Das Wichtigste in Kürze:

1. I.d.R. ist bereits im EV der wesentliche Teil des Inhalts der von einer Telefonüberwachung (im Folgenden TÜ) vorliegenden Tonbänder schriftlich zu den Akten gebracht worden.
2. Die TÜ-Protokolle unterliegen dem AER des Verteidigers.
3. In der HV selbst sind die Tonbänder der TÜ Augenscheinsobjekte.
4. Fremdsprachige Äußerungen müssen in die deutsche Sprache übersetzt werden.
5. In der HV kann sich für den Verteidiger die Frage eines Widerspruchs gegen die Verwertung der TÜ-Protokolle stellen.
 

Rdn 3055

 

Literaturhinweise:

Braun/Broeders, Zu den Möglichkeiten einer technischen Qualitätsverbesserung von Tonaufzeichnungen, NStZ 1996, 173

Gercke, Überwachung der Telekommunikation – von der Ausnahme zur Regel, StraFo 2014, 94

Köllner, Kann die Verteidigung die Mitgabe von Originaltonbandaufzeichnungen verlangen, die im Wege der Durchführung eines Rechtshilfeersuchens erstellt worden sind?, StraFo 1995, 50

Lantermann, Art. 103 Abs. 1 GG und die Verwertung von teilweise gesperrten nachrichtendienstlichen Erkenntnissen Eine Besprechung zu BGH – 3 StR 498/16, StraFo 2018, 12

Nadeborn, Herausgabe von TKÜ-Daten nach dem neuen Akteneinsichtsrecht, PStR 2018, 118

Wesemann, Heimliche Ermittlungsmethoden und Interventionsmöglichkeiten der Verteidigung, StV 1997, 597

Wettley/Nöding, Akteneinsicht in Telekommunikationsdaten, NStZ 2016, 633

Wölky, Beschränkung der Verteidigung durch Einschränkung des Akteneinsichtsrechts, StraFo 2013, 493

Wu, Einsichtnahme des Verteidigers in Aufzeichnungen aus einer Telekommunikationsüberwachung Unter Berücksichtigung des ab dem 1. Januar 2018 geltenden Rechts, HRRS 2018, 108

s.a. die Hinweise bei → Telefonüberwachung, Allgemeines, Teil T Rdn 3022.

 

Rdn 3056

1. I.d.R. ist bereits im EV der wesentliche Teil des Inhalts der von einer Telefonüberwachung (im Folgenden TÜ) vorliegenden Tonbänder schriftlich zu den Akten gebracht worden. Dabei reicht die bloße inhaltliche Wiedergabe, wenn es auf den genauen Wortlaut nicht ankommt. Eine (knappe) Zusammenfassung ist nach der Rspr. des BGH auch ausreichend bei umfangreichen TÜ-Protokollen, die es allerdings ermöglichen muss, bei Bedarf in der HV den genauen Inhalt einzuführen (BGH NStZ 2008, 230). Kommt es hingegen auf den Wortlaut des abgehörten Gesprächs an – was i.d.R. der Fall sein dürfte –, ist eine wörtliche Übertragung des abgehörten Gesprächs erforderlich. Das gilt auch, wenn Zweifel bestehen, welche Bedeutung ein Gespräch für den Verfahrensgegenstand hat (zu allem a. KK-Bruns, § 100a Rn 48).

 

Rdn 3057

2.a) Die TÜ-Protokolle unterliegen dem AER des Verteidigers (OLG Frankfurt am Main StV 2001, 611; OLG Koblenz NStZ 1995, 611; inzidenter auch BGH NStZ 2008, 230; Gercke StraFo 2014, 94; 97, Wölky StraFo 2013, 493; Meyer-Mews StraFo 2016, 133, 137; KK-Schneider, § 199 Rn 8 m.w.N.; Burhoff, EV, Rn 518). Dem AER unterliegen auch zusammenfassende Inhaltsangaben und Kurzübersetzungen abgehörter Telefongespräche; bei denen handelt es sich nicht nur um interne Hilfs- und Arbeitsmittel der ­Polizei (BGH StV 2010, 228, 230).

 

Rdn 3058

Die Rspr. der OLG geht inzwischen allerdings teilweise davon aus, dass es sich um Beweismittel handelt, die aus Gründen des Integritätsschutzes nicht herausgegeben werden dürfen (KG NStZ 2016, 693). Allerdings wird dem Verteidiger ein aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens abgeleiteter Anspruch auf Überlassung einer amtlich gefertigten Kopie von bereits bei den Akten auf CD/DVD befindlichen Dateikopien eingeräumt (wegen der Einzelh. Wettley/Nöding NStZ 2016, 633; Wölky StraFo 2013, 493; Wu HRRS 2018, 108; Nadeborn, Herausgabe von TKÜ-Daten nach dem neuen Akteneinsichtsrecht, PStR 2018, 118; Burhoff, EV, Rn 269 ff., zu Rechtsmitteln Rn 379). Der Verteidiger soll aber keinen Anspruch auf Übersetzung fremdsprachiger Protokolle haben (BGH, a.a.O.; OLG Koblenz NStZ 1995, 611).

 

☆ Der Verteidiger und der Angeklagte müssen genügend Zeit haben, sich auf die Verwertung der Protokolle vorzubereiten. Dazu darf der Verteidiger die Tonbandaufnahme über die TÜ nicht nur unter Hinzuziehung eines vereidigten Dolmetschers abhören , sondern auch im Beisein des Beschuldigten (OLG Köln StV 1995, 12; s.a. Teil T Rdn  3063 ). Grds. ist m.E. auch nichts dagegen einzuwenden, dass dem Verteidiger von den Originaltonbandaufzeichnungen Kopien gefertigt und ausgehändigt werden, wenn anders das AER nicht zu verwirklichen ist (s.a. LG Bonn StV 1995, 632; Köllner StraFo 1995, 50; ders. StraFo 1996, 26 in der Anm. zu LG Bonn, a.a.O. [zur vergleichbaren Frage der Mitgabe von Videobändern und Lichtbildmappen, wenn die Möglichkeit besteht, davon Kopien zu machen]).Tonbandaufnahme über die TÜ nicht nur unter Hinzuziehung eines vereidigten Dolmetschers abhören, sondern auch im Beisein des Beschuldigten (OLG Köln StV 1995, 12; s.a. Teil T Rdn 3063). Grds. ist m.E. auch nichts dagegen einzuwenden, dass dem Verteidiger von den Originaltonbandaufzeichnungen Kopien gefertigt und ausgehändigt werden, wenn anders das AER nicht zu verwirklichen ist (s...

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