Das Wichtigste in Kürze:

1. Als Folge der Tilgung einer Eintragung im BZR tritt das umfassende Vorhalte- und Verwertungsverbot nach § 51 BZRG ein.
2. Das Verwertungsverbot erfasst nicht nur die eingetragene Verurteilung an sich, sondern umfasst insgesamt die Tat i.S.d. § 264 StPO also den gesamten geschichtlichen Vorgang, der Gegenstand der Urteilsfindung war. Für Sachverhalte, die nicht zu einer Verurteilung geführt haben, gilt das Verwertungsverbot nach § 51 BZRG grds. nicht. Es kommt allenfalls eine entsprechende Anwendung in Betracht.
3. Bestimmte Folgen der Tat bzw. der Verurteilung bleiben von dem Vorhalte- und Verwertungsverbot unberührt (§ 51 Abs. 2 BZRG.
4. § 52 BZRG sieht zudem bestimmte Ausnahmen von Verwertungsverbot vor.
5. Besondere Bedeutung entfaltet das Verwertungsverbot in Strafverfahren. in Verwaltungsverfahren und ggf. auch im Zivilrecht.
6. Bereits schon vor der Tilgung der Eintragung darf sich der Betroffene als unbestraft bezeichnen, wenn die Eintragung nicht mehr in ein Führungszeugnis aufgenommen wird.
 

Rdn 153

 

Literaturhinweise:

Krumm, Bundeszentralregister: Inhalt, Tilgung und Verwertung strafrechtlicher Voreintragungen, VRR 2008, 52

Kuhn, Vorhalte- und Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG, JA 2011, 855

s. i.Ü. die Hinw. bei → Bundeszentralregister, Allgemeines, Teil E Rdn 2.

 

Rdn 154

1.a)aa) Als Folge der Tilgung einer Eintragung im BZR tritt das umfassende Vorhalte- und Verwertungsverbot (im Folgenden nur Verwertungsverbot) nach § 51 BZRG ein. Danach dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen nicht mehr vorgehalten und zu seinem Nachteil verwertet werden. Dadurch werden Verurteilte vom Strafmakel befreit und ihre Resozialisierung sichergestellt. Das Verwertungsverbot gilt grds. für alle Bereiche des Rechtslebens, z.B. auch für Verwaltungsverfahren und nicht nur für Strafverfahren.

 

Rdn 155

bb) Das Verwertungsverbot setzt voraus, dass die Eintragung getilgt ist oder zu tilgen, d.h. tilgungsreif ist. Sind die Eintragungen getilgt, kann darüber keine Auskunft mehr erteilt werden. Sind die Eintragungen zu tilgen, darf darüber keine Auskunft mehr erteilt werden. Dies ist während der sog. Überliegefrist der Fall (vgl. hierzu → Bundeszentralregister, Eintragungen, Tilgung, Allgemeines, Teil E Rdn 128). In Zweifelsfällen sind Gerichte und Behörden verpflichtet, eine Entscheidung des BfJ über die Tilgungsreife herbeizuführen (Hase, § 51 Rn 2)

 

Rdn 156

2.a) Von dem Verwertungsverbot erfasst werden sowohl die Tat als auch die eingetragene Verurteilung, wobei die Tat i.S.d. § 264 StPO zu verstehen ist (Hase, § 51 Rn 4). Sie umfasst also den gesamten geschichtlichen Vorgang, der Gegenstand der Urteilsfindung und dazu geeignet war, das in diesen Bereich fallende Tun des Betroffenen unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen, zu qualifizieren oder zu mildern (VG Düsseldorf SVR 2014, 3).

 

☆ Das Verwertungsverbot gilt auch dann, wenn der Angeklagte die getilgte Verurteilung selbst vor Gericht offenbart. Sein Schutz ist unverzichtbar (BGH StV 2012, 533).Schutz ist unverzichtbar (BGH StV 2012, 533).

 

Rdn 157

b)aa) Unzweifelhaft gilt das Verwertungsverbot für im BZR eingetragene Verurteilungen (vgl. § 4 BZRG). Diese dürfen dem Betroffenen nach der Tilgung bzw. Eintritt der Tilgungsreife nicht mehr vorgehalten und zu seinem Nachteil verwertet werden.

 

☆ Das Verwertungsverbot greift auch dann, wenn die Verurteilung aus anderen Quellen (z.B. aus beigezogenen Akten) bekannt wird ( Tolzmann , § 51 Rn 52).auch dann, wenn die Verurteilung aus anderen Quellen (z.B. aus beigezogenen Akten) bekannt wird (Tolzmann, § 51 Rn 52).

 

Rdn 158

bb) Das Verwertungsverbot gilt nach dem Wortlaut des § 51 BZRG grds. nicht für andere Eintragungen z.B. nach §§ 10, 11 BZRG, weil diese Eintragungen entfernt und nicht getilgt werden. Für sie kommt, wie für solche Sachverhalte, die nicht zu einer Verurteilung geführt haben (z.B. Freisprüche und Einstellungsverfügungen), nur eine entsprechende Anwendung in Betracht. Die Rspr. lehnt die entsprechende Anwendung auf diese Sachverhalte (Freisprüche, Einstellungen nach §§ 153, 153a, 170 Abs. 2 StPO) jedoch grds. ab (BGH NStZ 2005, 397; Berücksichtigung von strafbarem Verhalten eines Angeklagten aus seiner Zeit als strafunmündiges Kind bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung[; BVerwG NVwZ 2012, 1254 bei der Einbürgerung; BVerwG, Urt. v. 26.3.1996 – 1 C 12/95, [vermittelnd im Waffenrecht: grds. nur verwertbar, wenn sich das frühere Fehlverhalten bis in die Gegenwart hineinzieht]). Es findet damit aber eine erhebliche Schlechterstellung der Betroffenen gegenüber solchen Personen statt, bei denen es nicht zu einer Einstellung, sondern sogar zu einer Verurteilung gekommen ist. Hier gebietet es das Rechtsstaatsgebot und das daraus folgende Verhältnismäßigkeitsprinzip, solche Sachverhalte einer entsprechenden Anwendung des § 51 BZRG zu unterwerfen. Dies sollte jedenfalls dann gelten, wenn die Mindesttilgungsfrist von fünf Jahren (§ 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) abg...

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