Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Gericht sieht vom Widerruf der Strafaussetzung ab, wenn es ausreicht, dem Verurteilten weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, ihn einem Bewährungshelfer zu unterstellen oder die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
2. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Absehen vom Widerruf zwingend. Umgekehrt ist allerdings bei deren Fehlen der Widerruf ebenso zwingend.
3. Die milderen Maßnahmen sind nur ausreichend, wenn sie trotz des Bewährungsversagens objektiv eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bieten, dass der Verurteilte künftig ein straffreies Leben führen wird.
4. Bei einer Verlängerung der Bewährungszeit ist § 56f Abs. 2 S. 2 StGB zu beachten, der den Umfang der Verlängerung auf die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit begrenzt. Hierbei handelt es sich um die im ersten Bewährungsbeschluss festgesetzte Bewährungszeit, spätere Änderungen bleiben außer Betracht.
5. Die Bewährungszeit kann auch über die Fünf-Jahres-Grenze hinaus verlängert werden.
6. Die Bewährungszeit kann auch noch nach ihrem Ablauf verlängert werden.
7. Statthaftes Rechtsmittel gegen den Beschluss, in dem Maßnahmen nach § 56f Abs. 2 StGB verhängt werden ist die Beschwerde. Der Staatsanwaltschaft steht gegen Entscheidungen, mit denen ein Antrag auf Verlängerung der Bewährungszeit abgelehnt wird, nach richtiger Auffassung ebenfalls die einfache und nicht die sofortige Beschwerde zur Verfügung.
 

Rdn 279

 

Literaturhinweise:

Doleisch von Dolsperg, Strafaussetzung zur Bewährung – Probleme aus der Praxis, StraFo 2005, 45

Dölling, Die Verlängerung der Bewährungszeit nach § 56f Abs. 2 StGB, NStZ 1989, 345

Hein, Verlängerung der Bewährungszeit nach deren Ablauf? – Zur Neufassung des § 56f Abs. 2 StGB, NStZ 1983, 252

Hillenbrand, Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung: Voraussetzungen und Verfahren, ZAP F.22, 799

Horn, Der Aussetzungswiderruf und das Absehen hiervon, JR 1981, 5

ders., Wann beginnt die nach § 56f Abs. 2 StGB verlängerte Bewährungszeit?, NStZ 1986, 356

Kropp, Heilung von Auflagen- und Weisungsverstößen im Bewährungsrecht, NJ 2005, 397

Lembert, Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Entscheidung über einen Bewährungswiderruf, NJW 2001, 3528

Schrader, Die Verlängerung der Bewährungszeit (zum Verständnis des § 56 Abs. 2 StGB, MDR 1990, 391)

s.a. die Hinweise in → Bewährung, Widerruf, Allgemeines, Teil A Rdn 289.

 

Rdn 280

1. Das Gericht sieht vom Widerruf der Strafaussetzung ab, wenn es ausreicht, dem Verurteilten weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, ihn einem Bewährungshelfer zu unterstellen oder die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.

 

Rdn 281

2. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Absehen vom Widerruf zwingend (MüKo-StGB/Groß, § 56f Rn 24; SSW-StGB/Mosbacher, § 56f Rn 25). Umgekehrt ist allerdings bei deren Fehlen der Widerruf ebenso zwingend (Fischer, § 56f Rn 14). Eine zusätzliche, neben § 56f Abs. 2 StGB durchzuführende allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung findet nicht statt (→ Bewährung, Widerruf, Allgemeines, Teil A Rdn 293).

 

Rdn 282

3. Die milderen Maßnahmen sind nur ausreichend, wenn sie trotz des Bewährungsversagens objektiv eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bieten, dass der Verurteilte künftig ein straffreies Leben führen wird (SSW-StGB/Mosbacher, § 56f Rn 26). Die künftige Straffreiheit muss dabei aufgrund neuer Tatsachen erwartet werden können, der bloße Wille des Verurteilten genügt nicht (KG NStZ-RR 2000, 170).

 

☆ Entsprechende Anhaltspunkte können vorliegen, wenn die neue Tat geringfügig oder gänzlich anderer Art als die Ursprungstat ist, da es dann an einer hinreichenden Aussagekraft im Hinblick auf die Veränderung der Prognose fehlt oder wenn der Verurteilte durch Auflagen und Weisungen besonders beeindruckbar oder durch einen Bewährungshelfer beeinflussbar erscheint (SSW-StGB/ Mosbacher a.a.O.).geringfügig oder gänzlich anderer Art als die Ursprungstat ist, da es dann an einer hinreichenden Aussagekraft im Hinblick auf die Veränderung der Prognose fehlt oder wenn der Verurteilte durch Auflagen und Weisungen besonders beeindruckbar oder durch einen Bewährungshelfer beeinflussbar erscheint (SSW-StGB/Mosbacher a.a.O.).

Weiter können dem Widerruf entgegenstehen:

zwischenzeitlich eingetretene Stabilisierung der Lebensverhältnisse des Verurteilten (OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 323),
positive Einschätzung des Bewährungshelfers (OLG Nürnberg StV 1998, 213),
erfolgversprechende Therapiemöglichkeit bei Drogenabhängigkeit (OLG Jena StV 2007, 194; OLG Hamm StRR 2008, 397),
erstmalige ernsthaft betriebene Suchttherapie (OLG Schleswig StraFo 2008, 344; AG Backnang BewH 2013, 101).
 

Rdn 283

4. Bei einer Verlängerung der Bewährungszeit ist § 56f Abs. 2 S. 2 StGB zu beachten, der den Umfang der Verlängerung auf die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit begrenzt. Hierbei handelt es sich um die im ersten Bewährungsbeschluss festgesetzte Bewährungszeit, spätere Änderungen bleiben außer Betracht (Fischer, § 56f Rn 17a). Die ve...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge