Viele internationale Mitarbeitereinsätze erfolgen im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung. Unter einer Nettolohnvereinbarung ist die Abrede gem. Arbeitsvertrag bzw. Entsendevertrag zu verstehen, dass der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt ungekürzt durch gesetzliche Abgaben (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und ggfs. Sozialversicherungsbeiträge) als Nettolohn zahlt und sich zugleich verpflichtet, diese Beträge – grundsätzlich unabhängig von ihrer Höhe – für den Arbeitnehmer zu tragen.[22] Die Übernahme der Abzugsbeträge stellt für den Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem Nettolohn gezahlten Arbeitslohn dar.[23]

Soweit ein lohnsteuerlicher Arbeitgeber und im Inland steuerpflichtiger Arbeitslohn gegeben sind, muss im Rahmen der deutschen Gehaltsabrechnung der Nettolohn hochgerechnet werden. Nach dem Brexit und dem Ablauf der Austrittsvereinbarung ist mangels Erfüllung der Voraussetzung des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG die Anwendung der Steuerklasse III für unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, deren Ehegatte Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nur im VK (und nicht in Deutschland) hat, nicht mehr möglich (§ 38b Abs. 1 Satz 3 EStG). Die Hochrechnung kann in diesen Fällen lediglich auf Basis der Steuerklasse I vorgenommen werden, wodurch sich für das aufnehmende deutsche Unternehmen eine erhebliche Mehrbelastung ergeben kann.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel

A lebt mit seiner Familie in London. Er wird für drei Jahre nach Deutschland entsandt. Das Gehalt während der Entsendung wird von seinem zivilrechtlichen Arbeitgeber ausgezahlt und an das aufnehmende Unternehmen in Deutschland weiterbelastet. Der Bruttoarbeitslohn beträgt 5.000 EUR. Da A weiterhin im VK ansässig bleibt (Tax resident), wird dort eine echte Lohnsteuer (Pay As You Earn, PAYE) abgeführt. Eine Umstellung auf den Einbehalt von hypothetischen Steuern wäre nur bei Non residents im VK möglich. Für den Zeitraum der Entsendung hat A eine Nettolohnvereinbarung mit seinem Arbeitgeber abgeschlossen.

Lösung

Das deutsche aufnehmende Unternehmen ist für den Zeitraum der Entsendung der wirtschaftliche Arbeitgeber, da es insbesondere durch die Kostenweiterbelastung den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist das deutsche Unternehmen zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Da der Arbeitgeber aufgrund der vertraglichen Vereinbarung mit A die deutsche Steuer übernimmt, stellt diese für A zusätzlich zu seinem Nettolohn gezahlten Arbeitslohn dar. Im Falle einer Nettolohnvereinbarung ist die Lohnsteuer daher durch Hochrechnung des Nettolohns auf einen Bruttolohn zu ermitteln. Da A allerding im VK aufgrund seiner Ansässigkeit tatsächliche und keine hypothetische Steuer zahlt, mindert das PAYE nicht die deutsche Bemessungsgrundlage für die Hochrechnung. Somit ist das britische Bruttogehalt in Deutschland auf ein deutsches Bruttogehalt hochrechnen, wodurch das deutsche Tochterunternehmen, das die Kosten der Entsendung trägt, eine deutlich höhere Steuer entrichten muss im Vergleich zur Entsendung eines Non resident.

Ab dem 01.01.2021 kann A nicht mehr Steuerklasse III beantragen, sodass das aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn mit Steuerklasse I hochrechnen muss. Dies führt zu einer zusätzlichen signifikanten Kostensteigerung für das aufnehmende Unternehmen:

 
  Hochrechnung mit Steuerklasse III Hochrechnung mit Steuerklasse I
Bruttoarbeitslohn 5.000 EUR 5.000 EUR
PAYE (Abzug als Hypo-Steuer nicht möglich)
Arbeitslohn für Hochrechnung 5.000 EUR 5.000 EUR
Darauf entfallende Steuer 785,66 EUR 1.555,58 EUR
Steuerpflichtiger Bruttoarbeitslohn in Deutschland 5.785,66,33 EUR 6.555,58 EUR

Insgesamt ist festzuhalten, dass Mitarbeitereinsätze aus dem VK nach Deutschland, die im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung durchgeführt werden, für das inländische aufnehmende Unternehmen zu höheren Kosten führen, da eine Reihe von Steuererleichterungen und Abzugsmöglichkeiten im Rahmen der Veranlagung nach dem Brexit ausgeschlossen sind.

[23] OFD Nordrhein-Westfalen vom 15.08.2018, S 2367-2017/0004-St 213, S 1301-2017/0058-St, 126/St 127.

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