der II. BV.
  2. Die Kosten für eine Terrorversicherung können auf die Mieter umgelegt werden, wenn der Abschluss der Versicherung wirtschaftlicher Geschäftsführung entspricht. Maßgeblich ist, ob ein Gebäude gefährdet ist oder ob das Risiko eines Terrorschadens eher fernliegt.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 556

 

Kommentar

1 Der Fall

Zwischen dem Gebäudeeigentümer und dem Mieter besteht seit dem 27.9.2000 ein Mietvertrag über gewerblich genutzte Räume. Nach dem Mietvertrag hat der Mieter u.a. die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherungen zu tragen. Weiter ist in dem Mietvertrag bestimmt, dass der Vermieter auch neu entstehende Betriebskosten auf den Mieter umlegen kann.

Bei dem Mietobjekt handelt es sich um eine in Frankfurt am Main gelegene große, architektonisch auffällige Gewerbeimmobilie mit einem Verkehrswert von ca. 285 Mio. EUR. In unmittelbarer Nähe des Gebäudes befinden sich das Statistische Bundesamt sowie Einrichtungen des Landes Hessen und ein Fußballstadion.

Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand für die Immobilie eine Gebäudeversicherung, durch die auch das Risiko aus Terroranschlägen mitversichert war. Aufgrund der Anschläge vom 11. September 2001 war der Versicherer nicht mehr bereit, das Terrorrisiko zu tragen. Daraufhin schloss der Vermieter Anfang 2003 eine gesonderte Terrorversicherung ab. Von der Jahresprämie in Höhe von ca. 140.000 EUR entfielen auf den Mieter ca. 48.000 EUR. Es war zu entscheiden, ob die Prämie auf den Mieter umgelegt werden kann.

Dies wird vom BGH bejaht:

2 Terrorversicherung als Sachversicherung

Die Terrorversicherung deckt Schäden am Gebäude, die durch Terroranschläge verursacht werden. Damit handelt es sich um eine Sachversicherung i.S.d. § 2 Nr. 13 BetrKV und der vertraglichen Vereinbarung.

3 Wirtschaftlichkeitsgrundsatz

Bei dieser Sachlage kommt es darauf an, ob der Abschluss der Terrorversicherung mit dem sog. Wirtschaftlichkeitsgrundsatz im Einklang steht. Dieser Grundsatz folgt bei der Wohnraummiete aus § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB und bei der Geschäftsraummiete aus § 242 BGB (KG Berlin, Urteil v. 3.12.2007, 8 U 19/07, GE 2008 S. 122; Beyerle in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, Kap. 11 Rdn. 9; Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 560 BGB Rdn. 73; Fritz, Gewerberaummiete, 4. Aufl., Rn. 137g; Beyer, NZM 2007 S. 1, 2). In beiden Fällen kann zur Konkretisierung dieses Grundsatzes auf die Definition in den §§ 20 Abs. 1 Satz 2 NMV und 24 Abs. 2 der II. BV zurückgegriffen werden. Danach sind nur solche Betriebskosten umlagefähig, soweit sie "bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind". Der Vermieter hat hierbei einen gewissen Entscheidungsspielraum; er muss nicht die billigste Lösung wählen, sondern darf auch andere Umstände, z.B. die Zuverlässigkeit des Vertragspartners, in die Entscheidung einbeziehen.

Von Teilen der Rechtsprechung und der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass der Abschluss einer Terrorversicherung unabhängig von der Art des Gebäudes mit dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz im Einklang steht (OLG Stuttgart, Urteil v. 15.2.2007, 13 U 145/06, WuM 2007 S. 199; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 11. Aufl., Rdn. 5271b; Langheid, Rupietta, NJW 2005 S. 3233, 3237). Diese Ansicht teilt der BGH nicht. Nach seiner Ansicht kommt es darauf an, ob ein Gebäude gefährdet ist oder ob das Risiko eines Terrorschadens eher fernliegt. Zu den gefährdeten Gebäuden zählen:

  • Gebäude mit Symbolcharakter
  • Gebäude, in denen staatliche Macht ausgeübt wird (Parlaments- und Regierungsgebäude, militärische Einrichtungen)
  • Gebäude, in denen sich regelmäßig eine größere Zahl von Menschen aufhält (Bahnhöfe, Flughäfen, Touristenattraktionen, Sportstadien, Einkaufszentren)
  • Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Gebäude.

Aus der Aufzählung folgt, dass der Abschluss der Terrorversicherung in dem zur Entscheidung stehenden Fall nicht zu beanstanden ist.

4 Auswahl des Versicherungsunternehmens

Im Einzelfall kann ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz auch in der Auswahl der Versicherungsgesellschaft liegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Prämien der ausgewählten Gesellschaft im Vergleich zu den Prämien anderer Gesellschaften überhöht sind.

Hier spielte dieser Gesichtspunkt keine Rolle, weil es im Jahr 2003 nur einen einzigen Anbieter einer Terrorversicherung gab. Der Vermieter ist auch nicht gehalten, die Prämie durch die Wahl einer geringeren Entschädigungssumme zu reduzieren.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 13.10.2010, XII ZR 129/09, NJW 2010 S. 3647

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