Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafaussetzung zur Bewährung: Widerruf der Strafaussetzung bei einschlägigem Bewährungsversagen
Leitsatz (amtlich)
›1. Einschlägige Rückfallstraftaten Drogenabhängiger stehen einer günstigen Sozialprognose nicht zwingend entgegen, wenn neue tatsächliche Umstände vorliegen, die geeignet sind, die Möglichkeit der Wiedereingliederung in die Gesellschaft im Einzelfall nachträglich günstig zu beeinflussen.
2. Therapeutische Maßnahmen zur Heilung der Abhängigkeit von berauschenden Mitteln sind in der Regel als günstige Möglichkeit der Wiedereingliederung Drogenabhängiger in die Gesellschaft anzusehen, wenn die Drogenabhängigkeit noch nicht lange andauert, die Verbüßung von Freiheitsstrafe erstmalig bevorsteht und stationäre Langzeittherapien bislang nicht stattgefunden haben.
3. Wenn die Voraussetzungen von § 56f Abs. 1 Satz 1 StGB vorliegen und diejenigen von Abs. 2 nicht gegeben sind, ist eine Zurückstellung des Widerrufs nicht zulässig.‹
Verfahrensgang
LG Gera (Beschluss vom 30.03.2006; Aktenzeichen StVK 154/02) |
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Meiningen vom 15.05.1996 (Az.: _) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, unerlaubten Entfernens vom Unfallort, Vortäuschens einer Straftat, gemeinschaftlicher Urkundenfälschung und Hehlerei zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Nachdem der Verurteilte am 05.09.1997 durch Beschluss des Amtsgerichts Arnstadt vorzeitig aus dem Jugendstrafvollzug entlassen worden war, wurde er in laufender Bewährungszeit erneut straffällig und mit Entscheidung des Amtsgericht Leipzig vom 24.01.2000 (Az.: _) wegen vorsätzlichen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 27 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Daraufhin widerrief das Amtsgericht Borna mit Beschluss vom 21.12.2000 die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Landgerichts Meiningen vom 15.05.1996 und ordnete die Vollstreckung der restlichen Jugendstrafe von 703 Tagen an.
Mit Beschluss vom 20.03.2002 setzte das Landgericht Gera die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafen aus den Urteilen des Landgerichts Meiningen sowie des Amtsgerichts Leipzig nach Verbüßung von jeweils zwei Dritteln zur Bewährung aus und bestimmte eine Bewährungszeit von drei Jahren. Am 03.05.2002 wurde der Verurteilte aus der Strafhaft entlassen.
Am 26.01.2005 wurde der Verurteilte erneut festgenommen und mit Urteil des Landgerichts Leipzig vom 21.09.2005 (Az.: _, rechtskräftig seit diesem Tage) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in weiteren dreizehn Fällen, vorsätzlichen unerlaubten Verschaffens eines Grundstoffes, vorsätzlicher unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Munition und mit der vorsätzlichen unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über einen wesentlichen Teil einer Schusswaffe sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zweiunddreißig Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
Wegen der erneuten Straffälligkeit des Beschwerdeführers hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Gera durch den angefochtenen Beschluss vom 30.03.2006 - nach der Gewährung rechtlichen Gehörs im schriftlichen Verfahren - dem Verurteilten die Vergünstigung der Reststrafenaussetzung zur Bewährung aus dem Beschluss des Landgerichts vom 20.03.2002 widerrufen.
Gegen diesen am 12.04.2006 zugestellten Beschluss wendet sich der Verurteilte mit der von seinem Verteidiger am 19.04.2006 beim Landgericht Gera eingelegten sofortigen Beschwerde.
II.
Die nach § 453 Abs. 2 Satz 3 StPO statthafte, frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Gera hat zu Recht die durch Beschluss vom 20.03.2002 bewilligte Reststrafenaussetzung zur Bewährung gemäß § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB widerrufen, da der Beschwerdeführer innerhalb der Bewährungszeit weitere Straftaten begangen und dadurch gezeigt hat, dass die Erwartungen, welche der Strafaussetzung zugrunde lagen, sich nicht erfüllt haben.
Mit Entscheidung des Landgerichts Leipzig vom 21.09.2005 wurde er wegen 50 Straftaten in der Zeit von November 2002 bis 26.01.2005, mithin allesamt in laufender Bewährungszeit begangen, rechtskräftig verurteilt. Durch diese neuen Straftaten hat sich die Annahme, die der Strafaussetzung zur Bewährung zugrunde lag, nicht erfüllt. Der Verurteilte ist mit den neuen Taten in einschlägige Verhaltensmuster zurückgefallen, denn er hat bereits zweimal Haftstrafen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, zumindest teilweise, verbüßt. Der Veru...