Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. sonstige Leistungen. Unerlässlichkeit zur Sicherung der Gesundheit. Schmerztherapie. verfassungskonforme Auslegung. Erforderlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem verfestigten Aufenthalt ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 AsylbLG grundsätzlich erweiternd verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass bezüglich des Leistungsumfangs von Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit eine Angleichung an den Leistungskatalog des SGB V erfolgt (Anschluss an: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. Juli 2018 - L 4 AY 9/18 B ER).

2. Auch unter Berücksichtigung dieser verfassungskonformen Auslegung ist aber die Erforderlichkeit der begehrten medizinischen Behandlung durch das Gericht zu prüfen. Eine Übertragung der hierfür im SGB V vorgesehenen Mechanismen auf das AsylbLG ist nicht möglich, sondern dem Gesetzgeber vorbehalten.

3. Bestehen bezüglich einer Schmerztherapie an der geltend gemachten Diagnose posttraumatische Belastungsstörung Zweifel und wurde zur gleichen Eignung einer von amtsärztlicher Seite vorgeschlagenen Alternative zur begehrten Therapie (Mobilisierung durch Krankengymnastik) nicht vorgetragen, so ist die Erforderlichkeit der Maßnahme zu verneinen.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren die Gewährung eines Krankenscheins für eine Schmerztherapie.

Die Antragstellerin reiste am 06.03.1992 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 06.04.1992 die Anerkennung als Asylberechtigte. Diesen Antrag nahm die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner zurück, woraufhin das Bundesamt das Asylverfahren mit Bescheid vom 14.10.1992 einstellte. Nach der daraufhin erfolgten Ausweisung erfolgte eine erneute Einreise gefolgt von einer ersten Folgeantragstellung am 14.06.1993. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 23.09.1993 ab und stellte fest, dass Abschiebehindernisse nach § 53 Ausländergesetz (AuslG) nicht vorlägen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Urteil vom 07.02.1995 zurück (5 A 258/94 /B).

Mit Bescheid vom 22.12.1997 lehnte das Bundesamt den zweiten Asylfolgeantrag ab. Der anschließend vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück erhobener Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde ebenso abgelehnt, wie die gegen den Bescheid erhobene Klage (Beschluss vom 12.01.1998, 5 B 5/98; Urteil vom 17.02.1998, 5 A 21/98). Nach Eintritt der Rechtskraft am 19.03.1998 stellte die Antragstellerin am 01.04.1998 einen weiteren (dritten) Folgeantrag, den das Bundesamt mit Bescheid vom 27.04.1998 ablehnte. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Urteil vom 08.09.1998, 5 A 170/98, zurück. Am 26.07.1999 stellte die Antragstellerin einen weiteren (vierten) Folgeantrag, den das Bundesamt mit Bescheid vom 25.10.1999 ebenfalls ablehnte. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Urteil vom 14.02.2000 (5 A 639/09) zurück. Weitere Asylfolgeanträge vom 12.07.2000 und 15.05.2003 blieben ebenfalls erfolglos.

Am 03.07.2008 lehnte der Antragsgegner die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der damaligen Altfallregelung (§ 104a AufenthG) ab. Die Antragstellerin würde zwar die zeitlichen Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG sowie die weiteren Voraussetzungen nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufenthG erfüllen, es liege jedoch ein Versagungsgrund vor. Es müsse bei Kindern im schulpflichtigen Alter der tatsächliche Schulbesuch nachgewiesen werden. Dies sei hier bei den Kindern B. und C. nicht der Fall. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Urteil vom 07.10.2008 zurück (4 A 192/08).

Am 31.01.2011 erhob die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel, den Antragsgegner zu untersagen, sie abzuschieben (5 B 7/11). Diesen Antrag wies das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Beschluss vom 18.02.2011 zurück. Die Antragstellerin sei nicht reisefähig. Einer daraufhin am 12.04.2011 geplanten Abschiebung in den Kosovo entzog sich die Antragstellerin durch Untertauchen. Sie wurde zum 12.04.2011 von der Stadt A-Stadt nach unbekannt abgemeldet. Durch die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen in Belgien wurde bekannt, dass sie sich zumindest zeitweise in Belgien aufgehalten hat.

Einen weiteren (siebten) Antrag stellte die Antragstellerin am 18.10.2011. Insoweit berief sie sich auf ihre Erkrankungen. Mit Bescheid vom 18.03.2013 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fest, dass Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 Satz 2, Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorlägen. Bezüglich der vorgebrachten Erkrankungen hätten Unterlagen vorgelegen, in denen eine Angst- und Anpassungsstörung und eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden seien. Ein Ab...

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