Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.03.2015; Aktenzeichen B 8 SO 12/14 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 04.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als Zuschuss zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin in der Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 Leistungen der Sozialhilfe in Gestalt der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß §§ 9 Satz 1, 28 Abs. 1 Nr. 1a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) in Verbindung mit §§ 8 Nr. 2, 19 Abs. 2, 41 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) als verlorenen Zuschuss zu gewähren.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Erbbaurechts mit einer Restlaufzeit von 61 Jahren des im Grundbuch von N., Blatt-Nr. 0000, 0000, eingetragenen Grundstücks G.00 in N ... Das insgesamt 501 qm große Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus bebaut. Die Größe der Wohnfläche beträgt 119 qm. Die Klägerin vermietet einen etwa 35 qm großen, nicht separat abgegrenzten Teil der Wohnfläche an ihren Sohn. Den übrigen Teil des Hauses bewohnt sie selbst.

Die Klägerin beantragte am 10.11.2008 bei der Beklagten die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Die Beklagte gewährte ihr daraufhin mit Bescheiden vom 04.02.2009, 14.04.2010 und 12.05.2010 für den Zeitraum vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2010 Grundsicherungsleistungen als Darlehen nach § 91 SGB XII. Dabei berücksichtigte sie das Hausgrundstück der Klägerin gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII als verwertbares Vermögen. Zur Begründung führte sie an, dass gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bei einem Ein-Personen-Haushalt höchstens eine Hausgröße von 90 qm angemessen sei. Daher stelle das Grundstück der Klägerin nicht geschütztes Vermögen dar. Anhaltspunkte für eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII lägen nicht vor. Da eine Verwertung des Grundvermögens jedoch nicht sofort möglich sei, sei die Grundsicherung darlehensweise zu gewähren.

Die Klägerin erhob gegen diese Bescheide mit Schreiben vom 25.02.2009, 07.05.2010 und 15.06.2010 Widerspruch. Diese begründete sie damit, dass das Hausgrundstück Schonvermögen darstelle. Es sei zu berücksichtigen, dass sie einen Teil der Wohnfläche untervermietet habe. Der von ihr bewohnte Teil sei daher in seiner Größe angemessen. Ein Verkauf der Immobilie und der damit verbundene notwendige Umzug sei ihr angesichts ihres Alters, wegen der erheblichen Wohndauer (seit 1975) und aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin als zulässig, jedoch unbegründet zurück. Auch unter der Berücksichtigung, dass der Sohn der Klägerin mit dieser das Haus gemeinsam bewohne, sei das Hausgrundstück als ungeschütztes Vermögen anzusehen. Auch bei einem Zwei-Personen-Haushalt liege die Bezugsgröße für eine angemessene Wohnfläche bei 90 qm. Ob durch den Sohn tatsächlich ein Anteil von 35 qm eigenständig genutzt werde, führe bei der vermögensrechtlichen Bewertung zu keiner anderen Entscheidung. Hier sei nicht auf die verbleibende Nutzfläche, sondern auf die tatsächlich im Eigentum der Klägerin stehende Wohnfläche des Hauses abzustellen. Besondere Gründe, die bei der Klägerin ein Abweichen von der genannten Bezugsgröße rechtfertigten, seien nicht ersichtlich. Es liege auch unter der Berücksichtigung des Alters oder der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin keine Härte gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII vor.

Die Klägerin hat am 19.08.2010 Klage erhoben. Dabei bezieht sie sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.

Im Erörterungstermin am 08.02.2012 haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass streitgegenständlicher Zeitraum dieser Klage allein die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 sei. Sofern die angefochtenen Bescheide darüber hinausgehende Zeiträume beträfen, seien sie insoweit nicht streitgegenständlich.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 04.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als verlorenen Zuschuss zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig. Hinsichtlich ihrer Rechtsauffassung verweist sie im Wesentlichen auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Dipl.-Ing. K.T., N., vom 20.03.2012 (Bl. 43 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltung...

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