Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Streit um Krankenhausvergütung. Unzulässigkeit der Klage nach § 17c Abs 4b S 3 KHG bei unterbliebenem Schlichtungsverfahren. Anwendbarkeit auch auf vor dem 1.8.2013 entstandene Ansprüche. Forderungsverjährung. keine Aussetzung des sozialgerichtlichen Verfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Streit über eine Krankenhausvergütung ist bei einem unterbliebenen Schlichtungsverfahren die Klage nach § 17c Abs 4b S 3 KHG auch dann unzulässig, wenn ein Schlichtungsausschuss noch gar nicht existiert.

2. § 17c Abs 4b S 3 KHG ist auch auf Ansprüche anwendbar, die vor dem 1.8.2013 entstanden sind (Anschluss an SG Karlsruhe vom 24.2.2014 - S 5 KR 4463/13).

3. Eine Verjährung der Forderung mit Ablauf des 31.12.2013 droht nicht, weil die Verjährung wegen Stillstandes der Rechtspflege gehemmt ist. Daneben könnte der Einrede der Verjährung auch der Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegengehalten werden.

4. Das Verfahren ist nicht zur Nachholung des Schlichtungsverfahrens auszusetzen, weil dadurch die Zulässigkeit der Klage nicht herbeigeführt werden könnte.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.10.2014; Aktenzeichen B 3 KR 7/14 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist eine nach Berliner Landesrecht anerkannte Hochschulklinik. Sie behandelte in der Zeit vom 6. November 2009 bis zum 21. November 2009 die bei der Beklagten krankenversicherte D. P. vollstationär. Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 2. Dezember 2009 Behandlungskosten in Höhe von 3.935,88 Euro in Rechnung, die von der Beklagten am 17. Dezember 2009 zunächst vollständig beglichen worden waren. Die Beklagte beauftrage in der Folgezeit den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung des Falles auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen (Arztbrief und Operationsbericht). Der MDK kam zu dem Ergebnis, die Klägerin habe falsch abgerechnet. Nachdem die Beklagte die Klägerin erfolglos aufforderte, einen Betrag in Höhe von 1.018,30 Euro zurückzuerstatten, rechnete sie am 27. Juli 2010 mit einer Forderung aus einem anderen Behandlungsfall auf. Eine für den 21. November 2013 zwischen den Beteiligten angesetzte Fallkonferenz, deren Gegenstand die streitgegenständliche Forderung sein sollte, sagte die Beklagte am 5. November 2013 ab.

Die Beteiligten haben ein Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs. 4b Satz 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nicht durchgeführt. In Berlin ist ein Schlichtungsausschuss zur Überprüfung von nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung durch den MDK streitigen Vergütungen von dessen Vereinbarungspartnern, der Berliner Krankenhausgesellschaft sowie der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und der Krankenkassenverbände in Berlin, bislang nicht eingerichtet worden. Daher existieren auch keine entsprechenden Verfahrensregelungen. Im zur Gerichtsakte gereichten “Letter of Intent der Vereinbarungspartner des Schlichtungsausschusses Berlin nach § 17c Abs. 4 KHG„ (im Folgenden: “Letter of Intent„) vom 31. Oktober 2013 heißt es:

“Mit dem Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung (Beitragsschuldengesetz) vom 15. Juli 2013, welches am 1. August 2013 in Kraft getreten ist, wurde § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) neu geregelt. So wird u.a. durch Änderung des § 17c Abs. 4 KHG ein Konfliktregelungsmechanismus eingeführt, nach dem Krankenhäuser und Krankenkassen durch Anrufung eines Schlichtungsausschusses Ergebnisse von MDK-Einzelfallprüfungen gemäß § 275 Abs. 1c SGB V überprüfen lassen können. Bei nach durchgeführter Abrechnungsprüfung strittigen Forderungen von bis zu 2.000 Euro ist nach § 17c Abs. 4b S. 3 KHG das Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung durchzuführen. Die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie die Landeskrankenhausgesellschaft werden beauftragt, gemeinsam die näheren Einzelheiten zum Verfahren des Schlichtungsausschusses zu vereinbaren.

Im Zuge der genannten Neuregelung ist gleichzeitig der bisherige Aufgabenbereich des Schlichtungsausschusses, die sog. Stichprobenprüfung, weggefallen. Daher ergibt sich nunmehr ein grundlegend neuer Aufgabenbereich für den Schlichtungsausschuss nach § 17c Abs. 4 KHG. Aufgrund dessen muss die bestehende Vereinbarung entsprechend den neuen gesetzlichen Anforderungen umfassend überarbeitet und angepasst werden.

Die Vereinbarungspartner sind bestrebt, die gesetzlichen Neuregelungen zügig umzusetzen und möglichst zeitnah praktikable Regelungen zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zu finden und die näheren Einzelheiten des Verfahrens für einen arbeitsfähigen Schlichtungsausschuss gemeinsam abzustimmen.

Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass aufgrund der Aufgabenänderung des Schlichtungsausschusses und der hierdurch erforderlichen Anpassungen des Verfa...

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