Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlaubnis zur privaten Arbeitsvermittlung. Zuverlässigkeit. Unparteilichkeit. Mitglied der Scientology Kirche

 

Orientierungssatz

Zur Entziehung der Erlaubnis zur privaten Arbeitsvermittlung aufgrund berechtigter Zweifel an der Zuverlässigkeit und Unparteilichkeit eines Mitglieds der Scientology Kirche.

 

Normenkette

AFG § 23 Abs. 3 S. 1, § 20 Abs. 1, § 23a Abs. 2 Nr. 1; SGB X § 97 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.12.2000; Aktenzeichen B 11/7 AL 30/99 R)

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.01.1999; Aktenzeichen L 7 Ar 23/98)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung zweier Erlaubnisse zur Arbeitsvermittlung.

Mit Bescheiden vom 27.12.1994 erteilte das Landesarbeitsamt Rheinland-Pfalz-Saarland der 1956 geborenen Klägerin eine bis zum 26.12.1997 befristete Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung und eine besondere Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung gemäß den §§ 23 Abs 1 iVm Abs 4 Satz 1 bzw 23 Abs 1 und Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25.6.1969 in der Fassung des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1994 (BeschfG 1994) vom 26.7.1994. Der Klägerin wurde gestattet, Personen, die in Au-pair-Arbeitsverhältnissen tätig werden, innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sowie von und nach anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ferner Arbeitnehmer unter 25 Jahren für Au-pair-Beschäftigungen bis zu einem Jahr von der Bundesrepublik Deutschland nach Staaten außerhalb der Europäischen Union bzw der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und von dort in die Bundesrepublik Deutschland zu vermitteln.

Seit 1979 ist die Klägerin Anhängerin der Scientology-Lehre, zur Zeit ist sie Mitglied der "Scientology-Kirche F e.V.". Die Klägerin verfügt über eine Ausbildung zur Geistlichen -- Auditor -- im Sinne dieser Lehre; gelegentlich ist sie in dieser Funktion auch tätig.

Nachdem die Beklagte Kenntnis über die Zugehörigkeit der Klägerin zur Scientology-Organisation erlangt hatte, hob sie mit Bescheid vom 8.5.1995 die der Klägerin erteilten Erlaubnisse im wesentlichen mit der Begründung auf, die Klägerin besitze nicht die gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 AFG für eine Erlaubniserteilung erforderliche Eignung und Zuverlässigkeit. Die Beklagte stützte sich insoweit auf eine fachliche Weisung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 9.9.1994, wonach die Nichtzugehörigkeit zur Scientology-Church zwingende Teilvoraussetzung des Tatbestandsmerkmals "Zuverlässigkeit" sei, weil Scientology-Mitglieder der besonderen Aufgabenstellung eines Arbeitsvermittlers im Hinblick auf die Ziele und die innere Struktur der Organisation nicht gerecht werden könnten. Insbesondere sei eine neutrale Vermittlung zwischen potentiellen Arbeitgebern und Arbeitssuchenden nicht gewährleistet. Es lägen begründete Erkenntnisse vor, wonach die Mitglieder der Scientology-Church sich dieser völlig unterwerfen und deren Ziele auch unter Mißachtung der Rechtsordnung verfolgen würden. Im übrigen sei nicht gewährleistet, daß der Schutz der Daten der Bewerber gemäß § 23c AFG gewährleistet sei, da die Mitglieder der Scientology-Church von dieser angehalten worden seien, die Daten zu Lasten ihrer Auftraggeber an die Organisation -- vor allem zu Anwerbezwecken für die Organisation -- weiterzugeben.

Mit Schreiben vom 17.3.1995 wurde die Klägerin von der Beklagten aufgefordert, eine vorformulierte Erklärung mit folgendem Inhalt zu abzugeben:

"Erklärung

Hiermit erkläre ich, daß

1.

ich/der o.a. Antragsteller/Erlaubnisinhaber und ich nicht nach der Technologie von L. Ron Hubbard arbeite/arbeiten und auch in Zukunft nicht danach arbeiten werde/werden,

2.

ich die Führung eines Unternehmens etc nach der Technologie von L. Ron Hubbard ablehne,

3.

ich nicht an Seminaren, Kursen oder Schulungen nach der Technologie von L. Ron Hubbard teilgenommen habe und auch gegenwärtig nicht teilnehme,

4.

ich auch künftig nicht an Seminaren, Kursen oder Schulungen nach der Technologie von L. Ron Hubbard teilnehmen werde,

5.

ich/der o.a. Antragsteller/Erlaubnisinhaber und ich nicht Mitglied der Scientology-Church (SC) oder der International Association of Scientologists (IAS) bin/sind und auch nicht in die SC und/oder in die IAS eintreten werde/werden,

6.

ich/der o.a. Antragsteller/Erlaubnisinhaber und ich kein/keine Lizenz -- oder Franchisenehmer eines Dritten -- bin/sind, der nach der Technologie von L. Ron Hubbard arbeitet oder diese Technologie verbreitet.

Mir ist bekannt, daß die Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung aufgehoben wird, wenn festgestellt wird, daß diese Erklärung ganz oder teilweise nicht der Wahrheit entspricht."

Mit Schreiben vom 23.3.1995 wiesen die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin darauf hin, daß sie nicht zu erkennen vermögen, auf welche Rechtsgrundlage sich das Auskunftsbegehren der Beklagten stütze; Fragen nach der Religionszugehörigkeit dürften nur zum Zwecke statistischer Erhebungen und im Zusammenhang mit...

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