1 Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer ist berechtigt, die einem Sondernutzungsrecht unterliegende Fläche (hier: Terrasse) zu vermieten.

2 Normenkette

§ 535 BGB; §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 16 Abs. 1 Sätze 1, 3 WEG

3 Das Problem

Mieter K und Vermieter B streiten über den Umfang der Mietsache. Zankapfel ist eine der Mietwohnung vorgelagerte Terrasse, die zwar nur über eine Terrassentür aus der Wohnung erreichbar, aber nicht im Mietvertrag erwähnt ist. Die Terrasse, an der für das Wohnungseigentum des B ein Sondernutzungsrecht besteht, ist mit ca. 50 x 50 cm großen Betonplatten belegt und zu den umliegenden Blumenbeeten mit Pflastersteinen abgegrenzt. Beim Einzug des K befand sich auf der Terrasse ein mittlerweile entfernter Schuppen zur Lagerung von Heizmaterial, dessen Grundfläche in etwa die Hälfte der Terrasse einnahm. K nutzt die Terrasse seit seinem Einzug im Jahr 1974 – was B bekannt ist. Im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens berief sich B sogar darauf, die Mietwohnung sei besonders attraktiv, weil sie über eine Terrasse verfüge.

Wegen einer Unterwurzelung ist der Bodenbelag der Terrasse mittlerweile unregelmäßig angehoben. K meint, die Terrasse sei Bestandteil der Mietsache und B ihm gegenüber zur Instandsetzung verpflichtet. Er beantragt daher, an der Terrasse näher beschriebene Instandsetzungsarbeiten handwerksgerecht auszuführen. B meint demgegenüber, die Terrasse gehöre nicht zur Mietsache. Es liege allenfalls eine unentgeltliche Nutzungsgestattung vor, welche jederzeit widerrufen werden könne. Im Übrigen sei ihm eine Reparatur unmöglich, da er lediglich über ein Sondernutzungsrecht verfüge.

4 Die Entscheidung

K hat gegen B nach Ansicht des AG einen Anspruch auf Reparatur der Terrasse! Die Terrasse sei nach Würdigung aller wesentlichen Umstände, vor allem ihrer Lage und dem Verhalten des B in der Vergangenheit, Teil der Mietsache und als solche von der Instandhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB umfasst. Zwar werde die Terrasse nicht im Mietvertrag erwähnt. Diesem könne aber auch nicht entnommen werden, dass K nur ein unentgeltliches Nutzungsrecht an der Terrasse haben solle.

Gegen eine Mitvermietung spreche auch nicht der Umstand, dass B nicht der Eigentümer der Terrasse sei. B sei es nämlich unbenommen gewesen, Mietern im Rahmen des Mietgebrauchs an der Terrasse ein Benutzungsrecht einzuräumen.

Der Pflicht des B, die Terrasse zu reparieren, stehe auch nicht entgegen, dass die Terrassenfläche und der Terrassenbelag im gemeinschaftlichen Eigentum stünden. Dadurch sei es B weder rechtlich noch faktisch verwehrt, Instandsetzungsarbeiten handwerksgerecht ausführen zu lassen. Inwieweit eine Reparatur an der fehlenden Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer scheitern könnte, habe B auch gar nicht dargelegt. Zudem wäre es seine Aufgabe in einem solchen Fall, eine Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer – gegebenenfalls auch klageweise – einzufordern.

5 Hinweis

Problemüberblick

Der Fall, der im Mietrecht spielt, weist mehrere wohnungseigentumsrechtliche Probleme auf. Eines besteht in der Frage, ob ein Wohnungseigentümer, dessen Wohnungseigentum ein Sondernutzungsrecht zugewiesen ist, berechtigt ist, dieses zu vermieten. Ein anderes besteht in der Frage, wer die Reparatur eines Bauteils organisieren darf, das im gemeinschaftlichen Eigentum steht, aber einem Sondernutzungsrecht unterliegt.

Vermietung einer Fläche oder eines Raums, die/der einem Sondernutzungsrecht unterliegt

Die sonstigen Nutzungen der einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen sollen nach Sinn und Zweck abweichend von § 16 Abs. 1 Satz 1 WEG grundsätzlich allein dem Berechtigten zustehen. Der Berechtigte kann die seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen und Räume daher insbesondere – auch isoliert – vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen. Die Wohnungseigentümer können aber etwas anderes vereinbaren.

Erhaltungslast

Nach einer Sondernutzungsrechtsvereinbarung kann einem Wohnungseigentümer, dessen Sondereigentum ein Sondernutzungsrecht zugewiesen ist, aber nicht verpflichtet sein, die entsprechende Fläche oder den entsprechenden Raum zu erhalten. Was insoweit gelten soll, muss vereinbart werden, da es sich um gemeinschaftliches Eigentum handelt. Häufig, aber nicht zwingend, werden sich Umlagevereinbarungen finden, nach denen der Sondernutzungsberechtigte wenigstens die Kosten für die Erhaltung zu tragen hat. Selten finden sich hingegen Vereinbarungen, die regeln, wer Erhaltungsmaßnahmen zu organisieren hat. Ist die Sondernutzungsrechtsvereinbarung insoweit unklar, gilt das Gesetz.

Dann ist es an der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die Erhaltungsmaßnahmen zu organisieren und durchzuführen. Auch wenn es so liegt, "rettet" diese Rechtslage aber nicht den Wohnungseigentümer, der eine Fläche oder einen Raum vermietet, die einem Sondernutzungsrecht unterliegen. Dann ist es zwar Sache der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die Erhaltungsmaßnahmen zu organisieren. Der Wohnungseigentümer ist aber als Vermieter verpflichtet, auf diese Reparatur hinzuwirken.

6 Entscheidung

AG Hamburg, Urteil v. 17.9.2021, 40b...

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