Rdn 810

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Familie, Allgemeines, Teil H Rdn 692.

 

Rdn 811

1. Die elterliche Sorge für das oder die minderjährigen Kinder liegt grds. bei den Eltern (§ 1626 Abs. 1 S. 1 BGB). Daran ändert sich nichts, wenn sich die Eltern trennen und geschieden werden. Allerdings kann dann jeder Elternteil beantragen, dass die elterliche Sorge auf ihn allein übertragen wird (§ 1371 Abs. 1 BGB).

 

Rdn 812

Der Antrag ist erfolgreich, wenn der andere Elternteil der Übertragung zustimmt; der zusätzlichen Zustimmung des Kindes bedarf es, wenn dieses das 14. Lebensjahr vollendet hat (§ 1371 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Liegen die erforderlichen Zustimmungserklärungen nicht vor, so erfolgt die Übertragung, wenn die Erwartung besteht, dass die Übertragung dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1371 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Davon geht die Rspr. nur im Ausnahmefall aus.

 

Rdn 813

2. Eine Besonderheit besteht bei Eltern, die bei der Geburt eines Kindes nicht miteinander verheiratet sind.

 

Rdn 814

a) Ihnen steht die elterlicheSorgegemeinsam zu,

wenn sie entsprechende Sorgeerklärungen abgegeben haben (§ 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB),
wenn sie einander heiraten (§ 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB), oder
wenn das Familiengericht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam überträgt (§ 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB).
 

Rdn 815

b) Wird ein Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Eltern (ganz oder teilweise) nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB gestellt, so entspricht das Gericht diesem Antrag, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Die Übertragung soll also der Regelfall sein.

 

☆ Es liegt am anderen Elternteil, Gründevorzutragen , die der Übertragung an beide Eltern entgegenstehen . Unterbleibt dies und sind solche Gründe auch ansonsten nicht ersichtlich, so besteht nach der Entscheidung des Gesetzgebers die Vermutung, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht (§ 1626a Abs. 2 BGB). Dass sich die Eltern nicht verstehen und Kommunikationsschwierigkeiten haben reicht nicht aus, um zu verhindern, dass der andere Elternteil Mitinhaber der elterlichen Sorge wird.Gründevorzutragen, die der Übertragung an beide Eltern entgegenstehen. Unterbleibt dies und sind solche Gründe auch ansonsten nicht ersichtlich, so besteht nach der Entscheidung des Gesetzgebers die Vermutung, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht (§ 1626a Abs. 2 BGB). Dass sich die Eltern nicht verstehen und Kommunikationsschwierigkeiten haben reicht nicht aus, um zu verhindern, dass der andere Elternteil Mitinhaber der elterlichen Sorge wird.

 

Rdn 816

c) Ansonsten ist die elterliche Sorge bei der Mutter (§ 1626a Abs. 3 BGB).

 

Rdn 817

3. Ganz oder teilweise entzogen wird die elterliche Sorge, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet werden und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden (§ 1666 Abs. 1 BGB).

 

Rdn 818

a) Der Entzug der elterlichen Sorge ist dabei die am weitesten reichende Maßnahme, die erst angewendet werden darf, wenn weniger weit reichende nicht genügen. Der Katalog der möglichen Maßnahmen ergibt sich aus § 1666 Abs. 3 BGB.

 

☆ Der Entzug der elterlichen Sorge hat immer ultima ratio zu sein, die nur in absoluten Ausnahmefällen erfolgen darf (BVerfG DRsp Nr. 2011/2849; FamRZ 2014, 907 m.w.N.; OLG Brandenburg FamFR 2011, 235 m. Anm. Grandke ; OLG Hamm FamRZ 2009, 1753; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1090;).Grandke; OLG Hamm FamRZ 2009, 1753; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1090;).

 

Rdn 819

 

Rechtsprechungsbeispiele:

Gelegentlicher Haschischkonsum rechtfertigt nicht den Entzug der elterlichen Sorge (OLG Nürnberg NJW-RR 1999, 1019),
langjährige Drogensucht harter Drogen kann dagegen dazu führen (OLG Frankfurt BeckRS 2010, 10278),
ebenfalls Drogensucht generell dann, wenn sie geleugnet wird (AG Aachen BeckRS 2010, 05682) oder
Gewaltanwendung, wenn diese vom Handelnden nicht als solche angesehen wird (OLG Hamm NJW-FER 1996, 29).
 

Rdn 820

b) In jedem Fall hat in einem Hauptsacheverfahren grds. nach § 1666 BGB eine persönliche Anhörung des betroffenen Elternteils wie auch des Kindes zu erfolgen Jedenfalls bedarf es eines ausdrücklichen gerichtlichen Hinweises über die Folgen für den Fall des Ausbleibens im Anhörungstermin und muss schließlich, wenn die persönliche Anhörung unterbleibt, besonders begründet werden, warum sie das Gericht nicht vornahm (OLG Celle FamRZ 2013, 1681).

Siehe auch: → Familie, Allgemeines, Teil H Rdn 691 m.w.N.

[Autor] Krause

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