Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Vorverfahrenskosten. Bescheid nach § 63 SGB 10. Bestandskraft. nachträgliche Korrektur der Kostennote. Möglichkeit der Nachliquidation

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein bestandskräftig gewordener Bescheid nach § 63 SGB X über die Erstattung von Aufwendungen eines im Widerspruchsverfahren tätig gewordenen Bevollmächtigten schließt die nachträgliche Korrektur der Kostennote nicht aus.

2. Versehentlich nicht geltend gemachte Posten sind auch im Verfahren nach § 63 SGB X einer Nachliquidation zugänglich. Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung iS von § 63 Abs 1 S 1 SGB X sind grundsätzlich nur solche Gebühren und Auslagen, die ein Prozessbevollmächtigter seinem Mandanten in Rechnung stellt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.11.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt in einem Überprüfungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Erstattung höherer Kosten im Widerspruchsverfahren unter Berücksichtigung einer höheren Geschäftsgebühr und einer nachträglich geltend gemachten Erledigungsgebühr.

Der 1956 geborene Kläger, der Mitglied der beklagten Krankenkasse ist, befand sich vom 23.05. bis 03.06.2015 in stationärer Behandlung im Universitätsspital B.. Die Aufnahme in die Klinik erfolgte notfallmäßig bei Verdacht auf akute zerebrale Durchblutungsstörung. Vom 24.06. bis zum 22.07.2015 wurde in den Neurologischen Kliniken Dr. S. eine von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg finanzierte stationäre Anschlussrehabilitation durchgeführt. Der Kläger bezog ab dem 23.05.2015 Krankengeld von der Beklagten. Für die Zeit vom 04.07. bis 22.07.2015 zahlte die DRV Baden-Württemberg dem Kläger Übergangsgeld.

Zur Prüfung, ob die medizinischen Voraussetzungen für die Anwendung des § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erfüllt sind, holte die Beklagte das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 11.09.2015 ein. Darin gelangte Dr. S. zu dem Ergebnis, dass der Kläger in seiner bisherigen Tätigkeit nicht mehr arbeiten könne. Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 14.09.2015 auf, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben beim Rentenversicherungsträger zu stellen. Sollte er dieser Aufforderung bis zum 26.11.2015 nicht nachkommen, ende die Zahlung des Krankengelds. Der Kläger erhob dagegen, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 23.09.2015 Widerspruch. Er machte geltend, eine Anordnung der Krankenkasse nach § 51 SGB V setze die Ausübung von Ermessen voraus.

Am 12.10.2015 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung, die Beklagte beachte die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid vom 14.09.2015 eingelegten Widerspruchs nicht (S 3 KR 5048/15 ER). Mit Beschluss 25.11.2015 traf das SG folgende Entscheidung: Entsprechend dem Anerkenntnis der Antragsgegnerin [Beklagte] wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers [Klägers] vom 23.09.2015 gegen den Bescheid vom 14.09.2015 aufschiebende Wirkung entfaltet. Außergerichtliche Kosten wurden nicht erstattet.

Mit einem an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichteten Schreiben vom 26.10.2015 begründete die Beklagte ihre im Bescheid vom 14.09.2015 getroffene Entscheidung ausführlich. Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 27.10.2015 und führte aus, das Nachschieben von Gründen sei irrelevant. Bei Erlass des Bescheides habe die Beklagte kein Ermessen ausgeübt. Die Beklagte gab dem Kläger dann mit Schreiben vom 05.11.2015 Gelegenheit zur Anhörung vor einer abschließenden Entscheidung durch den Widerspruchsausschuss. Hierauf erwiderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Fax vom 06.11.2015 und führte aus, diese Anhörung hätte die Beklagte vorher durchführen müssen. Eine Ermessensausübung sei in dem angefochtenen Bescheid nicht enthalten. Mit einem weiteren, an den Kläger persönlich gerichteten Schreiben vom 10.11.2015 erinnerte die Beklagte an die rechtzeitige Stellung des Antrages. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies schließlich den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2015 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger Klage, die mit Urteil vom 11.07.2016 (S 6 KR 5973/15) abgewiesen wurde. Das SG vertrat ua die Auffassung, dass die Beklagte Ermessen ausgeübt habe. Sie habe ihre Erwägungen im Schreiben vom 26.10.2015 erläutert und schließlich im Widerspruchsbescheid eigene Ermessenserwägungen angestellt.

Zuvor hatte die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.2015 entschieden, dass der Krankengeldanspruch des Klägers mit dem 26.11.2015 endet. Der Kläger habe bis zum Ablauf der Frist am 26.11.2015 keinen Reha-Antrag gestellt. Dagegen erhob der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 02.12.2015 Widerspruch und ver...

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