Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. wesentliche Teilursache. Anlageleiden. keine Gelegenheitsursache. Sehnenruptur. Patellaluxation

 

Orientierungssatz

Zur bejahten Anerkennung einer Patellaluxation als Folge eines Arbeitsunfalles.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 19.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2017 verurteilt, das Ereignis vom 04.07.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen mit einer „Patellaluxation links“ als Unfallfolge.

2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall und der Feststellung von Unfallfolgen.

Der 1977 geborene Kläger war im Juli 2016 auf einer Dienstreise und wollte am 04.07.2016 gegen 19:00 Uhr das Hotel aufsuchen, in dem er während der Dienstreise übernachtete. Nach den durchgangsärztlichen Feststellungen, die auf den Angaben des Versicherten beruhten, war er beim Hineingehen in das Hotel mit dem linken Bein „fehlgetreten“ und zog sich eine Patellaluxation links zu. Der am selben Tag aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte den Verdacht auf eine traumatische Ruptur der Patella links und verwies ergänzend darauf, dass beim Kläger einige Jahre vorher schon einmal eine Patellasehnenruptur auf der rechten Seite eingetreten sei, die Histologie sei damals unauffällig gewesen. Zur Frage 10 des Durchgangsarztberichtes, ob Hergang und Befund gegen die Annahme eines Arbeitsunfalles sprechen würden, kreuzte der Durchgangsarzt „nein“ an. Die Beklagte ermittelte daraufhin im Verwaltungsverfahren zum Unfallhergang durch schriftliche Übersendung eines Fragebogens an den Kläger. Zu den dort gestellten Fragen 6a) und 6b), ob der Kläger gestürzt sei und wenn ja, ob nach vorne, hinten, rechts, links, antwortete dieser mit „hinten“. Auf die Frage, ob die Verletzung sichtbar geworden sei, antwortete er: „Bluterguss im Knie, Kniescheibe nach oben links rausgesprungen.“ Dieser Kniegelenkserguss ist im Übrigen auch bei den Diagnosen des Durchgangsarztes dokumentiert. Nach seiner Rückkehr von der Dienstreise begab sich der Kläger in weitere Behandlung in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main (BGU). Dort wurde die Verletzung am 18.07.2016 operativ versorgt. Die Beklagte zog die Krankenunterlagen über die Behandlung in der BGU bei und leitete diese ihrem Beratungsarzt Dr. F. zu. Wegen des Hergangs des Ereignisses bezog sich der Beratungsarzt in seiner Stellungnahme vom 31.08.2016 auf die fragmentarische Schilderung im Durchgangsarztbericht. Er führte hierzu aus, auch nach der sozialgerichtlich relevanten Literatur müsse eine entsprechende Krafteinwirkung auf die vorgespannte Sehne gefordert werden, diese habe im aktuellen Ereignis nicht vorgelegen. Zum eigentlich seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vorbehaltenen medizinischen Anteil bezog er sich auf die Behandlungsberichte der BGU. Danach seien sowohl frische als auch ältere Anteile der rupturierten Sehne beschrieben. Er äußerte die Ansicht, aufgrund der zeitlichen Latenz der operativen Versorgung zum Unfallereignis könnten diese jedoch nicht komplett unfallbedingt sein und zog daraus den Schluss, es handele sich um eine Gelegenheitsursache. Weitere Ermittlungen hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt. Mit Bescheid vom 19.09.2016 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Unfallereignisses vom 04.07.2016 ab. Ob es sich bei dem „Unfallereignis“ um einen Arbeitsunfall gehandelt hatte, entschied die Beklagte in diesem Bereich nicht. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger rechtzeitig Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2017 zurückgewiesen worden ist. Auch hierin findet sich keine ausdrückliche Feststellung, ob dem Grunde nach ein Arbeitsunfall vorliege.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 10.02.2017 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Er ist der Ansicht, das Ereignis vom 04.07.2016 sei ein Arbeitsunfall, die danach diagnostizierte Patellaluxation links sei auf dieses Ereignis zurückzuführen und als Unfallfolge anzuerkennen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2017 zu verurteilen, das Ereignis vom 04.07.2016 ausdrücklich als Arbeitsunfall anzuerkennen und als Unfallfolge eine Patellaluxation links anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen.

Das Gericht hat von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Zusammenhangsgutachtens bei Dr. G., J-Stadt. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 20.11.2017 zu dem Ergebnis, das Ereignis vom 04.07.2016 sei lediglich eine Gelegenheitsursache im Sinne des Gesetzes gewesen. Es habe sich lediglich ...

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