Rdn 1080

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Verfassungsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 730.

 

Rdn 1081

1. Die Unschuldsvermutung ist eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und hat damit Verfassungsrang. Sie ist auch kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland im Range eines Bundesgesetzes (vgl. dazu aus der st.Rspr. des BVerfGE 19, 342, 347; 74, 358, 370). Bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld wird die Unschuld des Beschuldigten vermutet (BVerfGE 82, 106, 114).

 

Rdn 1082

2. Das darf aber nicht wörtlich genommen werden, sondern bedeutet nur, dass der Betroffene bis zum Nachweis der Schuld nicht als schuldig behandelt werden darf. Dementsprechend müssen nicht etwa die gesetzlich möglichen Zwangsmaßnahmen im Verfahren gegen den Betroffenen unterbleiben, bis dessen Schuld rechtskräftig feststeht, wohl aber z.B. Feststellungen zur Schuld in Einstellungsbeschlüssen gem. § 383 Abs. 2, ohne zuvor die HV bis zur Schuldspruchreife durchgeführt zu haben (vgl. BVerfGE 74, 358 ff.), oder in Einstellungsbeschlüssen nach § 153 Abs. 2 (BVerfG NStZ 1990, 598), oder nach § 153a (vgl. BVerfG MDR 1991, 891; zu den Einstellungsfragen Burhoff, EV, Rn 1678 ff.; Burhoff, HV, Rn 1299 ff.). In nicht wenigen Fällen wird gegen die Unschuldsvermutung aber gerade in diesen Bereichen verstoßen.

Siehe auch: → Verfassungsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 729, m.w.N.; → Verfassungsbeschwerde, Begründung, Nemo-Tenetur-Grundsatz, Teil C Rdn 965; → Verfassungsbeschwerde, Begründung, Schuldgrundsatz, Teil C Rdn 1055; → Verfassungsbeschwerde, Begründung, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Teil C Rdn 1083.

[Autor] Geipel

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