Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Frage, ob sich ein Betroffener auch während eines laufenden EV mit einem Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG gegen Maßnahmen der Ermittlungsbehörden zur Wehr setzen kann ist noch nicht abschließend geklärt.
2. Gegen die Begründung der Eigenschaft als Beschuldigter und die (weitere) Durchführung eines Ermittlungsverfahrens steht dem Betroffenen nach h.M. kein Rechtsschutz zur Verfügung.
3. Nach h.M. sind Maßnahmen im EV weitgehend der Anfechtbarkeit nach §§ 23 ff. EGGVG entzogen.
4. Von dem Postulat fehlender Anfechtbarkeit Prozess gestaltender Maßnahmen der StA im Ermittlungsverfahren ausgehend, macht auch die h.M. aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes dann eine Ausnahme, wenn eine entsprechende Maßnahme in Grundrechte des Beschuldigten oder Dritten eingreift.
5. Gegen repressive Maßnahmen der Polizei ist der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG dennoch ebenfalls regelmäßig ausgeschlossen, da eine gerichtliche Kontrolle über eine analoge Anwendung von § 98 Abs. 2 S. 2 erfolgt. Handelt die Polizei hingegen präventiv, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet.
6. Nehmen die Finanzbehörden in steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach §§ 386 Abs. 2, 399 Abs. 1 oder § 402 Abs. 1 AO Maßnahmen vor, unterliegen diese den Rechtsbehelfen der StPO.
7. Gegen die Ablehnung der Ersetzung eines befangenen StA besteht allein die Möglichkeit zu einer Gegenvorstellung bzw. Dienstaufsichtsbeschwerde.
8. Geben StA oder Polizei- bzw. Finanzbehörden eine Presseerklärung in Zusammenhang mit einem laufenden EV zur Information der Öffentlichkeit ab, kann sich ein Betroffener nach Auffassung der Rspr. der ordentlichen Gerichtsbarkeit hiergegen über §§ 23 ff. EGGVG zur Wehr setzen.
 

Rdn 401

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 310.

 

Rdn 402

1. Ein weitestgehend noch nicht abgeschlossenes Diskussionsfeld bietet die Frage, ob sich ein Betroffener auch während eines laufenden EV mit einem Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG gegen Maßnahmen der Ermittlungsbehörden zur Wehr setzen kann.

 

Rdn 403

2. Gegen die Begründung der Eigenschaft als Beschuldigter und die (weitere) Durchführung eines Ermittlungsverfahrens steht dem Betroffenen nach h.M. kein Rechtsschutz zur Verfügung (KG StraFo 2010, 428; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2008, 78; OLG Hamburg NJW 1972, 1586; OLG Hamm, Beschl. v. 11.3.2014 – 1 VAs 13/14; OLG Jena NStZ 2005, 343; OLG Karlsruhe NStZ 1982, 434; OLG Stuttgart OLGSt § 23 EGGVG, Nr. 11, S. 18; i.E. a. Bottke StV 1986, 120, 121). Solche Maßnahmen der StA seien funktional nicht der Justizverwaltung, sondern der Rechtspflege zuzuordnen. Als Ausdruck Prozess gestaltender Betätigung können diese nicht einer besonderen gerichtlichen Nachprüfung außerhalb des Strafverfahrensrechts unterliegen (Altenhain DRiZ 1970, 105). Dies gelte auch bei einer verzögerlichen Bearbeitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (OLG Hamm NStZ 1983, 38, 39). Solche Maßnahmen lassen sich daher allenfalls mit den in der StPO vorgesehenen Mitteln angreifen (Kissel/Mayer, § 23 EGGVG Rn 31).

 

Rdn 404

Dem gegenüber vertritt eine beachtliche Meinung im Schrifttum die Auffassung, dass §§ 23 ff. EGGVG auch derartige Prozesshandlungen der StA einschließe und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ein entsprechender Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, den die StPO gerade nicht vorsieht (Eisenberg/Conen NJW 1998, 2241, 2247; Kölbel JR 2006, 322, 323; Füßer/Viertel NStZ 1999, 116, 118; Brete/Thomsen wistra 2008, 367, 370; siehe nun auch BayVGH, Beschl. v. 10.12.2015 – 5 C 15.2518).

 

☆ Das letzte Wort ist in der hierzu stattfindenden Diskussion wohl noch nicht gesprochen . Das BVerfG neigt dazu, im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG eine Ausnahme vom Grundsatz der Unanfechtbarkeit staatsanwaltschaftlicher Prozesshandlungen zu bejahen, wenn ein Verstoß gegen das Willkürverbot geltend gemacht wird (vgl. etwa NStZ 2004, 447). Dem folgend schließen Teile der Rspr. jedenfalls in extremen Fällen eine Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG nicht mehr kategorisch aus (OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2008, 78; OLG Jena NStZ 2005, 343; OLG Schleswig SchlHA 2008, 268). Den Entscheidungen des BVerfG ist indessen nicht zu entnehmen, dass die Überprüfung analog §§ 23 ff. EGGVG durch das OLG zu erfolgen habe (KG StraFo 2010, 428; s.a. Nagel StV 2001, 185, 188 [Rechtsschutz über § 98 Abs. 2 S. 2 analog denkbar]. Die weitere Entwicklung bleibt daher abzuwarten.letzte Wort ist in der hierzu stattfindenden Diskussion wohl noch nicht gesprochen. Das BVerfG neigt dazu, im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG eine Ausnahme vom Grundsatz der Unanfechtbarkeit staatsanwaltschaftlicher Prozesshandlungen zu bejahen, wenn ein Verstoß gegen das Willkürverbot geltend gemacht wird (vgl. etwa NStZ 2004, 447). Dem folgend schließen Teile der Rspr. jedenfalls in extremen Fällen eine Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG nicht mehr kategorisch aus (OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2008, 78; OLG Jena NStZ 200...

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