Leitsatz

  1. Nichtigkeit einer in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Sonderhonorarklausel für den Verwalter (hier: Zusatzvergütung nach HOAI bei Reparaturen am Gemeinschaftseigentum von über 10.000 DM) wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Unabdingbarkeit einer Verwalterbestellung nach §§ 20 Abs. 2, 27 Abs. 1 WEG
  2. Ggf. anzuerkennender Sondervergütungsanspruch aus Gründen berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag über den gesetzlichen Pflichtenbereich hinaus (Zurückverweisung an das Amtsgericht)
 

Normenkette

§§ 134, 670, 675, 683 BGB

 

Kommentar

  1. In der Gemeinschaftsordnung war vereinbart: "…werden am gemeinschaftlichen Eigentum Reparaturen mit einem Wert von über 10.000 DM ausgeführt, so hat der Verwalter Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung. Diese berechnet sich nach der HOAI.". Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei diversen Sanierungen des Gemeinschaftseigentums entnahm der Verwalter noch während seiner Amtszeit dem Gemeinschaftskonto nach HOAI berechnete und in Rechnung gestellte Honorare von über 26.000 EUR. Die Gemeinschaft forderte daraufhin Rückzahlung, in den ersten beiden Instanzen allerdings ohne Erfolg. Auf Rechtsbeschwerde der Gemeinschaft hin wurde die Streitsache vom Oberlandesgericht zur erneuten Überprüfung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
  2. Es kann dahingestellt bleiben, ob im Rahmen einer Gemeinschaftsordnung, durch die Rechte und Pflichten der Eigentümer untereinander geregelt werden, überhaupt Verpflichtungen gegenüber Dritten mit der Folge der Zuwendungen unmittelbarer Ansprüche gegen die Gemeinschaft begründet werden können. Jedenfalls ist diese Vereinbarung einer Zusatzvergütung mit Berechnung nach HOAI wegen Verstoßes gegen § 20 Abs. 2 WEG nichtig. Gegen den Grundsatz der Unabdingbarkeit einer Verwalterbestellung nach § 20 Abs. 2 WEG verstoßen Regelungen in einer Gemeinschaftsordnung mit Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB, welche die Bestellung eines Verwalters zu den üblichen Bedingungen mittelbar ausschließen oder erschweren (h.M.). Die gesetzliche Kompetenz der Eigentümerversammlung zur Bestellung eines Verwalters zu den üblichen Bedingungen kann auch durch Regelungen in der Teilungserklärung bzw. der dazugehörigen Gemeinschaftsordnung nicht wirksam beschränkt werden. Die Festlegung einer solchen Zusatzvergütung analog HOAI für den Verwalter im Fall von Sanierungsarbeiten ist geeignet, die Gewinnung eines gewerblichen Verwalters zu den verkehrsüblichen Bedingungen für die Zukunft zu vereiteln oder zu beeinträchtigen und berührt damit den Kernbereich der für Vereinbarungen nicht abdingbaren Bestimmungen des § 20 Abs. 2 WEG.
  3. Allerdings könnte sich auch ein Sondervergütungsanspruch des Verwalters aus den Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben (§§ 670, 675, 683 BGB), zu deren Voraussetzungen in den Vorinstanzen bisher – von ihrem Rechtsstandpunkt aus zutreffend – nichts vorgetragen und geprüft wurde. Besteht – wie hier – über das Vorliegen eines Verwaltervertrags Streit, können Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht kommen, wenn eine Person als Verwalter tätig wird, ohne dass ein Verwaltervertrag abgeschlossen wurde oder dass ein abgeschlossener Vertrag an einem Unwirksamkeitsgrund leidet (strittig). Abzustellen ist bei solchermaßen erbrachten Leistungen auf übliche Vergütungsansprüche. Auch im Rahmen anfänglicher Baumängel ist es in erster Linie Sache der Eigentümer, für Mängelbeseitigung zu sorgen. Pflichten eines Verwalters gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG beschränken sich darauf, die erforderlichen Maßnahmen festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten und deren Entscheidungen herbeizuführen sowie gefasste Beschlüsse (etwa Sanierungen) auszuführen (h.M.). Sorgfältige Handwerkerauswahl, rechtzeitige Beauftragung und Überwachung sowie Abnahme der Instandsetzungsarbeiten gehören hier zum üblichen Pflichtenkreis des Verwalters. Allerdings sind hier nicht Tätigkeiten eines Bauleiters oder Leistungen eines Sonderfachmanns erfasst, wie sie bei schwierigen Maßnahmen zur Überwachung, Abnahme oder Rechnungsprüfung eingeschaltet werden müssen. Übersteigen also Tätigkeiten eines Verwalters den gesetzlichen Leistungsumfang, sind Sondervergütungen grundsätzlich zulässig und können auch ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
  4. Fragen hierzu sind noch von den Tatsacheninstanzen abzuklären. Ist von einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag auszugehen, wäre noch bei Bemessung einer üblichen Vergütung zu entscheiden, ob hier auf den Verwalter (als Betriebswirt) die HOAI überhaupt Anwendung finden kann.
 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.11.2010, 20 W 309/07

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