Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgerechtsentzug bei fehlender Erziehungseignung. Elterliche Sorge: Entzug des Sorgerechts wegen unverschuldeter Erziehungsunfähigkeit der Kindeseltern

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind beide Eltern aufgrund ihrer jeweiligen Persönlichkeitsstrukturen unverschuldet erziehungsungeeignet, so ist ihnen im Interesse des Kindeswohls das Sorgerecht zu entziehen.

 

Normenkette

BGB §§ 1666, 1666a

 

Verfahrensgang

AG Ahlen (Beschluss vom 30.09.2008; Aktenzeichen 16 F 197/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Kindesvaters und Antragsgegners vom 6.11.2008 und die Anschlussbeschwerde der Kindesmutter und Antragstellerin vom 21.11.2008 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Ahlen vom 30.9.2008 werden auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. und Beschwerdeführerin ist die Mutter, der Beteiligte zu 2. und Beschwerdeführer ist der Vater des am 26.2.2007 geborenen Kindes N B O.

Die Kindeseltern hatten am 30.4.2001 geheiratet. Nach der Ende August 2007 erfolgten Trennung haben die Kindeseltern widerstreitende Anträge auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge gestellt.

Beide haben sich gegenseitig vorgeworfen, zur Erziehung ungeeignet zu sein.

Der Kindesvater stellt dabei vorrangig auf ein Alkoholproblem der Kindesmutter ab und behauptet, das Kind deshalb seit der Geburt überwiegend versorgt zu haben. Die Kindesmutter sei dazu wegen ihrer schon vor der Ehe bestehenden psychischen Probleme - sie befand sich nach Suizidversuchen bereits mehrmals in stationärer psychiatrischer Behandlung - nicht in Lage. Insbesondere sei durch ihn die erforderliche medizinische Versorgung des in 33. Schwangerschaftswoche geborenen und unter stark reduziertem Hörvermögen - auch die Kindesmutter leidet unter Schwerhörigkeit - und weiteren Entwicklungsverzögerungen leidenden Kindes sichergestellt worden.

Er behauptet überdies, die körperlichen Einschränkungen des Kindes beruhten auf einer Alkoholembryopathie.

Die Kindesmutter wirft dem Kindesvater körperliche Übergriffe vor, die dieser letztlich auch nicht bestritten, sondern nur in der Weise relativiert hat, dass seine Reaktionen aufgrund des Verhaltens der Kindesmutter erforderlich gewesen seien.

Diese hat ihrerseits behauptet, die eigentliche Bezugsperson des Kindes zu sein. Der Kindesvater habe sie bereits seit der Geburt bevormundet und behauptet, sie mache bei der Versorgung des Kindes alles falsch. Seit der Trennung versuche er, sie beim Jugendamt schlecht zu machen. Tatsächlich habe sie, seit sie im dritten Schwangerschaftsmonat von der Schwangerschaft erfahren habe, keinen Alkohol mehr getrunken.

Die Situation im Haushalt des Kindesvaters sei für ein Kleinkind ungeeignet.

Dieser lebt seit seinem Auszug aus der ehelichen Wohnung mit seiner Lebensgefährtin, Frau E2, zusammen. Diese hat aus ihrer Ehe drei am 2.7.1992, am 9.12.1995 und am 12.2.1999 geborene Kinder.

Sie hat sich im September 2007 von ihrem Mann getrennt, ist mit den beiden jüngeren Kindern aus C2 direkt in den Haushalt des Kindesvaters in E gezogen und hat die Kinder in dortige Schulen umgeschult.

Im Oktober 2007 zog die ältere Tochter N1 ebenfalls dort ein.

Seit April/Mai 2008 lebt nur noch N1 in dem gemeinsamen Haushalt, während sich die beiden jüngeren Kinder derzeit in der Obhut ihres Vaters befinden. Auch um die elterliche Sorge für die Kinder der Lebensgefährtin ist zwischen ihr und dem Vater der Kinder ein familiengerichtliches Verfahren anhängig.

Auffällig waren häufige Fehlzeiten der Kinder während ihres Aufenthaltes im Haushalt der Mutter.

Unter dem 27.2.2008 wandte sich der Kinderarzt der drei Kinder E2 an das Jugendamt und zeigte an, der Kindesvater, der Beteiligte zu 2., übe auf Frau E2 einen negativen Einfluss aus, so dass diese zu adäquater Erziehung nicht mehr in der Lage sei (Bl. 67 ff. GA).

Ausweislich des Berichtes des Jugendamtes des Kreises X vom 5.3.2008 zu jenem Verfahren (Bl. 63 ff. GA) spitzte sich die Situation zwischen N1 auf der einen Seiten und ihrer Mutter und dem Beteiligten zu 2. dieses Verfahrens derart zu, dass die Inobhutnahme N1 in einem Mädchenkrisenhaus angedacht war, wogegen sich N1 und ihre Mutter dann doch entschieden.

Der Bericht verhält sich weiterhin zu häufigen Fehlzeiten N1 in der Schule sowie zu zwei Polizeieinsätzen am 12. und 22.2.2008 im gemeinsamen Haushalt, die ihren Ursprung ebenfalls in Auseinandersetzungen zwischen dem Kindesvater dieses Verfahrens und seiner Lebensgefährtin auf der einen Seite und deren Tochter N1 auf der anderen Seite hatten.

Nach der Trennung hat N B zunächst im Haushalt des Kindesvaters mit dessen neuer Lebensgefährtin und deren Kindern gelebt.

Vor dem AG vereinbarten die Kindeseltern am 11.10.2007, dass das Kind bis zur endgültigen Regelung beim Kindesvater wohnt und die Kindesmutter es täglich von 13.00 bis 18.00 Uhr zu sich nehmen sollte.

Das AG hat die Einholung eines Gutachtens dazu angeordnet, welche Regelung dem Kindeswohl am besten entspricht und die S...

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