Das Wichtigste in Kürze:

1. Bei einer Anfechtung von Erziehungsmaßregeln und/oder Zuchtmittel darf sich die Revision weder im Antrag noch in der Begründung auf die Rechtsfolgen beschränken.
2. Aufgrund der Besonderheiten des JGG-Verfahrens ergeben sich neben den allgemeinen Rügen auch besondere Verfahrensrügen.
3. Mit der Sachrüge kann gerügt werden, dass die Voraussetzungen für die Verhängung einer Jugendstrafe nicht vorlagen.
4. § 357 (Erstreckung auf Nichtrevidenten) ist nicht zugunsten eines früheren Mitangeklagten anwendbar, für den die Revision wegen § 55 Abs. 2 JGG unzulässig war.
 

Rdn 868

 

Literaturhinweise:

Altenhain, Zur Rechtskraftdurchbrechung bei der nach § 55 II JGG unzulässigen Revision, NStZ 2007, 283

Baumhöfener, Schwere der Schuld i.S.d. § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG bei erfolgsqualifizierten Delikten, ZJJ 2011, 428

Eisenberg, Zur verfahrensrechtlichen Stellung der Jugendgerichtshilfe, StV 1998, 304

ders., Anwendungsmodifizierung bzw. Sperrung von Normen der StPO durch Grundsätze des JGG, NStZ 1999, 281

ders., Erziehungsbedürftigkeit und -fähigkeit als Voraussetzungen der Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld (§ JGG § 17 JGG § 17 Absatz II Alt. 2 i.V.m. § JGG § 2 JGG § 2 Absatz I 2 JGG), NStZ 2013, 636

Jacobs, Zur Verwertbarkeit einer Beschuldigtenvernehmung bei Verstößen gegen § 67 Abs. 1 JGG, StRR 2007, 170

Meyer-Goßner, Revisionserstreckung und Jugendstrafrecht. § 357 StPO und § 55 Abs. 2 Satz 1 JGG: Über das Zusammentreffen zweier verfehlter Vorschriften in: FS-Eisenberg 2010, S. 399

Mohr, Zur Problematik der Verbindung von Jugend- und Erwachsenenstrafverfahren, JR 2006, 499

Möller, Führen Verstöße gegen § 67 I JGG bei polizeilichen Vernehmungen eines jugendlichen Beschuldigten zu einem Beweisverwertungsverbot?, NStZ 2012, 113

Pedal, Die Voraussetzungen der Jugendstrafe, JuS 2008, 414

Prittwitz, Scheinbegünstigung und Scheinfürsorge StV 2007, 52

Satzger, Überlegungen zur Anwendbarkeit des § 357 StPO auf nach Jugendstrafrecht Verurteilte – gibt es einen abweichenden Maßstab für Gerechtigkeit gegenüber Jugendlichen? in: FS-Böttcher, 2007, S. 175

Swoboda Zur Frage einer Revisionserstreckung trotz Revisionsausschlusses im Jugendstrafverfahren, HRRS 2006, 376

s.a. die Hinw. bei → JGG-Besonderheiten, Allgemeines, Teil A Rdn 620, und bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006.

 

Rdn 869

1. Ein Urteil, das lediglich auf Erziehungsmaßregeln und/oder Zuchtmittel lautet, kann gem. § 55 Abs. 1 JGG nicht im Hinblick auf die verhängte Rechtsfolge angefochten werden (→ JGG-Besonderheiten, Rechtsmittelbeschränkungen, Teil A Rdn 840 ff.). Anfechtbar sind lediglich die Schuldfeststellungen. Daher ist im Revisionsantrag, jedenfalls in der Begründung das Anfechtungsziel so eindeutig mitzuteilen, dass die Verfolgung eines wegen der sachlichen Rechtsmittelbeschränkung unzulässigen Ziels sicher ausgeschlossen werden kann (OLG Dresden, Beschl. v. 31.1.2003 – 1 Ss 708/02; wegen der Einzelh. s. → JGG-Besonderheiten, Rechtsmittelbeschränkung, Teil A Rdn 853).

 

☆ Die Mitteilung des Angriffziels gilt nicht für Jugendstrafe.nicht für Jugendstrafe.

 

Rdn 870

2.a) Die Besonderheiten des jugendgerichtlichen Verfahrens (vgl. dazu auch Burhoff, EV, Rn 2325 ff.; Burhoff, HV, Rn 1754 ff.]) spiegeln sich auch in den verfahrensrechtlichen Revisionsrügen wider. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden im Folgenden einige wichtige Revisionsrügen aufgeführt.

b) Bei den absoluten Revisionsgründen ist hinzuweisen auf (vgl. i.Ü. auch → Revision, Verfahrensrüge, Allgemeines, Teil A Rdn 2307, m.w.N.):

 

Rdn 871

aa) Eine fehlerhafte Besetzung des Gerichts, insbesondere nicht mit Jugendschöffen, ist gem. § 338 Nr. 1 zu rügen. Über Verfehlungen von Jugendlichen und Heranwachsenden entscheiden Jugendgerichte (→ JGG-Besonderheiten, Zuständigkeiten, Teil A Rdn 1037 ff.). Dabei legt § 35 JGG auch Besonderheiten bei den Jugendschöffen fest (s. i.Ü. → Revision, Verfahrensrüge, Besetzung [§ 338 Nr. 1], Teil A Rdn 2350; allgemein zu Besetzungsfragen Burhoff, EV, Rn 940 ff. und Burhoff, HV, Rn 791 ff.).

 

Rdn 872

Die Schöffen der Jugendgerichte (Jugendschöffen) werden auf Vorschlag des Jugendhilfeausschusses für die Dauer von fünf Geschäftsjahren von dem in § 40 GVG vorgesehenen Ausschuss gewählt. Dieser soll eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen wählen. Der Jugendhilfeausschuss soll ebenso viele Männer wie Frauen und muss mindestens die doppelte Anzahl von Personen vorschlagen, die als Jugendschöffen und -hilfsschöffen benötigt werden. Die Vorgeschlagenen sollen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein. Die Vorschlagsliste des Jugendhilfeausschusses gilt als Vorschlagsliste im Sinne des § 36 GVG. Für die Aufnahme in die Liste ist die Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder, mindestens jedoch der Hälfte aller stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses erforderlich. Die Vorschlagsliste ist im Jugendamt eine Woche lang zu jedermanns Einsicht aufzulegen. Der Zeitpunkt der Auslegung ist vorher...

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