Das Wichtigste in Kürze:

1. Die aus einer TÜ gewonnenen Erkenntnisse muss der Verteidiger im Hinblick auf die HV daraufhin überprüfen, ob die Erkenntnisse im Rahmen der Beweisaufnahme als (förmliches) Beweismittel eingebracht und einem Urteil zugrunde gelegt werden können.
2. Ändert sich im Lauf des Verfahrens die rechtliche Beurteilung der Katalogtat, hat das nach Auffassung der Rspr. kein BVV zur Folge.
3. Die Behandlung von durch die TÜ gewonnenen (Zufalls-)Erkenntnissen wird insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verwertbarkeit der Erkenntnisse zum Nachweis einer anderen Straftat diskutiert.
4. Sind die bei einer TÜ gewonnenen Erkenntnisse unverwertbar, gelten für die sog. Fernwirkung die allgemeinen Regeln.
5. Besteht ein BVV muss der Verteidiger der Verwertung der nach seiner Ansicht unverwertbaren Erkenntnisse in der HV widersprechen.
 

Rdn 3045

 

Literaturhinweise:

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Allgayer/Klein, Verwendung und Verwertung von Zufallserkenntnissen, wistra 2010, 130

Deckers/Gercke, Strafverteidigung und Überwachung der Telekommunikation, StraFo 2004, 84

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Gercke, Überwachung der Telekommunikation – von der Ausnahme zur Regel, StraFo 2014, 94

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Kretschmer, Die Verwertung sogenannter Zufallsfunde bei der strafprozessualen Telefonüberwachung, StV 1999, 221

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Mörlein, Der Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidiger und Beschuldigten im Rahmen des § 100a StPO, 1993

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ders., Zur Verwertbarkeit zufällig aufgezeichneter Raum- und Hintergrundgespräche, StV 2009, 437

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Wesemann, Widerspruch gegen Einführung und Verwertung aus verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, confront 2/2016, 14

Weyand, Die Beschlagnahme von Mobiltelefonen, StV 2005, 520

s.a. die Hinweise bei → Beweisverwertungs­verbote, Teil B Rdn 1231, und bei → Telefonüberwachung, Allgemeines, Teil T Rdn 3022.

 

Rdn 3046

 

1. Hinweis für den Verteidiger!

a) Die aus einer Telefonüberwachung (im Folgenden TÜ) gewonnenen Erkenntnisse muss der Verteidiger im Hinblick auf die HV daraufhin überprüfen, ob die Erkenntnisse im Rahmen der Beweisaufnahme als (förmliches) Beweismittel eingebracht und einem Urteil zugrunde gelegt werden können (wegen der Art und Weise der Verwertung → Telefonüberwachung, Verwertung der Erkenntnisse in der Hauptverhandlung, Teil T Rdn 3054). Besteht ein BVV, ist die Verwertung in der HV unzulässig. Bei Prüfung der anstehenden Fragen sind im Wesentlichen folgende mögliche (Fehler-)Gruppen zu unterscheiden: Fehler bei der Anordnung der TÜ, die Änderung der rechtlichen Beurteilung der Katalogtat, die Behandlung von Zufallserkenntnissen und die Verwertbarkeit der Äußerungen von Dritten. Hier sollen wegen der erheblichen praktischen Bedeutung und, da die entsprechenden Probleme sich häufig erst in der HV ergeben, eingehender die Auswirkungen der Änderung der rechtlichen Beurteilung der Katalogtat, die Behandlung von Zufallserkenntnissen u...

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