Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Rechtsmittelbelehrung sichert u.a. den Anspruch auf rechtliches Gehör.
2. Die Rechtsmittelbelehrung ist grds. für befristete Rechtsmittel in § 35a geregelt.
3. Die StPO enthält auch noch an anderen Stellen Belehrungserfordernisse.
 

Rdn 1338

 

Literaturhinweise:

Heldmann, Ausländer und Strafjustiz, StV 1981, 252

Schünemann, Von Lissabon über Karlsruhe nach Stockholm. Demokratisches Defizit, mangelnder Mindeststandard, Verlustliste der Verteidigung, StRR 2011, 130

Ulrici, Wiedereinsetzung bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung, ZZP 124, 219.

 

Rdn 1339

1. Die Rechtsmittelbelehrung ist unverzichtbarer Teil des Kommunikationsprozesses jedes rechtsstaatlichen Verfahrens, da sich nur mit ihrer Hilfe der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), insgesamt betrachtet: der Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1, 29 Abs. 3 GG) verwirklichen lassen. Sie soll den Verfahrensbetroffenen namentlich vor nachteiligen Folgen seiner Rechtsunkenntnis schützen (OLG Stuttgart StraFo 2007, 114).

 

Rdn 1340

2.a) § 35a S. 1 sieht für befristete Rechtsmittel eine Belehrung vor, und zwar für Berufung, Revision und sofortige Beschwerde.

 

Rdn 1341

b) Die Rechtsmittelbelehrung nach vorangegangener Verständigung (§ 257c) hat in qualifizierter Form (§ 35a S. 3) zu erfolgen. Die Qualifizierung der Rechtsmittelbelehrung liegt allein darin, dass der Angeklagte ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, dass es ihm (trotz vorangegangener Verständigung, § 257c) frei steht, gegen das auf der Verständigung beruhende Urteil Rechtsmittel einzulegen (vgl. Burhoff, HV, Rn 2179 m.w.N.). Allein der Umstand, dass in der qualifizierten Form belehrt worden ist, muss in das HV-Protokoll aufgenommen werden (BGH StraFo 2009, 335; Meyer-Goßner/Schmitt, § 35a Rn 20).

 

Rdn 1342

3.a) Weitere Belehrungsregelungen enthalten für die

Abwesenheitsverhandlung und der möglichen Rechtsfolgen § 233 Abs. 2,
Aufrechterhaltung der Haft §§ 115 Abs. 4 S. 1, 115a Abs. 3 S. 2,
Berufungsverwerfung durch das AG § 319 Abs. 2 S. 3,
Beschlagnahme § 98 Abs. 2 S. 5,
Einhaltung der Ladungsfrist § 228 Abs. 3,
Einspruchsmöglichkeit gegen einen Strafbefehl § 409 Abs. 1 S. 1 Nr. 7,
Revisionsverwerfung durch das LG § 346 Abs. 2 S. 3,
Unterbringung § 126a,
Verhaftung § 114b Abs. 2 S. 1.
 

☆ Zu belehren ist im ggf. auch über Anfechtungsmöglichkeiten, wenn eine Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen beantragt, aber versagt wurde (§ 9 Abs. 1 S. 5, § 10 Abs. 2 S. 4, § 11 Abs. 2 StrEG). Gleiches gilt für denjenigen, gegen den ein Ordnungsmittel verhängt wurde (§ 181 Abs. 1 GVG).Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen beantragt, aber versagt wurde (§ 9 Abs. 1 S. 5, § 10 Abs. 2 S. 4, § 11 Abs. 2 StrEG). Gleiches gilt für denjenigen, gegen den ein Ordnungsmittel verhängt wurde (§ 181 Abs. 1 GVG).

 

Rdn 1343

b) Über die Möglichkeit, gegen die Versäumung einer Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen zu können (§§ 44 f.), muss der Verfahrensbetroffene nicht in jedem Fall belehrt werden (BGH NStZ 1997, 560; KMR-Ziegler, § 35a Rn 4 m.w.N.), da es sich weder um ein Rechtsmittel noch um einen förmlichen Rechtsbehelf handelt (→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Allgemeines, Teil B Rdn 1479 ff.). Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Belehrung nur bei Zustellung eines Abwesenheitsurteils (§ 235 S. 2). Aus diesem Grund und in Ansehung von Nr. 142 Abs. 3 S. 2 RiStBV wendet die h.M. § 35a entsprechend auf die Fälle des Ausbleibens in der (Berufungs-)HV (§§ 329 Abs. 3, 412 S. 1) an. Das BVerfG fordert eine Belehrung auch bei Fehlern, die den Gerichten zuzurechnen sind (BVerfG NJW 2005, 3629; Rpfleger 2002, 279; Beschl. v. 2.3.2014 – 2 BvR 53/13).

 

Rdn 1344

c) Die Nr. 142 RiStBV sieht vor:

 

(1) Ist der Angeklagte bei der Verkündung des Urteils anwesend, so belehrt ihn der Vorsitzende über die zulässigen Rechtsmittel (§ 35a StPO). Dabei wird dem Angeklagten ein Merkblatt ausgehändigt, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen werden kann. Bei einem Angeklagten, der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, hat die durch den hinzugezogenen Dolmetscher (Nr. 181 Abs. 1) zu vermittelnde Rechtsmittelbelehrung den Hinweis zu enthalten, dass die schriftliche Rechtsmitteleinlegung in deutscher Sprache erfolgen muss. Die Belehrung wird im Protokoll über die Hauptverhandlung vermerkt.

(3) Ist der Angeklagte bei der Verkündung des Urteils abwesend, so ist er über die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels schriftlich zu belehren, sofern er nicht durch einen mit einer schriftlichen Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten war; es genügt, wenn dem zuzustellenden Urteil ein Merkblatt beigefügt und dies in der Zustellungsurkunde vermerkt wird. In den Fällen der §§ 232, 329 Abs. 1 und 2 und des § 412 StPO ist der Angeklagte zugleich über sein Recht zu belehren, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen (§§ 235, 329 Abs. 3 StPO).

Siehe auch: → R...

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