Das Wichtigste in Kürze:

1. Grds. gelten im Bußgeldverfahren die Regelungen der StPO (§ 85 Abs. 1 OWiG). § 85 Abs. 2 – 4 OWiG regeln die zu beachtenden Besonderheiten.
2. Hinsichtlich der Antragsberechtigung ergeben sich keine Änderungen zu den allgemeinen Regelungen.
3. Die Wiederaufnahme ist gegen alle im Bußgeldverfahren möglichen Entscheidungen zulässig, nur gegen die Verwarnung nicht.
4. § 85 Abs. 2 OWiG beschränkt die Zulässigkeit der Wiederaufnahme im Fall des § 395 Nr. 5 auf die Fälle, in denen eine Geldbuße oder Nebenfolge im Wert von mindestens 250,- EUR verhängt wurde oder die noch nicht drei Jahre rechtskräftig sind.
5. Die Wiederaufnahme zulasten des Betroffenen ist nur zulässig, wenn eine Verurteilung nach einem Strafgesetz erfolgen soll (§ 85 Abs. 3 OWiG).
6. § 85 Abs. 4 OWiG regelt die Zuständigkeit des Gerichts.
7. Im Verfahren gelten einige Besonderheiten.
 

Rdn 1234

 

Literaturhinweise:

Fromm, Das Rechtsinstitut des Wiederaufnahmeverfahrens in Verkehrs-Bußgeldsachen mit dem Ziel des Freispruchs, § 85, VRR 2011, 47

Krumm, Wiederaufnahmeverfahren nach Messung mit Poliscan Speed, DAR 2011, 46

s. die Hinw. bei → Wiederaufnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 1054.

 

Rdn 1235

1. Eine Wiederaufnahme ist grds. auch in Bußgeldsachen möglich und richtet sich gem. § 85 Abs. 1 OWiG nach den entsprechenden Regelungen in der StPO. Die zu beachtenden Besonderheiten für die Wiederaufnahme ergeben sich lediglich aus den §§ 85 Abs. 2 – 4 OWiG (vgl. auch Burhoff/Gübner, OWi, Rn 4502 ff.).

 

Rdn 1236

2. Hinsichtlich der Antragsberechtigung ergeben sich keine Änderungen zu den allgemeinen Regelungen (→ Wiederaufnahme, Antrag, Teil B Rdn 1071 ff.). Die Verwaltungsbehörde hat nach §§ 365, 296 ff. kein eigenes Antragsrecht, sondern kann die Wiederaufnahme lediglich bei der StA anregen (BeckOK OWiG/Ganter, § 85 Rn 25; KK-OWiG/Lutz, § 85 Rn 35).

 

Rdn 1237

3. Die Wiederaufnahme kann sich richten gegen

einen Bußgeldbescheid einer Verwaltungsbehörde,
das Urteil eines Gerichts im Bußgeldverfahren,
ein strafgerichtliches Urteil (auch Strafbefehl), wenn darin eine Geldbuße oder Nebenfolge wegen einer Ordnungswidrigkeit verhängt wurde oder der Angeklagte insoweit freigesprochen wurde,
einen Beschluss nach § 72 OWiG,
ein Urteil oder einen Beschluss nach einer Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 5, 6 OWiG),
die Einstellung wegen eines nicht behebbaren Verfahrenshindernisses (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 206a oder § 260 Abs. 3).
 

Rdn 1238

Die jeweilige Entscheidung muss materiell rechtskräftig geworden sein. Hierbei ist aber zu beachten, dass der Bußgeldbescheid nur eine beschränkte Rechtskraft aufweist und lediglich die Verfolgung weiterer Ordnungswidrigkeiten hindert, nicht aber die Verfolgung von Straftaten (§ 84 Abs. 1 OWiG). Wurde ein Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG aus Opportunitätsgründen eingestellt, bedarf es bei neuen Tatsachen keines Wiederaufnahmeverfahrens. Die Verwarnung kann gem. § 56 OWiG nicht mit der Wiederaufnahme angefochten werden (vgl. KK-OWiG/Lutz, § 85 Rn 4 f.).

 

☆ Hat der Antragsteller gegen den Bußgeldbescheid keinen Einspruch eingelegt und strengt er nun das Wiederaufnahmeverfahren unter Hinweis auf einen erst jetzt benannten Zeugen und damit auf ein neues Beweismittel an, trifft ihn eine erweiterte Darlegungslast (→  Wiederaufnahmeverfahren, Darlegungslast, erweiterte , Teil B Rdn  1247  ff.): Er muss ausführen, weswegen er nicht schon im Ursprungsverfahren Einspruch eingelegt und diesen Zeugen nicht schon damals benannt hat (LG Landshut VRR 2014, 193 m. Anm. Werning ; LG Stuttgart VRR 2008, 283; Burhoff/Gübner , OWi, Rn 4506).gegen den Bußgeldbescheid keinen Einspruch eingelegt und strengt er nun das Wiederaufnahmeverfahren unter Hinweis auf einen erst jetzt benannten Zeugen und damit auf ein neues Beweismittel an, trifft ihn eine erweiterte Darlegungslast (→ Wiederaufnahmeverfahren, Darlegungslast, erweiterte, Teil B Rdn 1247 ff.): Er muss ausführen, weswegen er nicht schon im Ursprungsverfahren Einspruch eingelegt und diesen Zeugen nicht schon damals benannt hat (LG Landshut VRR 2014, 193 m. Anm. Werning; LG Stuttgart VRR 2008, 283; Burhoff/Gübner, OWi, Rn 4506).

 

Rdn 1239

4.a) Auch für die Antragsziele gelten bei der Wiederaufnahme zugunsten des Betroffenen die allgemeinen Regeln nach § 85 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 363 Abs. 1, wonach das Ziel einer milderen Bußgeldentscheidung nur dann zulässig ist, wenn sie aufgrund eines anderen Gesetzes als Bemessungsgrundlage erfolgen muss. Die Berufung nur auf eine andere Strafzumessungsrichtlinie genügt dagegen nicht (so AG Hamburg-Altona NZV 1994, 451, 452; a.A. – jedoch mangels Abgrenzungskriterien kaum überzeugend – Marxen/Tiemann, Rn 545, wonach auch dann ein zulässiges Antragsziel vorliegen soll, wenn eine "wesentliche Milderung" zu erwarten sei). Auch eine geringere Beteiligungsform reicht wegen des Einheitstäters im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht aus (KK-OWiG/Lutz, § 85 Rn 32).

 

Rdn 1240

b) Eine Ausnahme gilt im Fall der Wiederaufnahme nach § 395 Nr. 5. Nach § 85 Abs....

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