Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Rente wegen Erwerbsminderung. Erwerbsunfähigkeit bei fehlendem Stellenangebot auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

 

Orientierungssatz

1. Ist ein Betroffener trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch in der Lage, zumindest mit Einschränkungen Tätigkeiten auszuüben, die Berufsbildern am allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechen, besteht ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auch dann nicht, wenn am Arbeitsmarkt für den Betroffenen eine solche Tätigkeit nicht konkret verfügbar ist.

2. Einzelfall zur Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit (hier: Erwerbsunfähigkeit verneint).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.10.2005; Aktenzeichen B 5 RJ 6/05 R)

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 17.12.2004; Aktenzeichen L 4 RJ 72/03)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der am 00.00.1947 geborene Kläger, der Ausbildungen als Tankwart und - im Wege der Umschulung - als Güteprüfer absolvierte, war zuletzt - soweit erkennbar - in den Jahren 1989 und 1990 kurzfristig als Gießer in der Metallindustrie und als Tankwart beschäftigt, er bezieht langjährig Leistungen des Arbeitsamtes.

Ein früherer Rentenantrag blieb im Jahre 1989 ohne Erfolg, die vor dem Sozialgericht Regensburg erhobene Klage Az. S 6 Ar 70/90 wurde durch Urteil vom 07.10.1991 abgewiesen.

Der Kläger beantragte am 30.08.1999 erneut Versicherungsleistungen. Die Beklagte zog den Befund- und Behandlungsbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. aus S. vom 20.10.1999 bei. Sie ließ den Kläger durch den Orthopäden Dr. T. untersuchen, der in seinem Gutachten vom 23.02.2000 folgende Diagnosen stellte: Lokales bzw. pseudoradiculäres Lurnbalsyndrom, ISG (lliosacralgelenk = Kreuz-Darmbeingelenk)-Arthrose, rechts stärker als links bzw. Differenzialdiagnose beginnender Morbus Bechterew, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Schulter im Sinne einer Periarthritis humeroscapularis (PHS) beiderseits, Cervico-Cephalgie bei Zustand nach Schleudertrauma, Amputation des 5. Fingers links, beginnende Dupuytrensche Erkrankung, Ausschluss einer primär-chronischen Polyarthritis (PCP). Er hielt den Kläger für fähig, mittelschwere Arbeiten zeitweise im Gehen, Stehen und Sitzen, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne Überkopfarbeiten, ohne schwere manuelle Tätigkeiten sowie ohne starke Witterungsbelastung vollschichtig zu verrichten.

Die Beklagte lehnte Leistungen ab mit Bescheid vom 28.02.2000.

Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein weiteres Gutachten des Orthopäden Dr. T. vom 17.08.2000 ein. Dieser nahm eine Bechterewsche Erkrankung an und erwähnte wiederholte Kehlkopf- und Stirnhöhlenentzündungen. Er hielt noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten unter Vermeidung allergischer Noxen inhalativer Art und ohne Kälteeinflüsse vollschichtig für möglich. In dem weiteren Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 18.11.2000 stellte dieser als Diagnosen: Depressives Syndrom mit Somatisierungstendenz, sensible Polyneuropathie bei Verdacht auf äthyltoxische Ursache. Wie zuvor Dr. T. wies auch dieser Arzt auf eine eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der Hände hin. Bei den Akten befindet sich weiter der beigezogene Arztbrief der neurologischen Abteilung des G.-Hospitals E. vom 22.02.2001, wo der Kläger mit Verdacht auf Hirnstamminfarkt behandelt wurde, sowie der Befund- und Behandlungsbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. aus E. vom 11.04.2001, der pathologische Befunde nicht ausweist. In einem weiteren Gutachten vom 05.06.2001 beurteilte Dr. S. den Zustand als unverändert.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 11.09.2001 Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.09.1999, wobei sich für den Monat November 2000 ein Zahlbetrag von 850,87 DM netto ergab. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück durch Widerspruchsbescheid vom 06.12.2001.

Hiergegen richtet sich die am 12.12.2001 erhobene Klage. Zur Begründung lässt der Kläger geltend machen, er könne bei Rückenschmerzen höchstens 15 Minuten laufen und habe sich Unterarmgehstützen besorgen müssen. Bereits wegen der eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit der Hände liege der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit vor. Er leide täglich an Kopfschmerzen, die Nasenatmung sei nicht möglich, es bestünden Gedächtnislücken und erhöhte Vergesslichkeit, das Kurzzeitgedächtnis sei nahezu ausgeschaltet. Behauptet werden Kribbelparästhesien der Beine.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.02.2000 und unter Abänderung des Bescheides vom 11.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2001 zu verurteilen, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.09.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält den Kläger weiter für fähig, zumindest leichte Arbeiten mit Einschränkungen ganztägig zu verrichten.

Das Gericht hat zunächst den Befund...

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