Leitsatz

Teilt ein Miteigentümer in einer WEG, in der das Kopfstimmrecht gilt, seinen Miteigentumsanteil ohne die Zustimmung der übrigen Miteigentümer auf und veräußert den neu hinzugewonnenen Anteil an einen Dritten, führt das nicht zu einer Stimmrechtsmehrung, obwohl die WEG nun aus einem Miteigentümer mehr besteht.

 

Fakten:

Laut der Teilungserklärung bestand die WEG ursprünglich nur aus zwei Miteigentumsanteilen, wobei nach der Gemeinschaftsordnung das Kopfprinzip galt. Es handelte sich also um eine Zweiergemeinschaft, in der jeder der beiden Miteigentümer eine Stimme hatte. Nach einer weiteren Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung sollte es nicht zu einer Stimmenmehrung führen, wenn einer der Miteigentumsanteile von mehreren Personen gehalten würde. Einer der Wohnungseigentümer hatte nun seinen Miteigentumsanteil in zwei selbstständige Miteigentumsanteile aufgeteilt und das so entstandene neue Sondereigentum an einen Dritten veräußert. Die Frage, ob die Aufteilung und Veräußerung des neu gewonnenen Anteils durch den aufteilenden Wohnungseigentümer ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu einer Stimmrechtsmehrung führt, weil die WEG nun aus einem Miteigentümer mehr besteht, ist umstritten. Die Richter hatten sich vorliegend der Auffassung des BGH angeschlossen, der dies verneint. Eine Stimmrechtsmehrung hätte nämlich zur Folge, dass die einseitige Aufteilung und Veräußerung eines Miteigentumsanteils durch den betreffenden Miteigentümer die übrigen Miteigentümer in ihrer Stimmmacht beschränken würde, obwohl sie der Aufteilung nicht zugestimmt haben. Jedoch ist der Fall nicht mit der hier gegebenen Konstellation vergleichbar, in der ein Miteigentumsanteil erst später aufgeteilt und so nachträglich ein neuer Anteil geschaffen wird. Aus der Teilungserklärung ergibt sich nämlich, wie viele Miteigentumsanteile eine Anlage insgesamt hat. Die Miteigentümer können dem jederzeit zuverlässig entnehmen, wie viele Stimmen nach Köpfen es in der Anlage maximal geben kann, wenn ein Miteigentümer, der aktuell über mehrere Einheiten verfügt, diese später an verschiedene Erwerber veräußert.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 19.10.2009, 1 S 21731/08LG München I, Urteil vom 19.10.2009 – 1 S 21731/08

Fazit:

Die Entscheidung überzeugt. Gegen eine Stimmrechtsmehrung spricht nämlich auch der Rechtsgedanke des § 25 Abs. 2 S. 2 WEG. Demnach gibt es auch bei Geltung des Kopfprinzips maximal so viele Stimmrechte wie Miteigentumsanteile. Zweck der Norm ist die Vermeidung einer disproportionalen Stimmengewichtung. Ein Eigentümer soll die Stimmmacht der übrigen Eigentümer nicht dadurch nach Belieben beschneiden dürfen, dass er seinen Anteil auf mehrere Personen verteilt und so mehrere Köpfe in die WEG einbringt. Diese gesetzliche Vorgabe darf nicht dadurch umgangen werden, dass der Eigentümer stattdessen seinen Anteil bis zur Grenze der Aufteilbarkeit aufspaltet und an andere veräußert und auf diese Weise die Anzahl der Köpfe in der WEG erhöht.

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