Das Wichtigste in Kürze:

1. Für den Jugendstrafvollzug existiert (inzwischen) in allen Bundesländern eine gesetzliche Grundlage. Die überwiegende Anzahl der Bundesländer haben sich bei der Gesetzgebung abgestimmt.
2. Neben den (Jugend)Strafvollzugsgesetzen der Länder gibt es noch internationale Rechtsquellen, mit denen argumentiert werden kann.
3. Die folgenden Ausführungen gelten für den Vollzug von Jugendstrafe Vollzug von Freiheitsstrafen an unter 24jährigen, die sich für den Jugendstrafvollzug eigenen (§ 114 JGG).
4. Jugendstrafe wird in Jugendstrafanstalten vollzogen (§ 98 Abs. 1 JStVollzG). Dabei muss es sich grds. um selbständige Anstalten handeln (Trennungsgrundsatz), wobei Ausnahmen zugelassen sind.
5. Bei der Aufnahme in der Jugendstrafanstalt wird ein Zugangsgespräch geführt und es findet eine ärztliche Untersuchung statt. Auf der Grundlage des Diagnoseplans ist ein Vollzugsplan zu erstellen.
6. In keinem der Jugendstrafvollzugsgesetze bzw. den Vorschriften über den Jugendstrafvollzug wird von einer Präferenz des offenen Vollzuges ausgegangen.
7. In den meisten Jugendstrafanstalten wird ein Wohngruppenvollzug unter Verantwortung eines Gruppenleiters praktiziert.
8. Im Wesentlichen weisen alle Gesetze dieselben Grundaussagen zum Bereich Schule, Ausbildung, Weiterbildung und Arbeit auf.
9. Im Strafvollzug bestimmt grds. die Dreiteilung Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit den Tagesablauf.
10. Die Regeln der Vereinten Nationen zum Schutz von Jugendlichen unter Freiheitsentzug bewerten Außenkontakte als wesentlichen BestandTeil des Anspruchs auf eine gerechte und menschliche Behandlung und als unverzichtbar für die Vorbereitung der Jugendlichen auf ihre Rückkehr in die Gesellschaft.
11. Dem Gefangenen können zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt Beschränkungen auferlegt werden.
 

Rdn 438

 

Literaturhinweise:

Bereswill u.a. "Ich weiß gar nicht, was die mit mir machen" – Sozialtherapeuthische Behandlungsmaßnahmen aus der Sicht inhaftierter junger Männer ZJJ 2007, 48

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ders., Jugendstrafvollzugsgesetz: Neue Gesetze – neue Perspektiven?, ZRP 2008, 14

Pollähne, Internationale Standards gegen föderalen Wildwuchs?, StV 2007, 553

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Weipert, Lebenswelt Gefängnis – Einblick in den Jugendstrafvollzug mit Berichten junger Gefangener, 2003

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Wirth, Kernbefunde einer empirischen Studie im Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen hrsg. vom Kriminologischen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen, 2006

s.a. → Maßregelvollzug, Allgemeines, Teil C Rdn 1, und bei→ Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil C Rdn 179 m.w.N..

 

Rdn 439

1.a) Das BVerfG hat in seiner Grundlagenentscheidung zum Jugendstrafvollzug vom 31.5.2006 (NJW 2006, 2093) den Jugendstrafvollzug nur aufgrund von Verwaltungsvorschriften für verfassungswidrig erklärt. Es hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis spätestens 1.1.2008 eine gesetzliche Grundlage für den Jugendstrafvollzug zu schaffen. Durch die Föderalismusreform ist die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder übertragen worden. Spätestens zum 1.1.2008 sind tatsächlich in allen Bundesländern Gesetze zur Regelung des Jugendstrafvollzuges in Kraft getreten (vgl. die Tabelle bei → Daten, Datengewinnung, Strafvollzug, Landesrecht, Teil D Rdn 146).

 

☆ Die Grundsatzentscheidung des BVerfG bietet für den Verteidiger viel Argumentationsmaterial im Vollzug.Argumentati...

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