Das Wichtigste in Kürze:

1. Im Fall der Erledigung der angefochtenen Maßnahme kann der Antragsteller sein Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser richten, wenn er hierfür ein berechtigtes Interesse hat.
2. Ein solches Interesse wird von der Rspr. bei konkreter Wiederholungsgefahr, eingeschränkt auch bei diskriminierenden und schwerwiegenden Eingriffen sowie zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses angenommen.
3. Ein Vorverfahren nach § 24 Abs. 2 EGGVG ist in diesem Fall nicht erforderlich.
4. Nach h.M. entfällt bei Erledigung das Erfordernis der Durchführung eines in der Sache erfolglosen Vorschaltverfahrens im Sinne des § 24 Abs. 2 EGGVG.
5. "Erledigt" sich nach Antragsstellung eine Untätigkeit der Behörde (§ 27 EGGVG) durch eine Entscheidung der Justizbehörde in der Sache, muss der Antrag auf einen solchen nach § 23 Abs. 1 EGGVG – nunmehr gegen die getroffene Maßnahme – umgestellt werden.
6. Hat der Antragsteller nach Erledigung der Maßnahme kein besonderes Feststellungsinteresse, ist eine Rücknahme des ursprünglichen Antrags aus Kostengründen zu vermeiden.
 

Rdn 370

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 310.

 

Rdn 371

1. Fällt die von einem Justizverwaltungsakt ausgehende Beschwer nachträglich weg, kann hiergegen nicht mehr mit einem Anfechtungsantrag vorgegangen werden. Für diesen Fall eröffnet § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG die Möglichkeit, den erhobenen Anfechtungsantrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umzustellen.

 

Rdn 372

Unbestritten findet die Regelung des § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG analoge Anwendung in der Konstellation, bei der sich die angefochtene Maßnahme bereits vor Anrufung des Gerichts erledigt hat (OLG Frankfurt/Main NJW 1965, 2315). Ebenfalls kann mit einem solchen Feststellungsantrag die Rechtswidrigkeit der Ablehnung eines vom Antragsteller begehrten Justizverwaltungsaktes geltend gemacht werden, wenn dieser aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr erlangt werden kann (KG StV 1985, 70, 71).

 

Rdn 373

2. Erledigung liegt vor, wenn ein außerprozessuales Ereignis eine Aufhebung der Maßnahme unmöglich gemacht oder dazu geführt hat, dass der Antragsteller aus anderen Gründen kein Interesse an der Aufhebung mehr haben kann (LR-Böttcher, § 28 EGGVG Rn 7). Dies ist der Fall etwa in folgenden

 

Rdn 374

 

Beispielsfällen:

Rücknahme der angefochtenen Maßnahme durch die Justizbehörde,
Ersetzung der Maßnahme durch eine andere,
Zeitablauf,
Rechtsänderung,
Vollzug der Maßnahme, wenn danach keine unmittelbaren nachteiligen Auswirkungen für den Antragsteller bestehen (zur Besonderheit der Vollziehung eines Vollstreckungshaftbefehls s. → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Maßnahmen im Strafvollstreckungsverfahren, Teil B Rdn 436).
 

Rdn 375

3. Zulässig ist ein solches Feststellungsbegehren nur, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an einer entsprechenden Feststellung der Rechtswidrigkeit hat. Entsprechend der im Verwaltungsprozessrecht zu § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO entwickelten Kasuistik ist ein solches Interesse in folgenden Konstellationen anzunehmen:

 

Rdn 376

a) Wiederholungsgefahr muss konkret gegeben sein. Bloß allgemeine Befürchtungen reichen nicht (BGH NJW 1990, 2758, 2759; OLG Hamm NStZ 1989, 85; OLG Koblenz StV 1994, 284, 286).

 

Rdn 377

b) Geht es um die Rehabilitierung des Antragstellers beschränkt die Rspr. dies auf die Fälle, in denen ein Nichtbeschuldigter eine Maßnahme mit diskriminierendem Charakter erfährt. Der Beschuldigte könne seine Rehabilitierung i.d.R. in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren bzw. durch Entschädigung nach StrEG geltend machen (BGH NJW 1990, 2758, 2759; KG NStZ 1986, 135; OLG Hamm NStZ 1989, 85; OLG Koblenz StV 1994, 284, 286; OLG Nürnberg NStZ 1986, 575). Die Gegenansicht der Lit. beruft sich darauf, dass Einstellung oder Freispruch i.d.R. nichts über die Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen besage (Bottke StV 1986, 120, 125; Feiter, S. 129 f.). Tatsächlich dürfte eine pauschale Verweisung des Beschuldigten auf die Möglichkeit einer Rehabilitierung im anhängigen Strafverfahren zu kurz greifen (LR-Böttcher, § 28 EGGVG Rn 11). Weil bei Maßnahmen im EV gegen den Beschuldigten aufgrund einer vorrangigen Anwendbarkeit von § 98 Abs. 2 S. 2 indessen nur noch selten der Rechtsweg nach § 23 EGGVG eröffnet ist, (s. → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Maßnahmen im Ermittlungsverfahren, Teil B Rdn 400), ist der Streit jedenfalls an dieser Stelle von untergeordneter Bedeutung.

 

Rdn 378

c) Bei sonstigen Eingriffen in Grundrechte ist zu unterscheiden: Die fehlende Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung erledigter Maßnahmen ist grds. mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Handelt es sich aber um schwerwiegende Eingriffe, bei denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gege...

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