Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Annahmeberufung ist in § 313 geregelt.
2. Das Annahmeerfordernis stellt eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung dar.
3. Die Frage der Annahme korrespondiert mit der in erster Instanz verhängten Sanktion.
4. Vor der Bezeichnung eines Rechtsmittels als Berufung ist in den Fällen des § 313 zu prüfen, ob nicht Sprungrevision eingelegt werden sollte.
5. Die Entscheidung über die Annahme ist i.d.R. unanfechtbar.
 

Rdn 21

 

Literaturhinweise:

Brunner in: Bockemühl, Handbuch des Fachanwalts Strafrecht, 6. Aufl. 2014, Teil D. I., S. 10 ff.

Burhoff, Verfahrenstipps und Hinweise für Strafverteidiger zu neuerer Rechtsprechung in Strafsachen, ZAP Fach 22 R, S. 49

Ebert, Annahmeberufung nach Freispruch auf Antrag der Staatsanwaltschaft (§ 313 I 2 StPO)?, JR 1998, 265

Feuerhelm, Die Annahmeberufung im Strafprozess. Dogmatische Probleme und rechtspolitische Perspektiven, StV 1997, 99

Fezer, Zum Verständnis der sog. Annahmeberufung (§ 313 StPO), NStZ 1995, 2654

Göhler, Anmerkung zu OLG Celle JR 1995, 522

Gössel, Anmerkung zu OLG Hamburg, JR 1999,479

ders., Möglichkeiten zur Entlastung der Berufungskammern – Zugleich eine Kritik der Annahmeberufung, ZIS 2009, 539

Hartwig, Sprungrevision bei Nichtannahme der Berufung. Zugleich ein Beitrag zur Bestimmung des Gegenstandes der Annahmeberufung, NStZ 1997, 111

Hettenbach, Die Annahmeberufung nach § 313 StPO, Diss. 1997

Matthies/Matthies, Hände weg von der StPO!, HRRS 2006, 415

Meyer-Goßner, Annahmeberufung und Sprungrevision, NStZ 1998, 19

ders., Theorie ohne Praxis und Praxis ohne Theorie im Strafverfahren, ZRP 2000, 345

ders., Anmerkung zu OLG Stuttgart NJW 2002, 3487

Satzger, Braucht der Strafprozess Reformen?, StraFo 2006, 45

Schliemann, Effektivierung des Strafverfahrens oder Angriff auf den Rechtsstaat?, ZRP 2007, 73

Schneider, Annahmepflichtigkeit der Berufung der Staatsanwaltschaft, die in erster Instanz selbst auf Freispruch plädiert hatte?, NStZ 1996, 151

Tolksdorf, Zur Annahmeberufung nach § 313 StPO in: Festschrift für Hanskarl Salger, 1995, S. 393 ff.

Wiegner in: Vordermayer/von Heintschel-Heinegg, Handbuch für den Staatsanwalt, 3. Aufl. 2008, Teil 5 Kapitel 1 Rn 110 ff.

 

Rdn 22

1. Die durch das RpflEntlG v. 11.1.1993 (BGBl I, S. 50) eingeführte Vorschrift normiert eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung und wirkt sich dahin gehend aus, dass in Verfahren mit geringer Sanktionsintensität einem Angeklagten nur eine gerichtliche Instanz zur Verfügung steht, was indessen Art. 19 Abs. 4 GG nicht verletzt, weil das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht zum Inhalt hat, dass einem Angeklagten zu seiner Verteidigung zwei gerichtliche Instanzen zur Verfügung stehen müssen (OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 1997, 273). Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist allerdings zu beachten. Zur Entlastung der Berufungsgerichte soll die Vorschrift – ähnlich wie § 349 Abs. 2 ("offensichtlich unbegründet") – beitragen und bei Bagatellstraftaten im Berufungsrechtszug ein Beschlussverfahren ermöglichen; das Abstellen auf die Sanktionshöhe erinnert an die Berufungssumme in Zivilsachen. Nach überwiegender Auffassung ist das Instrument systemwidrig und ineffektiv (vgl. Gössel ZIS 2009, 539 ff. m.w.N.).

 

Rdn 23

 

2. Hinweise für den Verteidiger!

a) Der Verteidiger sollte in jedem Fall, in dem die Berufung angenommen werden muss, zunächst unbestimmt "Rechtsmittel" (vgl. Burhoff, HV, Rn 2160 ff.) einlegen, um sich nicht vorschnell auf Berufung oder Revision festzulegen. Ein Stufenverhältnis zwischen den beiden Rechtsmitteln dergestalt, dass zunächst (Annahme-)Berufung einzulegen und erst nach deren Annahme auf die Sprungrevision übergegangen werden könnte, besteht nicht (BayObLG StV 1993, 572; KG NStZ-RR 1999, 146; OLG Düsseldorf MDR 1995, 406; OLG Hamm NJW 2003, 3286; OLG Jena v. 10.4.2003 – 1 Ss 37/03; OLG Karlsruhe NStZ 1995, 562; NJW 2004, 1887; OLG Schleswig SchlHA 2002, 172; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996, 75; OLG Zweibrücken NStZ 1994, 203; Graf/Eschelbach, § 335 Rn 24; a.A.Meyer-Goßner/Schmitt, § 335 Rn 21) → Revision, Sprungrevision, Teil A Rdn 2262 ff.

 

Rdn 24

b) Gleichzeitig muss er die Frist zur Ausübung des Wahlrechts im Blick behalten. Die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 beginnt mit der Zustellung des Urteils in vollständiger Form (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Fristen, Allgemeines, Teil A Rdn 1550).

 

☆ Bei Fristversäumung ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich, da eine eigenständige Frist zur Ausübung des Wahlrechts zwischen Berufung und Revision nicht existiert (BayObLGSt 1970, 158, OLG Hamm NStZ 1991, 601; Beschl. v. 22.11.2011 – III-3 RVs 101/11; →  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil B Rdn  1479  ff.).Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil B Rdn 1479 ff.).

 

Rdn 25

Hat nur der Angeklagte "Rechtsmittel" eingelegt, verbleiben die Akten bis zur Ausübung des Wahlrechts/Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 beim AG, weshalb die Ausübung des Wahlrechts dort anzuzeigen ist. Häufig wird die Einlegung eines "Rechtsmittels" (mögl...

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