Leitsatz

Nach eigenmächtiger Unterteilung einer Einheit in einer Zwei-Personen-Gemeinschaft und Veräußerung des neuen Anteils kommt es bei geltendem Kopfstimmrecht nicht zu einer Stimmrechtsmehrung

 

Normenkette

§ 25 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. In einer ursprünglich aus zwei Einheiten bestehenden Gemeinschaft teilte ein Eigentümer später seinen Anteil auf und veräußerte nach Unterteilung Räume mit unterteiltem/neu gebildetem Miteigentumsanteil an einen Dritten, sodass sich die Stimmengewichtung bei bisher geltendem Kopfstimmrecht zulasten des bisherigen, zweiten Eigentümers (des Beschlussanfechtungsklägers) veränderte.
  2. Teilt ein Miteigentümer seinen Miteigentumsanteil nachträglich ohne die Zustimmung der übrigen Eigentümer auf und veräußert den neu hinzugewonnenen Anteil, führt dies grundsätzlich nicht zu einer Stimmrechtsmehrung, obwohl die Gemeinschaft statt bisher aus zwei Eigentümern nunmehr aus drei Miteigentümern besteht (vgl. BGH, Beschluss v. 24.11.1978, V ZB 2/78, NJW 1979 S. 870, 871; OLG Stuttgart, NZM 2005 S. 312; u. a. aus der Lit. Spielbauer/Then, WEG, § 25 Rn. 8 a.E.; a.A. OLG Düsseldorf, NZM 2004 S. 234; KG Berlin, NZM 2000 S. 671 sowie diverse anderweitige Kommentarliteratur).

    Eine Stimmrechtsmehrung würde hier die Stimmmacht der übrigen Miteigentümer beschränken, obwohl sie der Aufteilung nicht zugestimmt haben. Aus diesem Grund kann ein Eigentümer einen solchen wesentlichen Eingriff in das Miteigentumsrecht und den Status der übrigen Eigentümer nicht ohne deren Zustimmung vornehmen (vgl. Jennißen/Elzer, WEG, § 25 Rn. 40 auch unter Hinweis auf Art. 14 GG). Der vorliegende Fall ist auch nicht vergleichbar mit etwaigen Bauträger-Erstverkäufen an Ersterwerber mit erkennbarer sukzessiver Mehrung der Kopfstimmrechte. Dort ist dann die Teilungserklärung bereits so angelegt, dass sich die maximal mögliche Stimmenzahl – mitvereinbart – erkennen lässt (anders als im vorliegenden Fall bei nachträglicher Unterteilung ohne Einwilligung der restlichen Miteigentümer). Ohne gesonderte Zustimmung müssen im vorliegenden Fall Eigentümer nicht eine Beschneidung ihrer Stimmrechte hinnehmen.

  3. Gegen eine Stimmrechtsmehrung spricht im vorliegenden Fall auch der Rechtsgedanke des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG. Zweck dieser Norm ist gerade die Vermeidung einer zu den Miteigentumsanteilen disproportionaler Stimmengewichtung (vgl. auch Riecke in Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 25 Rn. 18). Dieser gesetzliche Gedanke darf nicht umgangen bzw. unterlaufen werden (ggf. in einem Unterteilungs- bzw. Veräußerungswettlauf, um Stimmenmehrheits-"Lager" zu schaffen!). Restliche Miteigentümer sind auch schutzwürdig, wenn sie insoweit keinen Einfluss auf neue Aufteilung (Unterteilung) und Veräußerung von Anteilen – wie hier – besitzen. Auch der Erwerber eines unterteilten Anteils ist nicht völlig schutzlos, da er zumindest einen Teil des Stimmrechts des aufteilenden Miteigentümers erhält, wobei dahinstehen kann, ob er dann dieses Teilstimmrecht gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG nur gemeinsam mit dem aufteilenden Eigentümer ausüben dürfe oder ob hier das Stimmrecht nach Bruchteilen aufzuteilen wäre (BGH, Beschluss v. 24.11.1978, V ZB 2/78, NJW 1979 S. 870).
  4. Anders wäre die Rechtslage, wenn eine solche Unterteilung mit Stimmrechtsmehrung allseitig vereinbart worden wäre. Auch wenn in jahrelanger Praxis Beteiligte im vorliegenden Fall von drei gleichgewichtigen Stimmen ausgingen, stellt dies allerdings noch keine rechtsgültige Vereinbarung dar und auch keine klägerische Zustimmung zu einer Stimmrechtsmehrung, zumal vorliegend der Kläger offenbar erst im Jahr 2007 bemerkte, dass die praktizierte Stimmrechtsmehrung nicht der Rechtslage entsprach.
  5. Revision wurde nicht zugelassen, da der BGH (Beschluss v. 24.11.1978, V ZB 2/78, NJW 1979 S. 870) zwar die Aufteilung und Veräußerung einer Einheit ohne die Zustimmung der übrigen Eigentümer als möglich erachtete, jedoch ausdrücklich unter der Prämisse, dass insoweit für die übrigen Eigentümer keine wesentlichen Nachteile dadurch entstehen, insbesondere keine Stimmrechtsmehrung eintreten dürfte; dies ist ebenfalls tragende Erwägung der BGH-Entscheidung, der sich die Berufungskammer des LG München I angeschlossen hat (Streitwert: 3.000 EUR).
Anmerkung

Die Entscheidung überzeugt und müsste im Ergebnis auch bei etwa vom Gesetz abweichend vereinbartem Objektstimmrechtsprinzip (Stimme je Einheit) gelten. Bei vereinbartem Wertprinzip stellen sich allerdings keine Probleme, da sich nach Unterteilung von Miteigentumsanteilen die jeweilige Stimmengewichtung nicht zulasten anderer Eigentümer auswirkt.

Diesseits wurde im Anschluss an die in ETW veröffentlichte BGH-Entscheidung von 1978 bei geltendem Kopfstimmrecht von "Kopfspaltung" gesprochen. Die insoweit vertretene Meinung von gequotelten Bruchteilsstimmen möchte ich ablehnen, da insoweit auch rechnerische Feststellungen problematisch und insbesondere das Auszählen von Abstimmungsergebnissen erschwert werden dürfte. Folgt man auch hier dem Rechtsgedanken in § 25 Abs. 2 Satz 2 W...

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