Das Wichtigste in Kürze:

1. Im Aditionsverfahren prüft das nach §§ 367 Abs. 1 S. 1, § 140a GVG zuständige Wiederaufnahmegericht die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags.
2. Das Gericht prüft zunächst die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen.
3. Sodann prüft das Gericht, ob hinsichtlich des Antrags die besonderen wiederaufnahmerechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
4. Über die Zulässigkeit (§ 368) wird ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden.
5. Zeichnet sich eine Entscheidung ab, muss der Verfahrensbeteiligte, für den die Entscheidung negativ ausfällt, nach dem aus § 33 und Art. 103 Abs. 1 GG herzuleitenden Rechtsgedanken des rechtlichen Gehörs vor der verwerfenden Entscheidung angehört werden.
6. Die Zulassung eines Teils des Antrags ist möglich, wenn es sich um abtrennbare Teile des Urteils handelt.
7. Ist der Antrag zulässig, werden die im Antrag genannten Beweise gem. § 369 erhoben und sodann ggf. das Probationsverfahren durchgeführt.
8. Bereits im Aditionsverfahren findet eine kursorische (Beweis-)Würdigung der bisher nur angebotenen, aber noch nicht erhobenen Beweise in Form einer Geeignetheitsprüfung statt.
9. Die Verwerfung des Antrags als unzulässig richtet sich nach § 368 Abs. 1. Sowohl die Entscheidung, dass der Wiederaufnahmeantrag zulässig ist, als auch dessen Verwerfung als unzulässig sind für den jeweils Beschwerten mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
 

Rdn 1441

 

Literaturhinweise:

Hanack, Zur Reform des Rechts der Wiederaufnahme des Verfahrens im Strafprozeß, JZ 1973, 393

Marxen/Tiemann, Die Wiederaufnahme in Strafsachen, 3. Aufl. 2014

Peters, Fehlerquellen im Strafprozess, Band 3, 4. Aufl. 1985

Schünemann, Das strafprozessuale Wiederaufnahmeverfahren propter nova und der Grundsatz "in dubio pro reo", ZStW 84 (1972), 870

Stern, Zur Verteidigung des Verurteilten in der Wiederaufnahme, NStZ 1993, 409

s.a. die Hinw. bei → Wiederaufnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 1054.

 

Rdn 1442

1. Im Aditionsverfahren prüft das nach §§ 367 Abs. 1 S. 1, § 140a GVG zuständige Wiederaufnahmegericht (→ Wiederaufnahme, Zuständigkeit, Teil B Rdn 1464 ff.) die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags. Das Gericht ist dabei gehalten, das einmal begonnene Wiederaufnahmeverfahren in angemessener Zeit durchzuführen (Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK; Peters, Fehlerquellen, S. 140). Der Begriff des sog. Aditionsverfahrens hat seinen Ursprung im lat. "adire" = "herangehen, hingehen" sowie in der speziellen Redewendung "adire at praetorem in ius" = "vor Gericht klagbar werden" (vgl. ausführlich MAH-Strate, § 24, Fn 5 unter Verweis auf Georges, Kleines Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch, 7. Aufl., 1897, S. 38).

 

Rdn 1443

2. Das Gericht prüft zunächst die folgenden, allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. anschaulich zu den Voraussetzungen eines zulässigen Wiederaufnahmeantrags OLG Rostock, Beschl. v. 7.4.2004 – I Ws 117/04). Diese lassen sich nachvollziehen anhand folgender

 

Rdn 1444

 

Checkliste: Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

die allgemeinen Prozessvoraussetzungen, wobei bei Wiederaufnahmen zugunsten des Verurteilten das Rehabilitationsinteresse die Durchführung des Verfahrens trotz Fehlens allgemeiner Prozessvoraussetzungen oder Vorliegens von Prozesshindernissen gebieten kann, wie § 361 verdeutlicht, der analog auf Fälle der Verhandlungsunfähigkeit des Verurteilten, der Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung nach § 79 StGB, der Begnadigung und Amnestie anwendbar ist (Meyer-Goßner/Schmitt, § 361 Rn 1; Marxen/Tiemann, Rn 15 ff.), während hingegen die eingetretene Verfolgungsverjährung einer Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten entgegensteht (zur Berechnung des Fristablaufes vertiefend Marxen/Tiemann, Rn 18; LR-Gössel, § 362 Rn 3);

die Statthaftigkeit des Antrags (vgl. a. → Wiederaufnahme, Antrag, Teil B Rdn 1071, m.w.N.):

Nur gegen rechtskräftige Urteile, rechtskräftige Strafbefehle und – unter analoger Anwendung der §§ 359 ff. – Beschlüsse.

Nicht

  • gegen einen rechtskräftigen Bewährungswiderruf (OLG Düsseldorf StraFo 2004, 146; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996, 176; wistra 2001, 239),
  • im Verfahren nach § 109 StVollzG (OLG Hamburg NStZ 2001, 391), wenn das Urteil noch mit der Revision angegriffen werden kann (LG Göttingen, Beschl. v. 25.8.2005, 8 KLs 4/04),
  • wenn das Ziel lediglich die nachträgliche Anwendung der sog. Vollstreckungslösung ist (OLG Celle NStZ-RR 2010, 386).
die Antragsberechtigung und die Beschwer (vgl. a. → Wiederaufnahme, Antrag, Teil B Rdn 1071, m.w.N.),
die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts (§§ 367 StPO, 140a GVG; → Wiederaufnahme, Zuständigkeit, Teil B Rdn 1464).
 

Rdn 1445

3. Sodann prüft das Gericht hinsichtlich des Antrags folgende

 

Rdn 1446

 

Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen:

ein zulässiges Antragsziel (→ Wiederaufnahme, Wiederaufnahmeziele, Teil B Rdn 1412 ff.),
die Einhaltung von Form und Frist (→ Wiederaufnahme, Antrag, Teil B Rdn 1071 ff.),
das Vorbringen eines Wiederaufnahmegrundes (vgl. dazu im Einzelnen die gesondert dargestellt...

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