Das Wichtigste in Kürze:

1. Durch eine aufenthaltsrechtliche Ausweisung, Abschiebung, Zurückschiebung oder die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit aus Sicherheitsgründen tritt ein Einreise- und Aufenthaltsverbot unmittelbar kraft Gesetzes ein.
2. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot kann außerdem verhängt werden, wenn ein vollziehbar Ausreisepflichtiger eine ihm gesetzte Ausreisefrist schuldhaft nicht einhält. Zudem kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein solches Verbot unter bestimmten Umständen nach negativem Abschluss eines Asylverfahrens verhängen.
3. Der Verstoß gegen das Einreiseverbot ist strafbar.
4. Unter der Wirkung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes kann für Unionsbürger keine Freizügigkeit entstehen, im Übrigen können bis auf wenige Ausnahmen keine Aufenthaltstitel erteilt werden.
 

Rdn 340

 

Literaturhinweise:

Welte, Das Einreiseverbot – ein Instrument zur Beschränkung der Freizügigkeit, ZAR 2013, 330

s.a. die Hinw. bei → Ausländer, Allgemeines, Teil H Rdn 149 und bei → Ausländer, Einreise- und Aufenthaltsverbot, Beendigung/Befristung, Teil H Rdn 357.

 

Rdn 341

1. Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 AufenthG darf ein Ausländer nach einer Ausweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nicht mehr in das Bundesgebiet einreisen und sich in Deutschland nicht aufhalten. Sinn und Zweck der Einreisesperre ist die Fernhaltung des Betroffenen aus dem Bundesgebiet, damit keine weiteren Rechtsverstöße von ihm ausgehen. Zu den Voraussetzungen wird auf die jeweiligen Stichworte verwiesen (siehe → Ausländer, Aufenthaltsrecht, Ausweisung, Teil H Rdn 235; und → Ausländer, Abschiebung, Allgemeines, Teil H Rdn 97).

 

☆ Dies wird als Einreise- und Aufenthaltsverbot oder Einreisesperre bezeichnet. Der Verstoß gegen dieses Verbot durch eine Einreise ist gem. § 95 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG ausdrücklich strafbar .ausdrücklich strafbar.

 

Rdn 342

Die in § 11 Abs. 1 S. 1 AufenthG genannte Zurückschiebung gem. § 57 AufenthG ist in der strafrechtlichen Nachsorge selbst praktisch nicht von Belang. Es handelt sich dabei um die Aufenthaltsbeendigung in dem Fall, dass bereits während der Einreise die Illegalität des beabsichtigten Aufenthaltes bemerkt und letzterer umgehend wieder beendet wurde.

 

Rdn 343

Bei einer bestehenden Einreisesperre ist z.B. der Antrag auf Erteilung eines Visums von vornherein aussichtslos, weil sich aus dem Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 ein Versagungsgrund für jeden Aufenthaltstitel ergibt. Die nach früherem Recht bestehende Möglichkeit einer Ausnahme für bestimmte humanitäre Aufenthaltstitel gem. § 25 Abs, 4a, 4b oder 5 AufenthG existiert seit dem 1.8.2015 nicht mehr.

 

Rdn 344

2. Seit dem 1.8.2015 sieht das Aufenthaltsrecht zwei weitere Möglichkeiten vor, unter denen ein Einreise- und Aufenthaltsverbot verhängt werden kann: Die isolierte Anordnung durch die zuständige Ausländerbehörde unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 6 AufenthG und die Anordnung im Asylverfahren durch das insoweit zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Bedeutung in der strafrechtlichen Nachsorge kann insbesondere die erste Möglichkeit entfalten, weil eine Ausreisepflicht auch ohne Ausweisung Folge strafrechtlicher Verfehlungen sein kann, indem z.B. ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zurückgewiesen wird.

 

Rdn 345

a) § 11 Abs. 6 AufenthG eröffnet der zuständigen Ausländerbehörde die Möglichkeit, ohne Ausweisung ein isoliertes Einreise- und Aufenthaltsverbot zu verhängen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein vollziehbar Ausreisepflichtiger verschuldet nicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist – z.B. gem. § 50 Abs. 2 2. Alt. AufenthG – das Land verlassen hat und eine erhebliche Überschreitung der Frist vorliegt. Es genügt, wenn entweder eine unverschuldete oder unerhebliche Überschreitung der Frist vorliegt, die Ausnahmen sind nicht kumulativ zu verstehen.

 

Rdn 346

aa) Wann eine erhebliche Überschreitung im Gegensatz zur unerheblichen vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalles, die in der Rechtsanwendung voraussichtlich durch die Rechtsprechung geklärt werden muss. Die Rechtmäßigkeit eines isolierten Einreiseverbotes wegen nicht nur unerheblicher Überschreitung der Frist dürfte nicht allein von deren Länge abhängen, sondern auch davon, ob diese – abgesehen von gesetzlich bestimmten Ausreisefristen wie gem. § 36 Abs. 1 AsylVfG – richtig bemessen ist.

 

Rdn 347

Da die Erheblichkeit der Fristüberschreitung Tatbestandsmerkmal für die Verhängung des isolierten Einreise- und Aufenthaltsverbotes ist, dürfte dies voll gerichtlich überprüfbar sein. Auch diesbezüglich ist aber eine Klärung in der Rechtsprechung abzuwarten, da die Ausländerbehörde eine Ausreisefrist grundsätzlich im Rahmen des Auswahlermessens bei der die Ausreisepflicht begründenden Entscheidung festsetzt, bisher aber kein Anlass bestand, die Angemessenheit der Frist gerichtlich zu prüfen.

 

Rdn 348

bb) Der alternative Ausschlusstatbestand für das Einreiseverbot ist gegeben, wenn die Fristüberschreitung unverschuldet erfolg...

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