Das Wichtigste in Kürze:

1. Generell unterfallen Maßnahmen der StA bei der Strafvollstreckung der Anfechtbarkeit nach §§ 23 ff. EGGVG, weil die Tätigkeit als Vollstreckungsbehörde zum Gebiet der Justizverwaltung gerechnet wird. Wegen § 23 Abs. 3 EGGVG gehen indessen die bereits in der StPO enthaltenen Rechtsschutzmöglichkeiten vor.
2. Häufiger Anwendungsfall der §§ 23 ff. EGGVG ist die Entscheidung der StA nach § 456a.
3. Häufig Gegenstand eines Antrags nach §§ 23 ff. EGGVG ist die Entscheidung der StA, die Strafvollstreckung nicht nach § 35 BtMG zurückzustellen.
4. Zwangsmaßnahmen zur Durchführung der Strafvollstreckung (Vorführungs- und Vollstreckungshaftbefehl nach § 457 Abs. 2) sind nach §§ 23 ff. EGGVG angreifbar.
5. Entscheidungen der StA, die die Unterbrechung von Strafhaft betreffen, können ggf. nach §§ 23 ff. EGGVG anfechtbar sein.
6. Entscheidungen der StA über die Reihenfolge der Vollstreckung mehrerer Freiheitsstrafen (§ 43 StrVollstrO) unterfallen der Anfechtungsmöglichkeit der §§ 23 ff. EGGVG.
7. Lehnt die StA die Möglichkeit, die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Erbringung gemeinnütziger Arbeit abwenden zu können, ab kann ggf. der Rechtsweg nach den § 3 23 ff. EGGVG eröffnet sein.
8. Wird ein Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung an das Heimatland des Verurteilten zu richten (§ 71 Abs. 1 IRG) abgelehnt, unterliegt das ausgeübte Ermessen der gerichtlichen Kontrolle nach §§ 23 ff. EGGVG.
9. Im Rahmen der Vollstreckung von jugendrichterlichen Entscheidungen durch den Jugendrichter als Vollstreckungsleiter (§ 82 Abs. 1 JGG) hängt die Art des Rechtsschutzes von der Funktion des Jugendrichters im konkreten Fall ab.
10. Die Ablehnung von Gnade ist aufgrund der außerrechtlichen Natur des Gnadenakts unanfechtbar.
 

Rdn 418

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 310.

 

Rdn 419

1.a) Generell unterfallen Maßnahmen der StA bei der Strafvollstreckung der Anfechtbarkeit nach §§ 23 ff. EGGVG, weil die Tätigkeit als Vollstreckungsbehörde zum Gebiet der Justizverwaltung gerechnet wird. Ob die Maßnahme durch den funktionell zuständigen Rechtspfleger oder den StA ergangen ist, spielt dabei keine Rolle (§ 31 Abs. 6 RPflG). Zudem ist regelmäßig nach § 21 StrVollstrO ein Vorschaltverfahren durchzuführen (vgl. hierzu → Justizverwaltungsakte, Anfechtung [§§ 23 ff. EGGVG], Durchführung eines Vorverfahrens, Teil B Rdn 358).

 

Rdn 420

Wegen § 23 Abs. 3 EGGVG gehen indessen die bereits in der StPO enthaltenen Rechtsschutzmöglichkeiten vor (vgl. a. → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Vollstreckungsverfahren, Teil B Rdn 242). Dies gilt für folgende

 

Rdn 421

 

Beispielsfälle:

Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung allgemein (wie z.B. fehlende Rechtskraft, Verjährung, Strafaussetzung zur Bewährung),
den Rechtsschutz gegen Entscheidungen zu Strafzeitberechnung nach §§ 37 ff. StrVollstrO (§ 458 Abs. 1),
Unterbrechungen nach § 454b Abs. 2,
Strafaufschub und -unterbrechung nach § 455,
Strafaufschub nach § 456,
Anordnung der Nachholung der Strafvollstreckung nach § 456a Abs. 2 S. 3 (§ 458 Abs. 2; vgl. zur Abgrenzung zum Widerruf der Absehensentscheidung nach § 456a OLG Hamm NStZ-RR 2013,30; vgl. auch Rdn 424 ff.),
Zahlungserleichterungen bei Geldstrafe nach § 459a,
Geldstrafenbeitreibung nach § 459c,
Anordnung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe nach § 459e (§ 459h).
 

Rdn 422

b) Insbesondere gegen die Ladung zum Strafantritt (§ 27 StrVollstrO) ist hingegen der Rechtsweg nach § 23 Abs. 1 EGGVG eröffnet, sei es, weil der Verurteilte direkt eine Aufnahme in den offenen Vollzug anstrebt (OLG Hamm NStZ-RR 2008, 357 358, OLG Naumburg OLGSt § 10 StVollzG Nr. 3, S. 4; OLG Zweibrücken StraFo 2010, 129, 130), oder weil er in eine vom Vollstreckungsplan abweichende JVA aufgenommen werden will (OLG Hamm NStZ-RR 2012, 126, zugleich zu den Anforderungen an einen zulässigen Antrag) oder weil er die Ladung selbst für rechtsmissbräuchlich erachtet (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.2.2014 – 3 Ausl 22/14). Befindet sich der Verurteilte bereits in Haft, ist auch die Entscheidung über die Einweisung in eine andere JVA nach § 23 EGGVG (und nicht gem. § 109 StVollzG) angreifbar (OLG Celle Beschl. v. 27.5.2008 – 1 Ws 203/08; OLG Karlsruhe NStZ-RR 1998, 378, 379; OLG Schleswig SchlHA 2008, 268; OLG Stuttgart NStZ 1997, 103, 104). Nach Auffassung des OLG Frankfurt/Main (NStZ-RR 2012, 389) erfolgt in Hessen Rechtsschutz nur über §§ 109 ff. StVollzG.

 

Rdn 423

c) Die für die Einleitung des Strafvollstreckungsverfahrens notwendige Bescheinigung (§ 451 Abs. 1 StPO) erlässt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des erkennenden Gerichts. Seine Entscheidung zählt daher noch zum gerichtlichen Verfahren, sodass §§ 23 ff. EGGVG keine Anwendung findet. Unbeschadet des Fehlens einer speziellen Regelung steht dem Verurteilten hiergegen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu (Radtke/Hohmann/Baier, § 451 Rn 19). Nimmt die StA die Volls...

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