Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenübernahme. künstliche Befruchtung. privat versicherter Ehegatte

 

Orientierungssatz

1. Aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3.4.2001 - B 1 KR 22/00 R = BSGE 88, 51 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 kann nicht abgeleitet werden, dass die eintrittspflichtige Krankenkasse sämtliche Kosten der künstlichen Befruchtung zu übernehmen hat, unabhängig davon, bei wem die Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden sind.

2. Die gesetzliche Krankenkasse hat nur für diejenigen Kosten aufzukommen, die bei ihrem Versicherten entstanden und die zwingend für die Invitro-Fertilisation sowie der Implantation des befruchteten Eies notwendig sind. Damit scheidet jedoch die Übernahme solcher Kosten aus, die ausschließlich am Körper des privat versicherten Ehepartners vorzunehmen sind.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um weitere Kostenübernahme in Höhe von insgesamt 3.656,07 €. für Behandlungsmaßnahmen, die bei der Ehefrau des Klägers im Rahmen einer künstlichen Befruchtung nach der In-vitro-Fertilisations(IVF)- und der Intracytoplasmatischen Spermieninjektions(ICSI)-Methode entstanden sind

Während die Ehefrau des Klägers privat krankenversichert ist, ist der Kläger bei der Beklagten (gesetzlich) krankenversichert und beantragte wegen unerfülltem Kinderwunsch im Oktober 2001 die Übernahme einer IFV/ICSI-Behandlung, da die mehrfachen Untersuchungen bei ihm eine Fertilitätsstörung ergeben hatten, während alle Untersuchungen bei seiner Ehefrau ohne Befund geblieben seien. Der Antrag ging über die - auch von der Beklagten gewährten - Behandlungskosten für seine unmittelbare Behandlung hinaus und betraf auch die notwendigen, insbesondere medikamentösen Behandlungen seiner Ehefrau, da deren private Krankenversicherung eine Kostenübernahme im Hinblick auf die alleinige Ursache durch den Kläger ablehnte.

Während die Beklagte mit Bescheiden vom 16.11.2001 und 07.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2002 die Kostenübernahme der Hodenbiopsie, der Spermienpräparation und Kapazitation nach TESE sowie die intrazytoplasmatische Spermien-Injektion selbst übernahm, lehnte sie die unmittelbar durch notwendige Behandlungen bei der Ehefrau des Klägers entstandenen Kosten, insbesondere die Erstattung der Medikamente, ab.

Hiergegen richtet sich die am 30.09.2002 beim hiesigen Gericht erhobene Klage, mit der der Kläger im Wesentlichen geltend macht, dass die Beklagte zu Unrecht eine Kostenübernahme der zur Vorbereitung der künstlichen Befruchtung notwendigen Behandlungskosten der Ehefrau abgelehnt hat. Denn die gesetzliche Krankenversicherung kenne, im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung, Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft als eine Leistung eigener Art an, die nicht an einem regelwidrigen Körperzustand des Versicherten anknüpfe, sondern sicherstellen soll, dass bei bestehendem Kinderwunsch die Infertilität des (verheirateten) Paares auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse überwunden werden soll. Da eine Inanspruchnahme der privaten Krankenversicherung der Ehefrau des Klägers ausscheide, weil diese gesund ist, müssten sämtliche Kosten der medizinisch notwendigen Heilbehandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, die notwendig sind, um dem Kinderwunsch des Paares - soweit dies medizinisch möglich ist - nachzukommen. Zwar hätten sich die Spitzenverbände der Krankenversicherungen intern geeinigt, dass - soweit beide Ehepartner in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, die Kosten von der Krankenkasse der versicherten Ehefrau zu übernehmen seien, jedoch dürfe dies nicht zu Lasten der privat Versicherten führen. So habe das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 03.04.2001 in dem Fall, dass nur der Ehemann Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung ist und wegen ihm eine künstliche Befruchtung notwendig ist, ausgeführt, dass die notwendige Behandlung im Ergebnis nicht versagt werden darf, nur weil bei dem männlichen Partner keine medizinischen Leistungen anfallen und sowohl die IVF als auch die ICSI als extrakorporale Leistungen der Frau zugerechnet würden. Dem Gesetzgeber schwebte mit der Sonderregelung des § 27 a SGB V offenbar vor, Leistungsansprüche nicht einzuschränken, sondern unabhängig von der Verursachung eine Zuweisung vorzunehmen, weshalb Abs. 3 allein eine klarstellende Funktion dann zukomme, wenn der Ehegatte nicht in derselben Krankenkasse versichert oder nur einer der Ehegatten in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sei.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 16.11.2001 und 07.03.2002, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere Kosten in Höhe von 3.656,07 € zu erstatten,

hilfsweise,

die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Sprungr...

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