Verfahrensgang

AG Fürth (Bayern) (Urteil vom 27.10.1998; Aktenzeichen 230 F 272/98)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird die Nr. II des Endurteils des Amtsgerichts – Familiengericht – Fürth vom 27.10.1998 abgeändert:

  1. Die elterliche Sorge für das Kind I., geb. am 02.05.1993, wird mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts den Eltern gemeinsam belassen.
  2. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind I. wird der Mutter übertragen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Durch Endurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Fürth vom 27.10.1998 wurde die am 29.05.1992 geschlossene Ehe der Parteien geschieden. Der Scheidungsausspruch ist rechtskräftig. Aus der Ehe ging das Kind I., geb. am 02.05.1993, hervor.

Im Urteil vom 27.10.1998 wurde die elterliche Sorge für das Kind der Mutter übertragen.

Gegen die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, daß die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam belassen wird. Mit einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin ist er einverstanden.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die im Beschwerderechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig und im wesentlichen begründet.

Nach § 1671 Abs. 1 BGB ist die elterliche Sorge für ein minderjähriges Kind nach Trennung der Eltern nur auf Antrag einem Elternteil zu übertragen. Nach Absatz 2 der genannten Bestimmung ist dem Antrag stattzugeben, „soweit 2. zu erwarten ist, daß die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht”. Aus der Formulierung des Gesetzes ist zu entnehmen, daß die gemeinsame elterliche Sorge auch nach Trennung der Eltern den Regelfall darstellt.

Aus den von der Antragstellerin vorgetragenen Gründen läßt sich nicht feststellen, daß die Übertragung der elterlichen Sorge für I. auf sie dem Wohl des Kindes „am besten” entspricht.

Soweit die Antragstellerin vorbringt, der Antragsgegner handle sich selbst gegenüber verantwortungslos, da er auch nach einem schweren Motorradunfall weiterhin Motorrad fuhr, bis es zu einem zweiten Unfall kam, ergibt sich daraus nicht, daß der Antragsgegner in gleicher Weise das Kind gefährdet.

Der vom Antragsgegner eingeräumte gelegentliche Haschischkonsum reicht ebenfalls nicht aus, dem Antragsgegner vollständig die elterliche Sorge für sein Kind zu entziehen.

Die schlechte berufliche Situation des Antragsgegners und seine mangelhaften deutschen Sprachkenntnisse können ebenfalls nicht dazu führen, daß die elterliche Sorge für I. der Antragstellerin allein übertragen wird. Diese Umstände waren der Antragstellerin bereits bei ihrer Heirat bekannt. Sie können auch bei einer Entziehung der elterlichen Sorge dem Kind nicht verborgen bleiben, sodaß der dadurch nach Angaben der Antragstellerin zu befürchtende negative Einfluß auf I. auch bei einer Übertragung der elterlichen Sorge auf die Antragstellerin in gleicher Weise gegeben ist.

Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen, daß der betreuende Elternteil eines Kindes getrenntlebender Eltern, hier die Antragstellerin, „die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens” hat (§ 1687 Abs. 2 Satz 2 BGB). Ein gegenseitiges Einvernehmen der Eltern ist daher „nur” bei solchen Angelegenheiten erforderlich, die über Entscheidungen des täglichen Lebens hinausgehen. Zu diesen Entscheidungen gehören vor allem Entscheidungen im schulischen Bereich u.ä.. Über die Einschulung von I. konnten sich die Eltern jedoch nach dem Berichts des Jugendamtes vom 29.01.1999 einigen.

In absehbarer Zeit sind auch keine Entscheidungen gravierender Art zu erwarten, bei denen ein Einvernehmen der Eltern erforderlich ist. Unter diesen Umständen entspricht eine Übertragung der elterlichen Sorge für I. auf die Antragstellerin die Wohl des Kindes nicht „am besten” (vgl. auch OLG Oldenburg, FamRZ, Heft 2/99, S. IX).

Das Aufenthaltsrecht ist als Teil der elterlichen Sorge auf die Antragstellerin zu übertragen, da der Antragsgegner damit einverstanden ist (§ 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Durch die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist gewährleistet, daß die Antragstellerin auch weiterhin das Kind betreuen kann.

Kosten: § 93 a Abs. 1 ZPO.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: § 12 Abs. 2 Satz 3 GKG.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen der §§ 621 e Abs. 2 Satz 1, 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht vorliegen.

 

Unterschriften

Kajuth Richter am Oberlandesgericht, Dr. Postler Richter am Oberlandesgericht, Bischoff Richter am Oberlandesgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 1520544

FamRZ 1999, 1160

NJW-RR 1999, 1019

NJWE-FER 1999, 235

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