Das Wichtigste in Kürze:

1. Voraussetzung, das Zurückstellungsverfahren in Gang zu bringen, ist stets ein Antrag des Verurteilten.
2. Der Antrag ist bei der für die Zurückstellung der Strafvollstreckung zuständigen Vollstreckungsbehörde zu stellen.
3. Ist die Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszugs nicht bereits vorab in der HV oder im Urteil erteilt worden, hat die Vollstreckungsbehörde die Stellungnahme des Gerichtes einzuholen.
4. Liegen mehrere (rückstellungsfähige) Freiheitsstrafen unterschiedlicher Vollstreckungsbehörden vor, muss die Vollstreckungsbehörde prüfen, ob auch diese einer Sachbehandlung nach § 35 BtMG zugänglich sind.
5. Liegen nicht sämtliche Voraussetzungen der Zurückstellung vor, so hat die Vollstreckungsbehörde den Antrag abzulehnen, ohne dass ihr insoweit ein Ermessensspielraum zusteht.
6. Gibt die Vollstreckungsbehörde der beantragten Zurückstellung statt, so ist die Dauer der Zurückstellung auf einen Zeitraum von längstens zwei Jahren begrenzt.
7. Die Vollstreckungsbehörde kann bei positiver Zurückstellungsentscheidung die Zurückstellung analog § 36 VwVfG mit Nebenbestimmungen versehen.
 

Rdn 207

 

Literaturhinweise:

s. die Hinweise bei → BtM-Verfahren, Zurückstellung, Allgemeines, Teil B Rdn 92.

 

Rdn 208

1. Voraussetzung, das Zurückstellungsverfahren in Gang zu bringen, ist stets ein Antrag des Verurteilten (→BtM-Verfahren, Zurückstellung, Antragsvoraussetzungen, Teil B Rdn 124); eine Prüfung der Zurückstellungsvoraussetzungen mittels eines Verfahrens von Amts wegen ist nicht vorgesehen (MüKo-StGB/Kornprobst, § 35 BtMG Rn 110; zum JGG-Verfahren → Jugendliche, Vollstreckung, Jugendstrafe, Teil B Rdn 810).

 

Rdn 209

2. Der Antrag ist bei der für die Zurückstellung der Strafvollstreckung zuständigen Vollstreckungsbehörde zu stellen. Dies ist bei Verurteilungen nach allgemeinem Strafrecht gem. § 451 StPO, § 4 StVollstrO unabhängig vom Aufenthalt des Verurteilten die StA, die für das Strafverfahren örtlich zuständig war. Bei einer Verurteilung nach Jugendstrafrecht ist gem. § 82 Abs. 1 JGG der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter zuständig. Ist der Verurteilte bereits in eine Jugendstrafanstalt aufgenommen, geht die Zuständigkeit auf den Jugendrichter eines in der Nähe der Jugendstrafanstalt gelegenen Amtsgerichts über (§ 85 Abs. 2 JGG). Sind der Jugendrichter des ersten Rechtszuges und der Vollstreckungsleiter identisch, entfällt die Zurückstellungsvoraussetzung der "Zustimmung des Gerichtes" (→BtM-Verfahren, Zurückstellung, Antragsvoraussetzungen, Teil B Rdn 124). Letzteres gilt jedoch nicht, wenn die Jugendkammer Gericht des ersten Rechtszuges war (OLG Karlsruhe NStZ 1986, 288) oder ein Zuständigkeitsübergang gem. § 85 Abs. 2 JGG stattgefunden hat. Dann hat der Vollstreckungsleiter ebenfalls die Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges einzuholen (Malek, 5. Kap. Rn 51).

 

Rdn 210

3. Ist die Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszugs nicht bereits vorab in der HV oder im Urteil erteilt worden (→BtM-Verfahren, Zurückstellung, Antragsvoraussetzungen, Teil B Rdn 124), hat die Vollstreckungsbehörde die Stellungnahme des Gerichtes einzuholen. Verweigert das Gericht die Zustimmung zur Zurückstellung, so steht der Vollstreckungsbehörde gem. § 35 Abs. 2 S. 1 BtMG dagegen die Beschwerde gem. § 304 StPO zu. Dem Verurteilten selbst steht kein eigenes Beschwerderecht gegen die Versagung der Zustimmung zu, ihm steht lediglich gem. § 35 Abs. 2 S. 2 BtMG die Möglichkeit offen, die Versagung der Zurückstellung später insgesamt anzufechten. (→BtM-Verfahren, Zurückstellung, Rechtsmittel, Teil B Rdn 185).

 

Rdn 211

4. Liegen mehrere (rückstellungsfähige) Freiheitsstrafen unterschiedlicher Vollstreckungsbehörden vor, muss die Vollstreckungsbehörde prüfen, ob auch diese einer Sachbehandlung nach § 35 BtMG zugänglich sind. Gegebenenfalls soll sie den Verurteilten auf die Möglichkeit hinweisen, auch dort eine Zurückstellung zu beantragen. Sofern die Strafen von verschiedenen Staatsanwaltschaften bzw. Jugendrichtern vollstreckt werden, bedarf es der gegenseitigen Information und Abstimmung, um zu vermeiden, dass in einem Verfahren die Vollstreckung zurückgestellt und in einem anderen die Zurückstellung verweigert wird (MüKo-StGB/Kornprobst, § 35 BtMG Rn 126).

 

☆ Um unterschiedliche Entscheidungen unterschiedlicher Behörden zu vermeiden sollte der Verteidiger ggf. schon vor oder gleichzeitig mit dem Zurückstellungsantrag gem. § 451 Abs. 3 StPO die Abgabe der Vollstreckungszuständigkeit an eine einheitliche Behörde anregen .Abgabe der Vollstreckungszuständigkeit an eine einheitliche Behörde anregen.

 

Rdn 212

5.a) Liegen nicht sämtliche Voraussetzungen der Zurückstellung (→ BtM-Verfahren, Zurückstellung, Antragsvoraussetzungen, Teil B Rdn 124) vor, so hat die Vollstreckungsbehörde den Antrag abzulehnen, ohne dass ihr insoweit ein Ermessensspielraum zusteht. Lediglich das Fehlen bzw. die Verweigerung der Zustimmung des Gerichtes des ersten Rechtszuges stellt keinen hinreichenden Ablehnungsgrund dar. Gelangt die...

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