Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütungsstreit. Regelungen über verkürzte Verjährung eines Erstattungsanspruchs. Prozess- und Verzugszinsen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelungen des § 109 Abs 5 S 1 und S 2 SGB V zur verkürzten Verjährung eines Erstattungsanspruchs gelten jedenfalls dann nicht, wenn die Krankenkasse bis zum 9.11.2018 Klage auf Erstattung der geleisteten Vergütung erhoben hatte.

 

Orientierungssatz

Zum Anspruch eines Krankenhauses auf Prozess- und Verzugszinsen.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 1.908,57 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.11.2018 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung.

Die Beklagte ist die Trägerin der T.-Klinik in S., die zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen ist.

Vom 12. – 24.11.2015 befand sich die bei der Klägerin versicherte Patientin K. in der T.-Klinik in vollstationärer Behandlung. Hierfür stellte die Beklagte der Klägerin insgesamt 1.908,57 € in Rechnung.

Die Klägerin beglich die Rechnung vollständig, veranlasste aber am 3.12.2015 eine Prüfung durch den MDK. In einem Gutachten vom 25.7.2016 gelangte der MDK zu dem Ergebnis, Frau K. habe an Rückenschmerzen mit Ausstrahlung bis in den linken Knöchel sowie Kribbelparästhesien gelitten. Schon vor der Krankenhausbehandlung habe eine radiologische Abklärung stattgefunden. In der T.-Klinik sei dann zusätzlich eine elektroneurophysiologische Diagnostik erfolgt. Zur Linderung der Beschwerden habe Frau K. dort einmalig eine periradikuläre Infiltration erhalten, außerdem intensivierte physikalische und physiotherapeutische Maßnahmen. Darüber hinaus seien während des stationären Aufenthalts die oral einzunehmenden Schmerzmittel angepasst worden. Die Vervollständigung der Diagnostik, die medikamentöse Einstellung und die Maßnahmen der konservativen Therapie hätten indes auch „im ambulanten bzw. rehabilitativen Rahmen“ stattfinden können; der Hausarzt von Frau K. habe bereits vor der Behandlung in der T.-Klinik eine Reha-Maßnahme eingeleitet. Angesichts dessen sei die vollstationäre Behandlung nicht erforderlich gewesen.

Mit Schreiben vom 8.8.2016 teilte die Klägerin der Beklagten dieses Ergebnis mit. Den zu viel gezahlten Betrag werde sie mit einer der nächsten Zahlungsforderungen der Beklagten verrechnen, so die Klägerin.

Die Beklagte reagierte hierauf nicht. Ebenso wenig fand eine Aufrechnung statt.

Mit der am 8.11.2018 erhobenen Klage begehrt die Klägerin Erstattung der gezahlten Vergütung. Sie trägt vor, die Erstattungsforderung sei nicht verjährt: Für die Hemmung der Verjährung gälten gemäß § 109 Abs. 5 S. 4 SGB V die Vorschriften des BGB entsprechend. Einschlägig sei hier die Regelung des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB. Die Vorschrift finde Anwendung, wenn die Krankenkasse ein Prüfverfahren nach § 4 PrüfvV durch den MDK eingeleitet habe. Gemäß § 204 Abs. 2 BGB ende die Hemmung der Verjährung dann sechs Monate nach Abschluss des Prüfverfahrens, also nach Erstattung des Gutachtens durch den MDK. Im vorliegenden Fall sei daher die Zeit vom 3.12.2015 – 25.1.2017 nicht mitzurechnen. Gehe man von einem Beginn der Verjährungsfrist am 31.12.2015 aus, wäre Verjährung daher frühestens am 25.1.2019 eingetreten. Unabhängig davon erscheine fraglich, ob die Neufassung des § 109 SGB V verfassungsgemäß sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.908,57 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem gesetzlichen Zinssatz seit dem 8.9.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich auf die Einrede der Verjährung: Die Klägerin habe die Rechnung über die streitige Krankenhausbehandlung am 29.12.2015 beglichen. Für eine etwaige Erstattungsforderung würde daher die Verjährungsfrist am 31.12.2015 beginnen. Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) habe der Gesetzgeber die Frist rückwirkend auf zwei Jahre verkürzt. Angesichts dessen sei bereits mit Ablauf des 31.12.2017 Verjährung eingetreten. Entgegen der Auffassung der Klägerin führe die Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens zu keiner Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB; dies habe das Bundessozialgericht mit Urteil vom 17.12.2013 entschieden. Andere Tatbestände zur Hemmung der Verjährung seien hier nicht einschlägig. Weder habe es über die Forderung der Klägerin Verhandlungen gegeben noch begründe die gesetzliche Neuregelung durch das PpSG einen Fall höherer Gewalt. Der Gesetzgeber habe die Anzahl der Erstattungsstreitigkeiten zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern reduzieren wollen. Wie das Zusammenspiel von § 109 Abs. 5 SGB V und § 325 SGB V belege, solle die Verkürzung der Verjährungsfrist auch Ansprüche erfassen, die die Krankenkassen noch innerhalb der Ausschlussfrist nach § 325 SGB V geltend gemacht haben. Würde es für eine Krankenkasse genügen, die Frist n...

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