Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Führungsaufsicht kann zum einen gem. § 68 Abs. 1 StGB richterlich angeordnet werden und zum anderen über § 68 Abs. 2 StGB kraft Gesetzes eintreten.
2. Der weit überwiegende Anteil gesetzlich eintretender Führungsaufsicht ergibt sich aus § 68f Abs. 1 StGB, also in den Fällen der Vollverbüßung. Führungsaufsicht kraft Gesetzes tritt ferner in den Fällen des § 67b Abs. 2 StGB, § 67c Abs. 1 S. 1 Hs. 2 StGB, § 67c Abs. 2 S. 4 StGB, 67d Abs. 2 S. 3 StGB, § 67d Abs. 4 S. 2, Abs. 5 S. 2, Abs. 6 S. 2 StGB und § 67d Abs. 3 S. 2 StGB ein.
3. Der Eintritt der Führungsaufsicht kraft richterlicher Anordnung setzt gem. § 68 Abs. 1 StGB voraus, dass das angewandte Strafgesetz Führungsaufsicht besonders vorsieht, der Angeklagte wegen dieser Tat zu einer zeitigen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde und es wahrscheinlich ist, dass dieser weitere Straftaten begeht.
 

Rdn 529

 

Literaturhinweise:

Baur/Groß, Die Führungsaufsicht, JuS 2010, 404

Herrmann, Die Führungsaufsicht, StRR 2013, 408

Nißl, Die Führungsaufsicht 20 Jahre in der Kritik – hier eine Laudatio, NStZ 1995, 525

Peglau, Das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung, NJW 2007, 1558

Schmitz, Gnadenbringende Weihnachtszeit … auch für sog. "Vollverbüßer"!, StV 2007, 608

Schneider, Die Reform der Führungsaufsicht, NStZ 2007, 441

Schöch, Bewährungshilfe und Führungsaufsicht in der Strafrechtspflege, NStZ 1992, 364

Schüddekopf, Zum Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht vom 13.4.2007 (BGBl I, 513 ff.), StraFo 2008, 141

Seifert/Möller-Mussavi, Führungsaufsicht und Bewährungshilfe – Erfüllung gesetzlicher Aufgaben oder elementarer Bestandteil forensischer Nachsorge?, NStZ 2006, 131

Weigelt, Was kann eine reformierte Führungsaufsicht leisten?, ZRP 2006, 253

Wolf, Reform der Führungsaufsicht, Rpfleger 2007, 293

s.a. die Hinw. bei → Führungsaufsicht, Allgemeines, Teil B Rdn 483.

 

Rdn 530

1. Die Führungsaufsicht betrifft verschiedenartige Anwendungsfälle. Sie kann zum einen gem. § 68 Abs. 1 StGB bei bestimmten Deliktsgruppen und bei einem bestimmten Strafmaß kraft richterlicher Anordnung bereits im Strafurteil angeordnet werden. Zum anderen tritt diese Maßregel – rechtstatsächlich bedeutsamer, da viel häufiger (vgl. Schneider NStZ 2007, 441, 442) – gem. § 68 Abs. 2 StGB kraft Gesetzes ein.

 

Rdn 531

2.a)aa) Den weit überwiegenden Anteil gesetzlich eintretender Führungsaufsicht machen die Fälle des § 68f Abs. 1 StGB aus. Danach tritt Führungsaufsicht bei Vollverbüßung ein, wenn

der Täter wegen vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren

oder

wegen einer in § 181b StGB genannten Straftaten zu einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist

und

die Strafe vollständig vollstreckt worden ist.
 

☆ Auf die Art der Vorsatztat kommt es nicht an ; es genügt auch die Verurteilung zu einer Straftat, derentwegen eine Führungsaufsicht nicht nach § 68 Abs. 1 StGB angeordnet werden kann (vgl. MüKo-StGB/ Groß , § 68f Rn 6). Ebenso ist es unerheblich, ob Täterschaft oder Teilnahme vorgelegen hat oder ob die Tat vollendet oder nur versucht wurde (Schönke/Schröder/ Stree/Kinzig , § 68f Rn 3).Art der Vorsatztat kommt es nicht an; es genügt auch die Verurteilung zu einer Straftat, derentwegen eine Führungsaufsicht nicht nach § 68 Abs. 1 StGB angeordnet werden kann (vgl. MüKo-StGB/Groß, § 68f Rn 6). Ebenso ist es unerheblich, ob Täterschaft oder Teilnahme vorgelegen hat oder ob die Tat vollendet oder nur versucht wurde (Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 68f Rn 3).

 

Rdn 532

bb) Durch das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht vom 13.4.2007 (BGBl I 2007, S. 513) hat sich der Gesetzgeber mit Blick auf die seinerzeitige Streitfrage, ob es bei der Verbüßung einer Gesamtfreiheitsstrafe ausreicht, dass die Gesamtstrafe und nicht erst eine Einzelstrafe die genannte Dauer erreicht haben muss (vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999, 138; OLG Hamburg NStZ-RR 1996, 262; OLG München NStZ-RR 2002, 183; OLG Nürnberg NStZ-RR 1998, 124 f.), für die erste Alternative entschieden und klargestellt, dass auch die vollständige Vollstreckung einer Gesamtfreiheitstrafe von mindestens einem Jahr wegen der in § 181b StGB genannten Straftaten bzw. zwei Jahren bei Vorsatztaten den Eintritt der Führungsaufsicht begründet (so auch jetzt OLG Bamberg NStZ-RR 2007, 94). Die unterschiedliche Dauer der vollstreckten Strafen bzw. die Differenzierung hinsichtlich Sexualstraftätern ist dabei dem Umstand geschuldet, dass letztere einem höheren Rückfallrisiko ausgesetzt sind und deren Taten stärkere Auswirkungen für die Allgemeinheit haben (BT-Drucks 13/7559, S. 12; ferner MüKo-StGB/Groß, § 68f Rn 7; SSW-StGB/Jehle, § 68f Rn 1; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 68f Rn 2).

 

Rdn 533

Setzt sich die Gesamtstrafe sowohl aus Vorsatz- als auch aus Fahrlässigkeitstaten zusammen, muss die Vollstreckungsbehörde nach den Grundsätzen der §§...

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