Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Duldung ist gem. § 60a AufenthG gesetzlich definiert als Aussetzung der Abschiebung.
2. Die Abschiebung ist auszusetzen, wenn sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist oder die Anwesenheit für die Strafverfolgung eines Verbrechens für erforderlich gehalten wird. Die Behörde hat dabei keinen Ermessensspielraum.
3. Über die Duldung ist eine förmliche Bescheinigung auszustellen.
 

Rdn 304

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Ausländer, Allgemeines, Teil H Rdn 149.

 

Rdn 305

1. Die Duldung ist gem. § 60a AufenthG gesetzlich definiert als Aussetzung der Abschiebung. Sie setzt voraus, dass der Betroffene ausreisepflichtig ist. Kommt er der Ausreisepflicht nicht nach, ist entweder die Abschiebung zu vollziehen oder – wenn dies nicht möglich oder erwünscht ist – diese auszusetzen. Der Zustand der Duldung ist kein Aufenthaltstitel; der aus ihm resultierende Aufenthalt ist behördlich bekannt, aber nicht erlaubt.

 

Rdn 306

Das Aufenthaltsrecht sieht nach der Rechtsprechung keinen ungeregelten Aufenthalt vor (vgl. BVerwGE 105, 232; NVwZ 2000, 938; VG Oldenburg, Beschl. v. 20.9.2013 – 11 B 5874/13). Bei bestehender Ausreisepflicht ist die Abschiebung entweder zu vollziehen oder der Aufenthalt – ggf. auch nur kurzzeitig, bis die Abschiebung durchgeführt werden kann bzw. soll – zu dulden.

 

Rdn 307

2.a) Gem. § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG ist die Abschiebung auszusetzen, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, sie also nicht vollzogen werden kann (zwingende Duldung). Der Ausländerbehörde steht dabei kein Ermessen zu. Bei den Gründen für die Unmöglichkeit der Abschiebung ist zwischen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten (vgl. Rdn 308 f.) und inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen (vgl. Rdn 310) zu unterscheiden.

 

☆ Diese Begriffe sollten in der Praxis gerade gegenüber der Ausländerbehörde sauber unterschieden werden. Die Berufung auf zielstaatsbezogene Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen sollen, gegenüber der Ausländerbehörde führen regelmäßig zum Verweis an das BAMF – und lassen den Rechtsanwalt als wenig kenntnisreich erscheinen.sauber unterschieden werden. Die Berufung auf zielstaatsbezogene Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen sollen, gegenüber der Ausländerbehörde führen regelmäßig zum Verweis an das BAMF – und lassen den Rechtsanwalt als wenig kenntnisreich erscheinen.

 

Rdn 308

aa) Abschiebungsverbote sind bezogen auf das Ziel der Abschiebung, also einen anderen Staat. Deren Feststellung liegt allein in der Kompetenz des BAMF im Rahmen eines Verfahrens nach dem Asylverfahrensgesetz (vgl. → Ausländer, Asyl- und Flüchtlingsrecht/Asylantrag, Teil H Rdn 168).

 

Rdn 309

Zu deren Voraussetzungen zählt, dass dem Betroffenen in seiner Heimat Gefahr droht, sei es durch die Todesstrafe, unmenschliche Behandlung, Unbehandelbarkeit seiner Krankheit, kriegsähnliche Zustände, staatliche oder gesellschaftliche Verfolgung. Diese Abschiebungsverbote sind in § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG geregelt, während § 60 Abs. 1 die Voraussetzung des Flüchtlingsstatus regelt.

 

Rdn 310

bb) Abschiebungshindernisse hingegen ergeben sich aus der Situation im Inland. Sie liegen parallel zu den Gründen der Unmöglichkeit einer Ausreise i.S.d. § 25 Abs. 5 AufenthG (vgl. → Ausländer, Aufenthaltsrecht, Aufenthaltstitel, Teil H Rdn 189) und sind durch die zuständige Ausländerbehörde festzustellen und zu berücksichtigen. Hinzuweisen ist auf folgende

 

Rdn 311

 

Abschiebungshindernisse

Tatsächliche Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung sind beispielsweise das Fehlen von Reisedokumenten, mit denen die Abschiebung durchgeführt werden kann, oder eine Inhaftierung in Untersuchungshaft oder zur Strafvollstreckung. Letztere ist allerdings zugleich auch ein rechtliches Hindernis, solange die Staatsanwaltschaft nicht von der Möglichkeit der Unterbrechung gem. § 456a StPO Gebrauch macht.
Auch medizinisch begründete Reiseunfähigkeit oder festgestellte Suizidgefahr im Falle der Abschiebung stellen ein tatsächliches Abschiebungshindernis dar.
 

☆ An ärztliche Atteste in ausländerrechtlichen Angelegenheiten stellen Behörden und Gerichte oft erhebliche Anforderungen . Keinesfalls ist es mit einem Dreizeiler des Hausarztes getan, in dem diese die Reiseunfähigkeit bescheinigt.ärztliche Atteste in ausländerrechtlichen Angelegenheiten stellen Behörden und Gerichte oft erhebliche Anforderungen. Keinesfalls ist es mit einem Dreizeiler des Hausarztes getan, in dem diese die Reiseunfähigkeit bescheinigt.

Idealerweise sollte die Untersuchung und Bescheinigung durch einen entsprechenden Facharzt erfolgen. Es muss sich aus dem Attest vielmehr schlüssig ergeben, wie lange der Patient schon in Behandlung ist, wie der Arzt die Befunde erhoben hat, ob er eigene Schilderungen des Patienten hinterfragt hat und zu welchen genauen Diagnosen er gekommen ist. Die Feststellung von Reiseunfähigkeit muss regelmäßig auch auf die konkrete Form der Reise abgestellt sein.

Rechtlich sind außerdem vor allem zwingende fa...

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