Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der von der Krankenkasse einem Sozialhilfeberechtigten erbrachten Leistungen der Krankenbehandlung durch den Sozialhilfeträger

 

Orientierungssatz

1. Die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers nach § 108 SGB 12 für den Hilfeempfänger umfasst auch die Erstattungspflicht für die Krankenhilfekosten. Die Aufwendungen, die der Krankenkasse durch die Übernahme der Krankenbehandlung entstehen, werden ihr nach § 264 Abs. 7 SGB 5 von dem für die Hilfe zuständigen Sozialhilfeträger vierteljährlich erstattet.

2. Durch die in § 264 Abs. 7 SGB 5 geregelte Kostenerstattungspflicht zwischen dem örtlichen Sozialhilfeträger und der Krankenkasse ist sichergestellt, dass keine zusätzliche Kostenbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung entsteht. Die Erstattungsleistungen stellen Sozialhilfeleistungen dar.

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den Betrag in Höhe von 72.169,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2005 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für Hilfe bei Krankheit nach § 108 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Hilfeempfängerin Frau C S.

Die Hilfeempfängerin erhält seit Jahren laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Hilfe in besonderen Lebenslagen durch den Kläger. Seit Beginn der Leistungsgewährung werden die Aufwendungen im Rahmen des § 108 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw. seit dem 01.01.2005 im Rahmen des wortgleichen § 108 SGB XII (Kostenerstattung bei Übertritt aus dem Ausland) vom Beklagten als überörtlichen Sozialhilfeträger erstattet. Die grundsätzliche Erstattungspflicht gemäß § 108 BSHG bzw. des SGB XII ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Nach Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) meldete der Kläger die Hilfeempfängerin zum 01.04.2004 bei der von ihr gewählten Krankenkasse, der B X-M, an. Am 14.02.2005 und 26.04.2005 forderte die Krankenkasse die Erstattung der Aufwendungen für die Krankenbehandlung der Hilfeempfängerin für die Zeit vom 10.04.2004 bis 30.09.2004 vom Kläger. Dieser erstattete die Kosten an die Krankenkasse.

Mit Schreiben vom 10.05.2005 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Kostenerstattung gemäß § 108 BSHG in Höhe von 73.955,79 Euro mit der Begründung geltend, diese an die Krankenkasse erstatteten Kosten seien gemäß § 37 BSHG aus Sozialhilfemitteln übernommen worden und vom Beklagten gemäß § 108 BSHG zu erstatten.

Am 14.06.2005 lehnte der Beklagte die Kostenerstattung der Krankenhilfekosten für die Behandlungen der Hilfeempfängerin im Jahre 2004 gemäß § 108 BSHG ab. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Erstattungsleistungen des Trägers der Sozialhilfe an die Krankenkasse nach § 264 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) seien keine Leistungen der Sozialhilfe. Durch das GMG sei § 37 BSHG insoweit geändert worden, dass die Regelungen der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V den Regeln zur Hilfe bei Krankheit nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BSHG vorgingen. Personen, die nach § 264 SGB V Ansprüche auf Leistungen gegenüber einer Krankenkassen hätten, seien somit für diese Kosten nicht mehr leistungsberechtigt nach dem BSHG. Die Krankenkassen würden aufgrund selbständiger Leistungspflicht tätig und hätten einen besonders geregelten Erstattungsanspruch, der sich aus § 264 SGB V ergebe. Da somit mangels Sozialhilfeleistung kein Kostenerstattungsanspruch nach dem Neunten Abschnitt des BSHG bestehe, könnten die Kosten der Krankenbehandlung nicht erstattet werden.

Mit der am 07.09.2005 erhobenen Leistungsklage begehrt der Kläger die Erstattung der Kosten für die Krankenbehandlung der Klägerin in Höhe von 72.169,50 Euro. Dieser Erstattungsbetrag setze sich wie folgt zusammen:

Kopfpauschale II. Quartal 2004 91,49 Euro übrige Aufwendungen II. Quartal 2004 1.549,70 Euro Kopfpauschale III. Quartal 2004 94,22 Euro übrige Aufwendungen III. Quartal 2004 70.434,09 Euro Summe: 72.169,50 Euro

Die Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 5% sei in dem Betrag nicht enthalten.

Der Kläger ist der Auffassung, es entstehe auch nach Inkrafttreten des GMG weiterhin eine Erstattungspflicht des Beklagten nach § 108 BSHG/SGB XII für die Kosten der Krankenbehandlung. Die Erstattungsleistung an die Krankenkasse gemäß § 264 SGB V stelle eine Sozialhilfeleistung dar. Durch das GMG habe lediglich eine leistungsrechtliche und verfahrensrechtliche Gleichstellung von Sozialhilfeempfängern und gesetzlich Krankenversicherten erreicht werden sollen. Der Rechtscharakter der Leistung sollte sich aber durch die Rechtsänderung nicht ändern, es sei gerade keine Krankenversicherungspflicht von Sozialhilfeempfängern geschaffen worden. Vor dem Inkrafttreten des GMG seien Kosten im Rahmen der Krankenhilfe von dem örtlichen Sozialhilfeträger an die Kassenärztliche Vereinigung bzw. eine stationäre Einrichtung gezahlt worden. Nach Inkrafttreten des GMG erfolge nun die Erstattung der Kosten an die Krankenkasse. Dadurch habe sich der ...

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