Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. künstliche Befruchtung. In-vitro-Fertilisation. privat krankenversicherte Ehefrau

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch des gesetzlich krankenversicherten Ehemannes einer beihilfeberechtigten, privat krankenversicherten Beamtin auf Kostenerstattung von Behandlungsmaßnahmen im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation die der Ehefrau unmittelbar zugeordnet werden (Anschluss an BSG vom 22.5.2005 - B 1 KR 11/03 R = SozR 4-2500 § 27a Nr 1).

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die vollständige Kostenerstattung für durchgeführte Maßnahmen zur Erreichung einer Schwangerschaft mittels In-vitro-Fertilisationsbehandlung (IVF-Behandlung) in Verbindung mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI).

Der 1968 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Seine 1968 geborene Ehefrau ist Beamtin bei der B. mit Beihilfeberechtigung zu 50 % und im Übrigen bei der D. privat krankenversichert. Der Kinderwunsch des Ehepaares konnte wegen einer Oligoasthenozoospermie (OAT-Syndrom) bei dem Kläger nicht verwirklicht werden.

Mit Schreiben vom 16.01.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine IVF-Behandlung im Zusammenhang mit der Durchführung der ICSI. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 17.01.2002 mit, dass sie die beantragten Leistungen zur Vorbereitung der künstlichen Befruchtung im Rahmen der IVF mit eingeschlossener ICSI übernehme. Die Leistungen für die Ehefrau seien bei der Krankenkasse oder Beihilfestelle der Frau des Klägers einzureichen.

Die damalige B. und die D. lehnten eine Kostenübernahme mit Schreiben vom 25.01.2002 bzw. 28.01.2002 ab, da die Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch in der Erkrankung des Klägers liege.

Mit Bescheid vom 04.02.2002 erteilte die Beklagte eine Kostenzusage für den Kläger im Rahmen der künstlichen Befruchtung. Maßnahmen, die direkt seiner Ehefrau zuzuordnen seien, könnte die Beklagte nicht übernehmen. Dazu gehöre auch die notwendige Medikamentengabe. Die Kostenzusage beschränke sich damit auf die Leistungen für den Kläger und die Leistungen, die extrakorporal erbracht würden.

Hiergegen erhob der Kläger am 08.02.2002 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2002 zurückwies. Die Indikation zur ICSI liege bei dem Kläger vor. Seine Frau sei privat versichert. Da die Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch nicht bei seiner Ehefrau liege, hätten die D. und die Beihilfestelle die Kostenübernahme abgelehnt. Diese Ablehnung führe jedoch nicht dazu, dass die gesetzliche Krankenversicherung alle Kosten der Behandlung zu tragen habe. Das sei eindeutig in den Begründungen der Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03.04.2001 festgestellt worden.

Hiergegen hat der Kläger am 07.05.2002 vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage erhoben und die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Mit Beschluss vom 30.07.2002 hat das SG den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Behandlung der Ehefrau des Klägers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt (S 1 KR 113/02 ER).

Im Februar/März 2002, August/September 2002 und Oktober/November 2003 unternahmen der Kläger und seine Ehefrau jeweils einen Befruchtungsversuch nach IVF in Verbindung mit ICSI. Die Beklagte erstattete für den 1. Versuch Kosten in Höhe von 2.722,30 EUR, für den 2. Versuch in Höhe von 2.886,81 EUR und für den 3. Versuch in Höhe von 3.845,42 EUR, während der Kläger und seine Ehefrau weitere 6.778,47 EUR selbst trugen.

Mit Urteil vom 05.10.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte die Kosten für die drei durchgeführten Befruchtungsversuche nach IVF in Verbindung mit ICSI erstatte. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsbescheid verwiesen. Allerdings sei einzuräumen, dass die Ausführungen zur Rechtslage im Leitsatz des Urteils des BSG vom 03.04.2001 (B 1 KR 20/00 R) und in den Pressemitteilungen zum Urteil missverständlich seien. Entscheidend sei aber, ob das BSG in der Entscheidung tatsächlich eine Aussage dahingehend habe treffen wollen, dass die beklagten Krankenkassen im Rahmen des § 27a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verpflichtet werden sollten, auch die Nebenleistungen bei den nicht oder privat versicherten Ehegatten zu übernehmen. Diese Aussage habe jedoch das BSG explizit nicht getroffen. Es habe vielmehr die von der Krankenkasse des Versicherten zu übernehmenden Kosten dahingehend ausgedehnt, dass nicht nur die unmittelbar am Körper des Versicherten vorgenommenen Leistungen bezahlt würden, sondern die Krankenkasse verpflichtet sei, die Leistungen im Rahmen der künstlichen Befruchtung zu tragen, die keinem der beiden Ehegatten zugeord...

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