Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Mehrvertretungszuschlag für Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung einer Mutter-Kind-Kur

 

Orientierungssatz

Zur Erhöhung der Geschäftsgebühr gemäß Nr 1008 RVG-VV bei anwaltlicher Vertretung von Mutter und Kindern in einem Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung einer Mutter-Kind-Kur.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 25.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2014 verurteilt, weitere 321,30 € an die Klägerin zu erstatten.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Klägern zu erstattenden Kosten eines Widerspruchsverfahrens im Streit.

Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 21.1.2014 einen Antrag auf Gewährung einer Mutter-Kind-Kur abgelehnt. Im Widerspruchsverfahren zeigte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Vertretung der Klägerin 1 sowie der Kläger 2-4 an. Nach Eingang der Widerspruchsbegründung gewährte die Beklagte mit an die Klägerin 1 gerichtetem Bescheid vom 13.2.2014 "die Mutter-Kind-Maßnahme für Sie und Ihre Kinder".

Mit Schreiben vom 13.2.2014 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Erstattung von insgesamt 712,22 € für die Vertretung im Widerspruchsverfahren. Dabei legte er die Geschäftsgebühr (vier Auftraggeber) nach Nrn. 2302, 1008 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG von 8,50 €, die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG von 20 € sowie die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer zu Grunde.

Die Beklagte gewährte jedoch mit Bescheid vom 25.2.2014 die Erstattung von Kosten nur in Höhe von 390,92 €. Dabei gewährte sie die Geschäftsgebühr in Höhe von 300 €, die beantragte Post- und Telekommunikations- Gebühr sowie die Dokumentenpauschale und die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer. Die Mehrfachvertretungsgebühr nach Nr. 1008 lehnte sie mit der Begründung ab, bei einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme sei Auftraggeber immer nur die Mutter. Kinder würden zusammen mit dem Elternteil als Einheit angesehen und hätten demzufolge auch keinen eigenen Leistungsanspruch auf eine Mutter-Kind-Maßnahme. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4.9.2014 zurück.

Deswegen haben die Kläger am 9.9.2014 Klage erhoben. Zur Begründung machen sie geltend, es entspreche der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung, dass in Fällen der Mutter-Kind-Kur regelmäßig neben der Mutter auch die Kinder Auftraggeber, Betroffene und Widerspruchsberechtigte seien. Deshalb falle die Mehrvertretungsgebühr an.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.9.2014 zu verurteilen, weitere 321,30 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen.

Für die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist auch begründet. Die Beklagte ist zur Erstattung weiterer 321,30 € verpflichtet.

Nach Nr. 2302 VV RVG beträgt die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen - wie vorliegend (§ 3 RVG) - im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen 50 bis 640 €. Eine Gebühr von mehr als 300 € kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (Nr. 3002 S. 2). Nach Nr. 1008 VV RVG erhöht sich, wenn Auftraggeber mehrere Personen sind, die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jede weitere Person. Bei Betragsrahmengebühren erhöht sich der Mindest- und Höchstbetrag um 30 %. In Falle der Anm. zu den Gebühren 2003 und 2302 erhöht sich der Gebührensatz oder Betrag dieser Gebühren nach VV Nr. 1008 (4) entsprechend.

Die Gebühr nach VV Nr. 1008 fällt damit dann an, wenn der Rechtsanwalt - wie vorliegend - von mehreren Personen beauftragt worden ist. Nicht Voraussetzung ist, dass der geltend gemachte Anspruch tatsächlich auch allen Auftraggebern zusteht. Zu erstatten sind die Kosten eines Widerspruchsverfahrens jedoch nur, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen ist (§ 63 Abs. 1 S. 1 SGB X). Im Falle einer Mehrfachvertretung ist damit die Verpflichtung zur Kostenerstattung davon abhängig, inwieweit der im Widerspruchsverfahren streitgegenständliche Anspruch auch den weiteren Auftraggebern zugestanden hat.

Danach ist die Beklagte zur Erstattung der geltend gemachten, nach Nr. 1008 VV RVG erhöhten Gebühren verpflichtet. Nach § 41 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte unter den in § 27 Abs. 1 SGB V genannten Voraussetzungen Anspruch auf aus medizinischen Gründen erforderliche Rehabilitationsleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung; die Leistung k...

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