Das Wichtigste in Kürze:

1. Jedes eingelegte Rechtsmittel und jeder eingelegte Rechtsbehelf kann nach § 302 auch wieder zurückgenommen werden.
2. Ein Rechtsmittel kann auch nur teilweise zurückgenommen werden.
3. Die Rücknahme ist zwar nicht fristgebunden, geht aber ins Leere, wenn über das Rechtsmittel/den Rechtsbehelf bereits rechtkräftig entschieden wurde.
4. Wurde das Rechtsmittel/der Rechtsbehelf wirksam zurückgenommen, ist das Verfahren insoweit beendet.
5. Liegt eine Rücknahmeerklärung vor, wird ihre Wirksamkeit durch das Gericht geprüft. Gegen die Feststellung der Wirksamkeit kann nur im Berufungsverfahren sofortige Beschwerde eingelegt werden.
 

Rdn 1654

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Die richtige Bemessung der Sperrfrist, VA 2002, 126

ders., Entziehung der Fahrerlaubnis – Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer und Sperrfrist, VA 2012, 142

ders., Die Rechtsprechung im Verkehrsstrafrecht in den Jahren 2010 – 2012 Teil 1, VRR 2013, 246

ders., Die Rechtsprechung im Verkehrsstrafrecht in den Jahren 2010 – 2012 Teil 2, VRR 2014, 48

ders., Die Rechtsprechung zur Entziehung der Fahrerlaubnis im Verkehrsstrafrecht in den Jahren 2010 – 2012, VRR 2014, 208

Dencker, Willensfehler bei Rechtsmittelverzicht und Rechtsmittelrücknahme im Strafprozeß, 1972

Eisenberg/Müller, Widerrufbarkeit der auf Irrtum beruhenden eigenhändigen Revisionsrücknahme eines in Haft befindlichen Minderjährigen?, Jura 2006, 54

Gericke, Anmerkung zu BGHSt 55, 82, NStZ 2011, 110

Kuhli, Die Anforderungen an die Ermächtigung zu Rechtsmittelrücknahme oder -verzicht gemäß § 302 II StPO. Zugleich Anmerkung zu KG (Schiffsobergericht Berlin [sic!]), Beschl. vom 19.1.2009 – 3 Ws 474/08, HRRS 2009, 290

Malek, Anmerkung zu BGHSt 55, 82, StraFo 2010, 251

Meyer-Goßner, Verlust der Revision durch Zurücknahme? Replik zum Beitrag von Niemöller, StV 2010, 597, StV 2011, 53

Niemöller, Führt die Zurücknahme der Revision zum Verlust des Rechtsmittels?, StV 2010, 597

ders., Duplik zu Meyer-Goßner, StV 2011, 54: Staudinger, Verständigung und Rechtsmittelverzicht, HRRS 2010, 347.

 

Rdn 1655

1. Jedes eingelegte Rechtsmittel und jeder eingelegte Rechtsbehelf kann (SK-Frisch, § 302 Rn 1 [prozessdogmatisch selbstverständlich]) auch wieder zurückgenommen werden. Dies folgt aus der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelführers (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Befugnis, Teil A Rdn 1323 ff.). So kann ein Rechtsmittel bereits in der Absicht, es wieder zurückzunehmen, eingelegt worden sein, wenn es auf eine ausführliche Urteilsbegründung ankommt. Auch kann es darum gegangen sein, dass zunächst die Vollstreckung gehemmt werden soll (§§ 316 Abs. 1, 343 Abs. 1), wenn etwa eine Therapiezusage noch nicht vorliegt, dem Mandanten aber zwischenzeitlich der Vollzug erspart bleiben soll, dem Mandanten noch Zeit eingeräumt werden muss, um vor dem Strafantritt seine Angelegenheiten zu ordnen oder der Mandant aus Gründen des Familienbesuch noch etwas in U-Haft bleiben will, bevor er die Strafe in der nach dem Vollzugsplan zuständigen (weiter entfernten) JVA verbüßt.

 

☆ Dies gilt auch für unzulässige Rechtsmittel , die ebenfalls eingelegt werden können, um – kurzfristig – die Vollstreckung zu hemmen.unzulässige Rechtsmittel, die ebenfalls eingelegt werden können, um – kurzfristig – die Vollstreckung zu hemmen.

 

Rdn 1656

2. Ein Rechtsmittel kann auch nur teilweise zurückgenommen werden. Häufigster Fall ist die Beschränkung des Rechtsmittels in einer HV (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Berufung, Beschränkung, Allgemeines, Teil A Rdn 234 f.), zu der der Rechtsmittelgegner seine Zustimmung erteilen muss (§ 303 S. 1).

Verfahrensrechtlich zeitigt die Teilrücknahme die gleiche Wirkung wie die Einlegung eines von vornherein beschränkten Rechtsmittels (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Verzicht, Teil A Rdn 1735 ff.). Im Unterschied dazu kann sie aber dazu führen, dass das im Umfang der Aufrechterhaltung erfolgreiche Rechtsmittel nicht zu einem entsprechenden Ausspruch über die Kosten und notwendigen Auslagen (§ 473 Abs. 4) führt.

 

Rdn 1657

3. Die Rücknahme ist zwar nicht fristgebunden, geht aber ins Leere, wenn über das Rechtsmittel/den Rechtsbehelf bereits rechtkräftig entschieden wurde (BGH NStZ 2011, 713). Das gilt auch bei Aufhebung und Zurückverweisung, wenn der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist (OLG Stuttgart NJW 1982, 897) oder die Feststellungen zum Tatgeschehen aufrechterhalten wurden (OLG Zweibrücken NStZ 2010, 459).

 

☆ Im Fall einer vorausgegangenen Verständigung (§ 257c) kann die Rücknahme nach der Rspr. des BGH bereits vor Ablauf der Einlegungsfrist erklärt werden (BGHSt 55, 82 StRR 2010, 263 m. Anm. Burhoff ; a.A. die Lit., wie Meyer-Goßner/Schmitt , § 302 Rn 26f; Gerke NStZ 2011, 110; Malek StraFo 2010, 251; Niemöller StV 2010, 474; Staudinger HRRS 2010, 347, jew. in den Anm. zu BGH, a.a.O).Verständigung (§ 257c) kann die Rücknahme nach der Rspr. des BGH bereits vor Ablauf der Einlegungsfrist erklärt werden (BGHSt 55, 82 StRR 2010, 263 m. Anm. Burhoff; a.A. die Lit., wie Meyer-Goßner/Schmitt, § 302 Rn...

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