Das Wichtigste in Kürze:

1. Rechtsmittelbeschränkungen treten im Verfahren nach dem JGG in sachlicher Hinsicht und im Zusammenhang mit Instanzen auf.
2. Im Verfahren nach JGG ist die Möglichkeit, gegen ein Urteil Rechtsmittel einzulegen eingeschränkt (§ 55 JGG).
3. Die Einschränkung betrifft einmal den Instanzenzug (§ 55 Abs. 2 JGG), so dass grds. nur ein Rechtsmittel, also entweder Berufung oder Revision zur Verfügung steht.
4. Eine weitere Einschränkung geht dahin, dass nicht jede jugendrichterliche Entscheidung angefochten werden kann (§ 55 Abs. 1 JGG).
 

Rdn 818

 

Literaturhinweise:

Cremer, Die UN-Kinderrechtskonvention – Geltung und Anwendbarkeit in Deutschland nach der Rücknahme der Vorbehalte, Berlin 2011

Bode, Das Wahlrechtsmittel im Strafverfahren, 2000

Eisenberg, Zur Begrenzung der Nichtanfechtbarkeit jugendgerichtlicher Entscheidungen gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 JGG in: Heinrich u.a. (Hrsg.), Festschrift für Weber, 2007, S. 505

Höynck/Neubacher/Schüler-Springorum, Internationale Menschenrechtsstandards und das Jugendkriminalrecht, 2001

Kudlich, Besonderheiten des jugendstrafgerichtlichen Verfahrens JuS 1999, 877

Laubenthal/Baier/Nestler, Jugendstrafrecht. 2. Aufl. 2010

Mertens/Murges-Kemper, Muss schnell auch immer gut sein?, ZJJ 2008, 356

Meyer-Goßner, Revisionserstreckung und Jugendstrafrecht. § 357 StPO und § 55 Abs. 2 S. 1 JGG: Über das Zusammentreffen zweier verfehlter Vorschriften in: FS-Eisenberg 2010, S. 399

Momsen, Die Rechtsmittel in Jugendstrafsachen. Beschränkung oder Vereinheitlichung?, ZJJ 2004, 49

Nothacker, Zur besonderen Beschränkung der Rechtsmittel im Jugendstrafverfahren (§ 55 JGG), GA 1982, 45

Schäfer, Das Berufungsverfahren in Jugendsachen. NStZ 1989, 330

Schaumann, Die Rechtsmittelbeschränkung des § 55 JGG, 2001

Schweckendieck, Zur Anwendbarkeit von § 31 II JGG in der Berufungsinstanz NStZ 2005, 141

s.a. die Hinw. bei → JGG-Besonderheiten, Allgemeines, Teil A Rdn 620.

 

Rdn 819

1. Im Verfahren nach dem JGG treten Rechtsmittelbeschränkungen in sachlicher Hinsicht (s. Rdn 840 ff.) und im Zusammenhang mit Instanzen (s. Rdn 820 ff.) auf.

 

Rdn 820

2.a) § 55 Abs. 2 JGG sieht die sog. (instanzielle Rechtsmittelbeschränkung) vor. Gem. § 55 Abs. 2 JGG kann derjenige, der eine zulässige Berufung eingelegt hat, gegen das Berufungsurteil nicht mehr Revision einlegen. Jeder Verfahrensbeteiligte hat demnach nur eine Rechtsmittelinstanz. Rechtsmittel von Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern werden dem Angeklagten gem. § 55 Abs. 2 S. 2 JGG zugerechnet. Von Bedeutung ist dies nur für Urteile des Jugendrichters oder des Jugendschöffengerichts, da gegen Urteile der Jugendkammer – wie bei Erwachsenen auch – von vornherein nur die Revision statthaft ist.

 

Rdn 821

Selbst wenn das auf die Berufung ergangene Urteil dem Angeklagten nachteiliger ist als das Ersturteil, bleibt die Revision ausgeschlossen (BayObLG, Beschl. v. 22.10.2004 – 1St RR 150/04; KG NStZ-RR 2007, 216; Brunner/Dölling, § 55 Rn 16; Eisenberg, § 55 Rn 63).

 

☆ Die instanzielle Rechtsmittelbeschränkung wird von der h.M. (entgegen dem Wortlaut) auch bei der sofortigen Beschwerde gegen die Nichtaussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung angewandt (→  JGG-Besonderheiten, Bewährungsfragen , Teil A Rdn  686 ).auch bei der sofortigen Beschwerde gegen die Nichtaussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung angewandt (→ JGG-Besonderheiten, Bewährungsfragen, Teil A Rdn 686).

 

Rdn 822

b) Die instanzielle Rechtsmittelbeschränkung ist anwendbar auf Jugendliche, auch wenn sie von einem allgemeinen Gericht verurteilt werden (§ 104 Abs. 1 Nr. 7 JGG), auf Heranwachsende dann, wenn materielles Jugendstrafrecht auf sie angewendet wird (§ 109 Abs. 2 JGG), es sei denn, die Entscheidung wurde im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff.) getroffen (§ 109 Abs. 2 S. 3 JGG).

 

Rdn 823

Der Rechtsmittelausschluss gilt bei Heranwachsenden auch dann, wenn das AG nach allgemeinem Strafrecht verurteilt und erst in der Berufungsverhandlung durch das LG Jugendstrafrecht angewendet wurde (D/S/S-Schatz, § 55 Rn 86; Brunner/Dölling, § 55 Rn 18; Eisenberg, § 109 Rn 33; Ostendorf, § 55 Rn 32; OLG Karlsruhe StV 2001, 173 mit abl. Anm. Kutschera, da es das Berufungsgericht dann allein in der Hand habe, durch die erkennbare Anwendung von Jugendstrafrecht das eigene Urteil unanfechtbar zu machen).

 

☆ Hat das AG materielles Jugendstrafrecht angewendet, das Berufungsgericht jedoch Erwachsenenstrafrecht , ist die Revision – ohne die Einschränkung des § 55 Abs. 2 JGG – zulässig. Wird bei Heranwachsenden in der Berufungsinstanz materielles Jugendstrafrecht angewendet, ist das Rechtsmittel der Revision ausgeschlossen, unabhängig davon, ob erstinstanzlich nach allgemeinem Strafrecht verurteilt wurde.Berufungsgericht jedoch Erwachsenenstrafrecht, ist die Revision – ohne die Einschränkung des § 55 Abs. 2 JGG – zulässig. Wird bei Heranwachsenden in der Berufungsinstanz materielles Jugendstrafrecht angewendet, ist das Rechtsmittel der Revision ausgeschlossen, unabhängig davon, ...

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