Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Endgültige Festsetzung einer Grundsicherungsleistung bei vorangegangener vorläufiger Leistungsgewährung. Wirkung der fingierten endgültigen Festsetzung durch nicht fristgerechte Festsetzungsentscheidung. Zustellung eines Sozialverwaltungsaktes. Anforderungen an die Dokumentation der Aufgabe eines Bescheides zur Post als Voraussetzung der Anwendung der Zugangsfiktion

 

Orientierungssatz

1. Die Annahme, dass ein Sozialleistungsbescheid drei Tage nach Aufgabe zur Post durch die Behörde als zugestellt angesehen werden kann, kommt nur dann in Betracht, wenn der Tag der Aufgabe zur Post in der Verwaltungsakte der Behörde dokumentiert ist. Dabei muss die Dokumentation durch die Stelle erfolgen, die auch die Aufgabe zur Post tatsächlich selbst vorgenommen hat.

2. Auch wenn sich ein vorläufiger Bescheid über die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende allein deshalb zu einer endgültigen Leistungsfestsetzung gewandelt hat, da er nicht innerhalb einer Jahresfrist durch eine endgültige Festsetzung abgelöst wurde, bleibt diese endgültige Festsetzung solange wirksam, bis sie durch Rücknahme oder Widerruf aufgehoben oder der Bescheid sich durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt hat. Dagegen kann die Behörde die Wirksamkeit der fingierten endgültigen Festsetzung nachträglich nicht schon durch Erlass eines endgültigen Festsetzungsbescheides beseitigen.

 

Tenor

Die mit dem Bescheid über die endgültige Entscheidung über Leistungen nach dem SGB II vom 15. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Juni 2018 verlautbarten und den Zeitraum vom 01. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017 betreffenden sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsverfügungen des Beklagten werden aufgehoben.

Darüber hinaus werden auch die mit dem Bescheid über die Erstattung von Leistungen vom 15. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2018 verlautbarten und den Zeitraum vom 01. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017 betreffenden sozialverwaltungsbehördlichen Erstattungsverfügungen des Beklagten aufgehoben.

Der Beklagte hat den Klägern die ihnen entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.

Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die endgültige Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach Maßgabe der Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 01. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017, nachdem der Beklagte den Klägern zunächst vorläufig Leistungen gewährt hatte. Hierneben streiten die Beteiligten darüber, ob die Kläger verpflichtet sind, die Differenz zwischen denen ihnen zuvor vorläufig gewährten und den endgültig festgesetzten passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den genannten Zeitraum zu erstatten.

Auf ihren entsprechenden Fortzahlungsantrag vom 30. November 2016 gewährte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 01. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017 mit Bewilligungsverfügungen vom 03. Januar 2017 / 20. Februar 2017 / 06. März 2017 vorläufig passive Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II. Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 10. Januar 2017 Widerspruch.

Während des Widerspruchsverfahrens lehnte der Beklagte den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 30. November 2016 mit sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsverfügungen vom 15. Mai 2018 für den Zeitraum vom 01. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017 endgültig ab und forderte von den Klägern mit weiteren sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen vom gleichen Tage in Höhe der vorläufig gewährten Leistungen Erstattung; sowohl der die Ablehnungsverfügungen als auch der die Erstattungsverfügungen verlautbarende Bescheid des Beklagten vom 15. Mai 2018 enthält - ohne Unterschrift oder ein sonstiges Handzeichen - einen handschriftlichen „PA“-Vermerk mit dem Datum „16.05.18“.

Die hiergegen jeweils erhobenen Widersprüche der Kläger vom 27. Juni 2018 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2018 (betreffend die sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsverfügungen vom 15. Mai 2018) wegen fehlender Statthaftigkeit sowie mit Widerspruchsbescheid vom 06. August 2018 (betreffend die sozialverwaltungsbehördlichen Erstattungsverfügungen vom 15. Mai 2018) wegen Versäumung der Widerspruchsfrist jeweils als unzulässig zurück. Über die hiergegen erhobenen Klagen, die unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 1303/18 registriert worden sind, hat die Kammer bislang nicht entschieden.

Den bereits gegen die vorläufigen Bewilligungsverfügungen erhobenen Widerspruch der Kläger wies der Beklagte unter Einbeziehung der endgültigen Ablehnungsverfügungen mit Widerspruchsbescheid vom 05. Juni 2018 als u...

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